Es ist wirklich wahr: Die Universität Kyoto kooperiert mit dem japanischen Holzunternehmen Sumitomo Forestry – Ziel der Zusammenarbeit ist ein Holzsatellit, der bis 2023 einsatzfähig sein soll.
Der kleine Würfelsatellit mit dem Namen Lignosat weist eine Kantenlänge von zehn Zentimetern auf und versprüht den Charme alter Karteikästen aus den 50ern des vergangenen Jahrhunderts. An mindestens einer seiner Außenseiten soll der Lignosat mit Solarzellen ausgestattet werden. Elektronische Bauteile werden auf einer Art Schienenregister aufgefädelt und ins Innere des Holzkastens gehängt. Fertig ist das Hightech-Raumfahrzeug.
Vorteile: Kompaktere Bauformen möglich, verbrennt bei Wiedereintritt vollständig
Was zum Schmunzeln anregt, ist indes ein ernst gemeintes Projekt mit ganz handfesten Vorteilen – meinen zumindest die Projektbeteiligten. Sie verweisen darauf, dass die Verwendung eines natürlichen Baustoffs wie Holz nachhaltiger und billiger als etwa Aluminium wäre. Zudem würden Holzsatelliten beim Eintritt in die Erdatmosphäre praktisch rückstandsfrei verbrennen.
Ein weiterer Vorteil bestehe darin, dass elektromagnetische Wellen im Gegensatz zu Aluminium Holz durchdringen können. Dadurch könnten im Inneren des Holzsatelliten Antennen verbaut werden. Das ist mit Aluminium-Satelliten nicht möglich. Hier müssen Funkvorrichtungen stets auf der Außenseite angebracht werden, was kompakte Bauformen schwierig macht. Somit könnten Holzsatelliten deutlich kleiner und weniger aufwendig konstruiert werden.
Unklar: Wie lange hält Holz im All?
Was noch ungeklärt ist und jetzt erforscht werden soll, ist die Frage, wie haltbar Holz als Weltallbaumaterial ist. Dazu sollen verschiedene Holzarten mit verschiedenen Härtegraden demnächst in eine Halterung außerhalb der Internationalen Raumstation ISS gebracht werden. Dort sollen sie dann neun Monate verbleiben. In dieser Zeit sollen die Astronauten der Raumstation beobachten, welche Reaktionen auftreten.
Da ist es gut, dass der Leiter des Holz-Sat-Forschungsteams an der Universität von Kyoto, Takao Doi, selbst Astronaut der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) auf zwei Nasa-Shuttle-Missionen war und das Leben auf der ISS aus erster Hand kennt.
Holz als Baustoff im All könnte Müllproblem mildern
Es ist im Übrigen gut denkbar, dass eine gewisse natürliche Verrottung des Baumaterials im All sogar zu begrüßen wäre. Das dürfte mindestens für all jene Anwendungsfälle gelten, denen ohnehin ein Projektablaufdatum beigegeben ist. Aktuell bleiben auch verlassene Projekte bis zum Sankt-Nimmerleinstag in der Umlaufbahn.
Das US-Verteidigungsministerium verfolgt bereits mehr als 27.000 Weltraummüllteile, die sich mit extrem hohen Geschwindigkeiten von über 25.000 Kilometern pro Stunde in niedrigen Erdumlaufbahnen bewegen. Im Falle eines Erfolges könnte Holz auch für andere bauliche Strukturen im Weltraum in Betracht kommen.
Während die Japaner am Lignosat basteln, sind die Skandinavier mit ihrem Wisa Woodsat schon einen Schritt weiter. Der kleine Sperrholzsatellit sollte eigentlich schon im All schweben, musste aber wegen Problemen mit den Funklizenzen nochmal grundlegend überarbeitet werden und soll nun bis zur Jahresmitte 2022 in die Umlaufbahn starten.
Übrigens: Sumitomo Forestry verspricht sich wichtige Erkenntnisse aus dem All-Projekt, die dann dabei helfen sollen, den bis 2041 geplanten höchsten Holz-Wolkenkratzer der Welt in Tokio zu bauen.