Erfolgsfaktor Bauchgefühl: So klappt das Gründen mit dem Effectuation-Prinzip
Effectuation: Das Bauchgefühl strukturiert nutzen
Es gibt diese Momente, da platzt sie aus einem heraus, diese eine Idee. Eine Idee, so gut, dass man sie als Gründer sofort umsetzen will. Beflügelt von der Begeisterung holt dich die Realität jedoch schnell auf den Boden der Tatsachen zurück: Geld und Wissen sind Mangelware, es gibt keinen Markt oder der Aufwand ist schlichtweg zu groß. Am Ende bleibt die Idee dort, wo sie hergekommen ist: im Kopf. Wer jemals eine Idee zur Prüfung ihrer Machbarkeit durchgespielt hat, kennt das. Hinzu kommt, dass trotz Big-Data bisher niemand die Zukunft vorhersagen kann. Das gilt besonders für neuartige Projekte, Produkte oder Märkte.
Wie aber kann es gelingen, diesen Problemen zu begegnen und in ein erfolgreiches Projekt umzumünzen? Abhilfe verspricht das Prinzip der Effectuation, also der intuitiven Entscheidungs- und Handlungslogik. Es bietet nützliche Schrittfolgen, mit diesen Problemen umzugehen. Da der beste Weg die Zukunft vorherzusagen, sie zu schaffen ist, geben wir euch fünf nützliche Tipps an die Hand, die euch den Start in euer nächstes Projekt erleichtern – sogar dann, wenn noch völlig unklar ist, wo ihr am Ende herauskommen werdet.
Besser Gründen: Die 5 Prinzipien von Effectuation
1. „bird-in-hand“
Am Anfang steht immer die Frage, welches Projekt du starten willst; und zwar anhand der Kriterien, was dir Spaß macht oder sinnvoll erscheint. Danach prüfst du deine sogenannten „Means“. Das heißt, dass du dir folgende Fragen stellst und sie entsprechend evaluierst: Was kann ich? Welche Mittel stehen mir zur Verfügung? Wen kenne ich? Wer könnte bei der Umsetzung des Projekts behilflich sein? Für viele Projekte reichen eine Idee, ein Computer und soziale Kontakte aus. Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, hieraus spannende Projekte zu kreieren.
2. „affordable loss“
In vielen Ideen steckt die Hoffnung der Gründer, finanziellen Erfolg zu haben. Einige starten Projekte ohne Angst vor dem Scheitern und nehmen hohe Risiken in Kauf – andere wiederum fangen Projekte gar nicht erst an. Einen sehr einfachen Ansatz, um dieses Problem zu umgehen, schafft Effectuation durch das „affordable loss“-Prinzip. Indem du deinen Fokus auf den leistbaren Verlust legst, ist selbst ein komplettes Scheitern kein Weltuntergang. Das ist Risikominimierung auf Basis der eigenen Mittel. Ein klassischer „affordable loss“ ist die Arbeitszeit. Oft stellt sich die Frage, ob man die Zeit aufbringen kann. Ist es ein leistbarer Verlust, seine Arbeit für eine Idee zu opfern? Diese Fragen kann nur jeder für sich selbst beantworten.
3. „lemonade“
Schon bekannt aus zahllosen Sprüchesammlungen ist das „lemonade“-Prinzip. Es besagt: Wenn dir das Leben Zitronen gibt, mache Limonade daraus. Gestalte Zufälle in deiner Umwelt also zu deinem Nutzen. Was oft zunächst als Scheitern oder Misserfolg angesehen wurde, führte bei vielen Produkten zum Erfolg.
Eines der bekanntesten Beispiele hierfür sind die berühmten Post-its von 3M: Sie sind bei der Entwicklung eines Superklebers entstanden – das Projekt galt zunächst als gescheitert, da sich der Kleber zu leicht wieder lösen ließ. In Kombination mit Papier führte der Kleber dann aber zu den praktischen Haftnotizen. Wenn deinem eigentlichen Projekt etwas Unerwartetes zustößt, finde Wege, wie du es für dich verwerten kannst.
4. „patchwork quilt“
Ein weiteres Prinzip ist das Formen von Partnerschaften. Sie sind eine gute Möglichkeit, ein Projekt professionell mit der Erfahrung anderer aufzubauen und das Risiko zu minimieren. Das Optimum sind sogenannte „Self-selecting Stakeholder“ – also Partner, die aus Eigeninteresse dabei sein wollen. Neben diesem Aspekt ist ein weiterer Vorteil, dass du potenzielle Konkurrenten aus dem Rennen nimmst.
Ein gutes Beispiel hier ist das Startup Fastbill, das mit verschiedenen anderen Unternehmen Partnerschaften eingeht und somit ganz neue Produkte ermöglicht und sich selber dabei weiterentwickelt. Der Online-Dienst zur Rechnungsstellung hat zum Beispiel als einen der Hauptpartner Jimdo. Hiervon profitieren beide Seiten und der Kunde deutlich. Wenn dir also Bestandteile zu einem guten Produkt fehlen, dann knüpfe Partnerschaften.
5. „pilot-in-plane“
Das Prinzip „pilot-in-plane“ besagt, dass du dich auf die Aktivitäten konzentrieren sollst, die du jetzt beeinflussen kannst. Wenn du die ersten vier Prinzipien umsetzt, kannst du die Zukunft zwar nicht vorhersagen, aber kreieren. Sobald du anfängst, selbst tätig zu werden, Partnerschaften knüpfst und die dir zur Verfügung stehenden Mittel nutzt, bist du immer der Chef hinter dem Steuer. Wenn du jetzt an Bootstrapping denkst, hast du auf jeden Fall eine richtige Idee im Kopf – auch wenn das nicht der einzige Weg ist.
Wann du „Effectuation“ einsetzt
Effectuation solltest du dann anwenden, wenn du ein innovatives Gründungsprojekt hast oder dich in einem persönlichen wie beruflichen Veränderungsprozess befindest – sprich in unsicheren Situationen. Das heißt: Bei nahezu vorhersehbaren Vorhaben solltest du nach wie vor klassisch planen. Wenn du ein Nachahmerprodukt planst, plane. Wenn du etwas Neues aufbauen willst, effektuiere. Übrigens: Wie man Effectuation richtig in der Praxis anwendet, lernst du beim Effectuation Weekend in Hannover. Melde dich jetzt an!
Über den Autor
Ilan ist Kooperationspartner für das Thema „New Work“ im Futur-Programm des Hannoverschen Coworking-Spaces Edelstall. Er ist begeistert für die Themen Entrepreneurship, HR und Organisationsentwicklung.
Sehr interessant und ein ungewöhnlicher Ansatz. Werde es mal ausprobieren.