So wird dein Data-Mining-Projekt erfolgreich
Da kommt der ambitionierte ITler vom Kongress zurück, randvoll mit neuen Ideen. Und dazu er hat noch eine innovative Cloudlösung im Gepäck. Der Chef ist beeindruckt. Guter Mann. „Schnell stellt dann jedoch heraus, dass die Lösung zwar dufte ist, aber im eigenen Unternehmen nichts bewirken kann. Einfach weil die Qualität der eigenen Prozesse und die Datenqualität nicht ausreichen“, so Peter Pusch, verantwortlich für das Data-Mining-Projekt im Unternehmen Perschmann. Die Firmengruppe aus Braunschweig hat sich in den vergangenen zwölf Monaten auf den Weg gemacht, um herauszufinden, was sie tatsächlich über ihre Kunden weiß. „Wer seine Vertriebsplanung heute in Excel erledigt und Angebote an seine Kunden in Word tippt, wird morgen kein Stück digitaler sein, egal welche Softwaresuite er kauft oder welche Cloudlösung er einsetzt.“
Die vergessenen Daten
Die eigenen Daten und Prozesse zu verstehen und sicherzustellen, dass die Daten korrekt, überschneidungsfrei und gleichzeitig lückenlos sind, das sei der eigentliche Flaschenhals für die Anwendung digitaler Technologien. „Gleichzeitig ist diese Anforderung so selbstverständlich, dass sie oftmals schlicht vergessen wird“, so Pusch. „Manchmal kommt es mir so vor, als sei Data-Mining schon wieder out – noch bevor es richtig in war. So wie das papierlose Büro, das Anfang 2000 in aller Munde war.“ Warum sind diese Themen eigentlich so schnell wieder aus dem Fokus der Entscheider verschwunden? Für Pusch ist die Antwort eindeutig: Ohne gravierende Investitionen in eine hohe Rechenleistung habe es schlicht nicht funktioniert. Das gelte übrigens damals wie heute. Doch heute hätten es Unternehmen wesentlich leichter. Denn sowohl die nötige Software, als auch Erfahrung und Rechenpower gäbe es heute ganz einfach zu kaufen.
Was wollt Ihr wissen
„Bei Data-Mining geht es darum, Neues in alten Daten zu entdecken“, so Pusch. Dafür müssten Unternehmen alle verfügbaren Daten durchforsten und die jeweiligen Analysemodelle immer wieder aufs Neue verbessern. „Dies klingt nicht nur wie ein Haufen Arbeit, das ist es auch.“ Der beste Weg herauszufinden, welche Daten Unternehmen bereits hätten und welche sie noch suchen müssten, sei es sämtliche Daten auf einer einzigen Plattform zusammenzuführen. Also einfach alle Daten in ein Data-Warehouse stecken, sicherstellen, dass sie richtig und vollständig sind, ein Stück Software und einen Statistiker kaufen – und schon würden die Erkenntnisse auf den Tisch purzeln? „Ganz so einfach ist es nicht“, raubt Pusch die gängige Illusion. „Unternehmen brauchen zunächst die passenden Fragestellungen – und im Anschluss einen Prozess, der die Antworten konsequent verarbeitet.“
Neue Fragen!
„Die gängigen Fragestellungen im Rahmen einer Datenauswertung gäben sich oft mit sehr wenig zufrieden. So laute die tradierte Frage eines E-Shops, wie hoch wohl der durchschnittliche Warenkorb sei. Eine Antwort fänden Unternehmen leicht im ERP-System. Auf diese Weise lassen sich jedoch keine weltbewegenden Erkenntnisse gewinnen“, so Pusch. „Wenn Unternehmen aber anfangen, tiefer zu bohren. Wenn sie beispielsweise wissen wollen, welche Kunden einen höheren Warenkorb als den durchschnittlichen einkaufen, dann stoßen die Daten des herkömmlichen Business-Intelligence-Systems schnell an Grenzen: Sind es die, die vorher telefonisch beraten wurden oder die, die auch auf der letzten Messe am Stand waren? Vielleicht sind es auch die, die den Newsletter abonniert haben oder die, die sich wieder abgemeldet haben? Sind es die Kunden, bei denen DHL in jedem Fall am nächsten Tag zustellt, oder dauert es bei diesen Kunden gern auch mal drei Tage, bis ihre Bestellung angekommen ist?“
Unternehmen seien überrascht, welche Daten ihnen heute schon zur Verfügung stünden. „Vielleicht fällt auf diesem Weg plötzlich auf, dass ein wichtiges Ressort komplett fehlt? Oder die Daten doch nicht so vollständig sind, wie es auf den ersten Blick schien.“ Das sei kein Grund, sich zu ärgern. Vielmehr seien dies die wertvollsten Erkenntnisse in einem Data-Mining-Projekt. „Liegen am Ende alle Daten vor, braucht es jemanden, der mit unternehmerischem Blick in diesen Daten rührt, sie probiert, abschmeckt und schließlich auch nett anrichtet und serviert“, so Pusch.
Transparent und bunt
Wichtig sei es, die Daten frei zugänglich zu führen, sodass jeder interessierte Mitarbeiter sich ein Bild machen könne. „Das Neue in diesen Daten ergibt sich nicht durch Zauberhand, es will gefunden werden“, weiß Pusch. „Je mehr Personen Zugang zu den Daten haben, je präsenter diese im Unternehmensalltag sind, desto mehr neue Ideen werden entstehen.“
Seien es Veränderungen im Auftragsbestand des nördlichen Vertriebsgebietes nach Ostern. Oder ihr entdeckt in euern Daten, dass insbesondere männliche Hundebesitzer mittleren Alters in eurer Filiale einkaufen oder dass Schülerinnen zwischen zwölf und 14 Jahren nahezu doppelt so viel ins Kino gehen wie Jungs im gleichen Alter. Jedes noch so kleine Detail könne spannend sein. „Wichtig ist es, die Zahlen anschaulich zu machen“, empfiehlt Pusch. Es gäbe großartige, teilweise kostenlose Möglichkeiten, Daten und Zahlenkolonnen zu zeigen.
Folgende Aspekte sind laut Pusch für dein Data-Mining-Projekt erfolgsentscheidend:
Daten finden: Finde alle Daten, die um den Kunden oder den Prozess erfasst werden können und mache sie nutzbar. Lass dich nicht abwimmeln.
Daten aufbereiten und Lücken füllen: Finde heraus, wo die Daten liegen und wie diese für Menschen lesbar gemacht werden können. Auch zukünftige Projekte werden wieder auf diesen Daten aufbauen.
Zeit lassen: Setz dich mit den verschiedenen Quellen und den sogenannten ETL-Prozessen (Extract- Transform-Load) im Unternehmen auseinander. Damit steht und fällt alles.
Fehler beseitigen: Du hast einen fragwürdigen Daten-Prozess gefunden? Dann ändere ihn. „Und lass dich von Aussagen wie: ‚Das wusste ich schon, das steht doch im ERP‘ nicht beirren“, so Pusch. „Such dir lieber Kollegen mit Vision, keine Spießgesellen.“
Heute läuft die Plattform bei Perschmann. Sie verarbeitet und liefert Daten für diverse Prozesse im Unternehmen. „Ein echtes Ende gibt es in einem solchen Projekt jedoch nicht, denn mit den Erkenntnissen wachsen stets auch die Anforderungen an die Kundendaten. Und wir finden heute immer noch Daten, die wir bisher noch gar nicht angefasst haben“, schmunzelt Pusch.
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