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Bahn: Weniger Geld für Digitalisierung – mehr für Technik der 90er

Eine moderne Infrastruktur für die Schiene, mehr Züge auf den Strecken und endlich pünktlich ankommen. So sah der Digitalisierungsplan der Deutschen Bahn bis zum Jahr 2035 aus. Einer aktuellen SWR-Recherche zufolge ist davon nicht mehr viel übrig. Was bedeutet das für Bahnreisen in der Zukunft?

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Zugverspätung? Das Problem sollte die Digitalisierung bei der Bahn lösen. Jetzt steht der Plan offenbar auf der Kippe. (Foto: Micha Korb/ picture Alliance)

Erst am 3. September 2024 hatte die Deutsche Bahn ein Statement zum eigenen Sanierungskonzept veröffentlicht und dabei den Fingern in die eigene Wunde gelegt. „Das erste Halbjahr hat die Schwächen des Eisenbahnsystems in Deutschland und unsere eigenen Probleme noch einmal schonungslos offengelegt”, steht da. Die Rede ist von alter unter störanfälliger Infrastruktur, einer schlechten betrieblichen Lage, aber nicht von Digitalisierung. Kein Zufall, wie der SWR berichtet. Denn die Sanierung der Strecken soll auf Kosten der Digitalisierung von Stellwerken und Schienen stattfinden.

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Technik aus den 90ern schon morgen?

Der Landesrundfunkanstalt liegen interne Pläne vor, nach denen alte Stellwerke nicht wie geplant durch digitale ersetzt werden sollen. Stattdessen soll das Verkehrsunternehmen auf herkömmliche Technik aus den 90er-Jahren setzen. Betroffen ist laut Bericht außerdem der Ausbau des Sicherungssystems European Train Control System (ETCS).

Ein Grund dafür sei eine Kostenfrage. Hintergrund: Die Bahn kämpft deutschlandweit mit einem Sanierungsstau. Einem Insider zufolge habe die Bahntochter DB InfraGO festgestellt, dass die digitale Stellwerkstechnik zu teuer sei. Deswegen soll das Unternehmen weniger Geld in die Digitalisierung investieren und bei der Sanierung auf „bewährte“ Technik setzen wollen. Damit seien die Lösungen aus den 90er-Jahren gemeint.

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Das hätte Folgen für den Zugverkehr in ganz Deutschland. Zwar verbaut die Deutsche Bahn die digitale Technik auf neuen Strecken wie denen zwischen Stuttgart und Ulm oder Mannheim und Frankfurt. An anderen Stellen soll dagegen gespart werden. So sollte die Strecke zwischen Köln und Frankfurt digitalisiert werden. Auf der Route von Hamburg über Erfurt nach München sei sogar schon ein Teil der Strecke digitalisiert. Sie fallen laut Bericht den neuen Sanierungsplänen zum Opfer.

Die Krux: Kommt die Technik nicht im ganzen Land zum Einsatz, verpuffen die Vorteile. Experten befürchten laut SWR, dass die Bahn dadurch weiterhin wenig zuverlässig bleibt. Dazu kommt eine Kostenfrage. Denn ohne den weiteren Ausbau in Deutschland wären die Milliardeninvestitionen bei den Vorzeigeprojekten wahrscheinlich nicht nötig gewesen.

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Genau das kritisiert Winfried Hermann (Grüne), Verkehrsminister aus Baden-Württemberg. Milliarden in die Streckensanierung zu investieren, ohne die moderne Technologie einzubauen, sei verrückt. Claus Ruhe Madsen (CDU), Verkehrsminister von Schleswig-Holstein, spricht außerdem von einem falschen Signal „hinsichtlich Modernisierung und Zukunftsfähigkeit des Schienennetzes“.

Deutsche Bahn hält an der Digitalisierung fest

Und was sagt die Bahn dazu? In dem SWR-Bericht erklärt das Unternehmen, an den Digitalisierungsplänen festzuhalten. „In den kommenden Jahren“ wolle man Strecken und Knoten Stück für Stück auf ETSC umrüsten. Einen konkreten Zeitrahmen nennt das Unternehmen jedoch nicht.

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In einem Statement vom 6. September 2024 legt die Bahn nach. Die Berichterstattung des SWR sei falsch. „Mit der Digitalisierung des Bahnknotens Stuttgart läuft derzeit das größte Digitalisierungsprojekt der Schiene in Europa“, schreibt das Unternehmen. Außerdem lasse sich am Vergabeverfahren für die serienmäßige Ausrüstung digitaler Stellwerke erkennen, dass die Bahn das Vorhaben vorantreibe. Ob diese Pläne auch für ganz Deutschland gelten, verrät die Bahn allerdings nicht.

t3n hat das Unternehmen um eine Stellungnahme gebeten. Diese steht bislang noch aus.

So soll die Digitalisierung funktionieren

Mit ETCS und den digitalen Stellwerken brechen die wichtigsten Pfeiler für die Digitalisierung Weg. ETCS beschreibt die Deutsche Bahn als „die Basis für die Digitalisierung des deutschen Schienennetzes”. Es soll Zügen europaweit unter anderem dabei helfen, die Höchstgeschwindigkeit für einen freigegebenen Streckenabschnitt zu ermitteln. In Zukunft wäre dann sogar eine Fahrt ohne Signale möglich.

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Digitale Stellwerke sollen laut Bahn wiederum elektronische Stellwerke ablösen. Der Vorteile: Die Technik an der Schiene wird vereinheitlicht, die Befehle werden nicht mehr über Kupferkabel an die Weichen übermittelt, sondern per Glasfaser. Damit erreiche man die Trennung von Energie und Daten. Durch die standardisierte Schnittstelle sei außerdem die Instandhaltung einfacher.

Der Berliner Bahn-Berater Hans Leister erklärt die Vorteile gegenüber dem SWR anschaulich: Führen in Zukunft zwei Züge auf einer Strecke, „dann bekommt der eine Zug den Befehl, 20 Stundenkilometer langsamer zu fahren, damit er sich elegant in den Ablauf einbringt.“ Dadurch ergeben sich weniger Wartezeiten, Züge sollen ihr Ziel pünktlicher erreichen.

Pläne bisher nicht umgesetzt

Bei dem SWR vorliegenden Plan handelt es sich bislang noch um ein Konzeptpapier von DB InfraGO, das jedoch nicht umgesetzt ist. Zunächst müsse es vom Aufsichtsrat der Deutschen Bahn beschlossen werden, der Bund könnte als Eigner in Form des Verkehrsministeriums noch eingreifen. Laut Bericht sehen Verkehrspolitiker in dem Vorhaben der Deutschen Bahn einen Versuch, den Bund dazu bringen, die Digitalisierung stärker zu finanzieren. Dazu passt, dass in der kommenden Woche die Haushaltsverhandlungen in Berlin stattfinden.

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