Dr. Google im Wandel: Sind KI-Tools tatsächlich nützlich für Gesundheitsberatung?

Google baut den medizinischen Einsatz seiner KI-Modelle weiter aus. In einem Blogbeitrag werden die neuen Tools und Anwendungsszenarien zusammengefasst, die der Tech-Konzern in diesem Jahr auf dem „The Check Up“-Event präsentierte – darunter zum Beispiel die KI-gestützte Empfehlung individueller Krebstherapien oder eine automatische Notruffunktion bei Herzstillstand über die Pixel Watch 3. Wie sinnvoll der Einsatz von KI in der Medizin tatsächlich ist, bleibt allerdings umstritten, denn nicht alle Wissenschaftler:innen sind von den neuen KI-Tools überzeugt.
Neue Funktionen für Endnutzer:innen
Dass Google regelmäßig zur Recherche von Symptomen oder Krankheiten verwendet wird, ist nichts Neues. Künftig will der Konzern mit KI-gestützten Übersichten aber noch gezielter medizinisch relevante Informationen bereitstellen. Dazu gehören unter anderem erweiterte Wissenspanels zu häufigen Erkrankungen wie Grippe oder Erkältung sowie die neue Funktion „What People Suggest“. Mithilfe von KI analysiert Google Online-Diskussionen und fasst unterschiedliche Perspektiven zu einem Gesundheitsthema zusammen. Dadurch sollem Nutzer:innen persönliche Einblicke von anderen Betroffenen sowie weiterführende Links erhalten.
Auch die Plattform Health Connect wurde erweitert: Die neuen Krankenakten-APIs ermöglichen es Anwendungen weltweit, Informationen wie Allergien, Impfungen, Medikamente oder Laborwerte im standardisierten FHIR-Format zu lesen und zu schreiben. Insgesamt unterstützt Health Connect damit jetzt über 50 Datentypen aus den Bereichen Aktivität, Schlaf, Ernährung. Sämtliche Daten werden lokal auf dem Gerät gespeichert, Nutzer:innen behalten dadurch laut Google die volle Kontrolle darüber, welche Apps auf welche Daten zugreifen dürfen.
Ein weiteres Update betrifft die Pixel Watch 3: In den USA wurde kürzlich eine Funktion zugelassen, die bei einem plötzlichen Pulsverlust – etwa infolge eines Herzstillstands – automatisch einen Notruf absetzen kann, wenn der oder die Träger:in selbst nicht mehr reagieren kann. Besonders in abgelegenen Regionen könnte diese Funktion im Ernstfall lebensrettend sein.
Neue KI-Tools für die Wissenschaft
Wenn es nach Google geht, sollen die Modelle auch in der Wissenschaft eine größere Rolle spielen. Eines der neuen Tools heißt zum Beispiel TxGemma: Ziel ist es, die langwierige Entwicklung neuer Medikamente zu beschleunigen. TxGemma basiert auf verschiedenen KI-Modellen und ist in der Lage, die Strukturen von Molekülen, Chemikalien oder Proteinen zu analysieren. Forscher:innen können dem Modell gezielte Fragen stellen, um beispielsweise Vorhersagen zur Wirksamkeit oder Sicherheit potenzieller Wirkstoffe zu erhalten.
Ein weiteres Projekt von Google trägt den Namen „Capricorn“. Es wurde gemeinsam mit dem Princess Máxima Center for Pediatric Oncology in den Niederlanden entwickelt und soll Ärzt:innen bei der Identifikation personalisierter Krebstherapien unterstützen. Das KI-Tool kann innerhalb kürzester Zeit Behandlungsoptionen zusammenfassen und relevante medizinische Fachliteratur analysieren – und dem Fachpersonal dadurch mehr Zeit für die direkte Patientenversorgung verschaffen.
Nicht alle sind von den neuen KI-Tools überzeugt
Mit dem sogenannten „KI-Wissenschaftler“ hat Google kürzlich ein weiteres KI-Tool für den medizinischen Bereich vorgestellt. Mithilfe fortgeschrittener Argumentationstechniken soll das Tool eigenständig Hypothesen aufstellen und detaillierte Forschungspläne entwickeln können. Aber nicht alle sind von neuen „KI-Wissenschaftler“ überzeugt. Viele Forscher:innen halten das Tool für wenig praxistauglich und bezweifeln, dass es in der Forschung tatsächlich breit zum Einsatz kommen wird. Auch die von Google präsentierten medizinischen Durchbrüche stoßen bei einigen auf Skepsis.
Zwar kann das Modell große Mengen wissenschaftlicher Fachliteratur analysieren und strukturiert zusammenfassen, was tatsächlich eine effizientere Arbeit ermöglichen würde. Aber das Risiko von Halluzinationen bleibt bestehen. Gerade im medizinischen Kontext, in dem es um reale Menschenleben geht, ist das ein ernstzunehmendes Problem. Ob sich die neuen KI-Tools in der Praxis in dem Maße durchsetzen werden, wie von Google erhofft, ist daher fraglich.