Anzeige
Anzeige
News

„Drachenlord“-Urteil: Youtuber kommt mit Bewährungsstrafe davon

Der Youtuber „Drachenlord“ wird in der realen Welt gewalttätig und schlägt zu. Vor Gericht zeigt sich jedoch, dass er provoziert wurde. Nun bekommt er eine neue Chance.

Quelle: dpa
4 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige
Der wegen Körperverletzung angeklagte Youtuber "Drachenlord" steht bei Prozessbeginn im Sitzungssaal des Strafjustizzentrums des Landgerichts Nürnberg-Fürth. (Foto: picture alliance/dpa7Daniel Karmann)

Auf den Handy-Videos sind Männer zu sehen, die sich aggressiv beschimpfen. Dann schlägt einer von ihnen zu. Szenen wie diese gehören zum Polizei-Alltag. Doch ungewöhnlich an diesen Videos ist, dass sie deutlich zeigen: Auf einer Seite steht immer ein stark übergewichtiger, großer Mann, auf der anderen Seite mehrere junge Männer – und diese provozieren den anderen, bis er austickt. Der Mann ist der Youtuber „Drachenlord“.

Anzeige
Anzeige

Ihn hat das Landgericht in Nürnberg nun in einer Berufungsverhandlung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt. Der Youtuber habe sich unter anderem der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht, sagt der Vorsitzende Richter Axel Dunavs am Mittwoch am Landgericht in Nürnberg. Dieser sei aber vermindert schuldfähig. Die Geschädigten hätten ihn zudem bewusst provoziert, weil sie genau wussten, dass er sich dann nicht mehr habe beherrschen können.

Drachenlord wird provoziert

Das zeigen auch die im Prozess vorgeführten Videos: Auf ihnen ist zu hören, wie die Provokateure triumphierend rufen, dass sie den „Drachenlord“ nun anzeigen und in den Knast bringen könnten. Der Youtuber ist zu dem Zeitpunkt schon zu einer Bewährungsstrafe wegen einer Pfefferspray-Attacke verurteilt – und wer in der Bewährungszeit weitere Straftaten begeht, muss in der Regel mit Gefängnis rechnen. Das scheinen die jungen Männer in den Videos auch zu wissen.

Anzeige
Anzeige

So hatte ihn das Amtsgericht in Neustadt an der Aisch im vergangenen Oktober wegen dieser Fälle und anderer Straftaten aus den Jahren 2019 bis 2021 zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Dagegen hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung Berufung eingelegt.

Anzeige
Anzeige

Als der Angeklagte am Morgen im hellgrauen Kapuzenpulli, in Jogginghose und Schlappen in den Gerichtssaal kommt, verbirgt er sein Gesicht nicht wie in Prozessen oft üblich hinter einer Aktenmappe. Ihn kennen schließlich Tausende aus dem Internet – nicht nur wegen seines Youtube-Kanals, sondern auch wegen der vielen Filme, die sich über ihn, sein Aussehen und seinen Dialekt lustig machen. Diese Menschen folgen ihm, weil sie ihn verachten. Sie sind quasi Anti-Fans, sogenannte Hater.

Und sie begnügen sich nicht damit, ihn nur im Internet zu beschimpfen. Vor einigen Jahren nannte der Youtuber in einem Video seine Adresse. Seitdem tauchten die Hater regelmäßig vor seinem Haus auf, um Selfies zu machen, ihn zu beschimpfen oder am Zaun zu randalieren. „Mobbing-Wallfahrten“ nennt der Kölner Internetanwalt Christian Solmecke das Phänomen. Aber auch der Youtuber befeuert den Streit, in dem er in seinen Videos immer wieder auf die Hater eingeht.

Anzeige
Anzeige

Im Prozess gibt der 32-Jährige zu, dass er unter anderem einen der Schaulustigen mit einem Stein beworfen, einen anderen mit einer Taschenlampe geschlagen und einen weiteren in den Schwitzkasten genommen habe – aus lauter Wut, sagt er. An alle Details könne er sich nicht mehr erinnern. „Es sind so viele Fälle über die Zeit, dass sie verschwimmen. Manche Personen kommen auch öfter.“

Immer wieder musste die Polizei wegen Ruhestörung, Hausfriedensbruchs und anderer Anzeigen in den vergangenen Jahren in das normalerweise beschauliche Dorf Altschauerberg ausrücken, wie ein Beamter der zuständigen Polizeiinspektion vor Gericht erzählt. Auch einige Hater wurden bereits wegen Vergehen verurteilt.

„Ich habe alles auf Video“

Auch der junge Mann, den der Youtuber mit der Taschenlampe angegriffen hatte, gab vor Gericht zu, betrunken zum Haus des Youtubers gegangen zu sein und ihn provoziert zu haben. „Ich bin ehrlich, ich habe es ein bisschen herausgefordert. Man ist selber schuld, wenn man da hingeht“, sagt er.

Anzeige
Anzeige

Der damals 18-Jährige erlitt eine Platzwunde am Kopf. In einem Video ist zu sehen, wie er ganz nah an den Zaun tritt und den „Drachenlord“ auffordert, ihn zu schlagen. Danach ruft ein Freund des Opfers: „Ich habe alles auf Video.“ Später stellt er dieses ins Internet.

Doch was bringt Menschen dazu, zum Teil viele Kilometer weit in ein mittelfränkisches Dorf zu reisen? Neugier und den Schauplatz des Internet-Phänomens mal in echt zu sehen, sagen einige der Zeugen. „Man fährt rum, man hat einen schönen Tag mit Freunden“, sagt ein junger Mann. Eventuell bekomme man den „Drachenlord“ dabei zu Gesicht. „Das ist primitiv“, gibt er zu. Es sei aber auch lustig. Heute bereue er es, über den Zaun des Anwesens geklettert zu sein. „Ich war sehr betrunken und diese Aktion war sehr dumm.“

Drachenlord ist ausgezogen

Aus Altschauerberg ist der Youtuber inzwischen weggezogen, sein Haus ist abgerissen. Im Ort sei es ruhiger geworden, erzählt ein Polizist im Prozess. Aber noch immer kämen Besucher, um sich Steine und andere Erinnerungsstücke vom Grundstück zu holen. Zum Teil versteigerten sie diese sogar im Internet.

Anzeige
Anzeige

Ob es um den Youtuber jetzt stiller wird, ist deshalb fraglich. In den vergangenen Wochen ist er mit seinem Auto umhergereist und hat Videos von unterwegs gepostet – verfolgt von den Hatern.

Das bedeute aber nicht, dass neue Straftaten von dem 32-Jährigen vorprogrammiert seien, meint Dunavs. Er empfahl ihm, von nun an zurückhaltender zu sein. Ein Berufsverbot könne das Gericht für einen Youtuber nicht aussprechen und es sei auch schwierig, weil er damit sein Geld verdiene, ergänzte er. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. (Irena Güttel)

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Schreib den ersten Kommentar!
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige