Elias Groll: „Wir haben rein organisch 32.000 User bekommen“ - t3n

Erst hackte Elias Groll den Schulcomputer, dann wurde Google auf ihn aufmerksam. Heute ist der 24-Jährige Gründer des Deeptech-Startups Codesphere und hat schon so manche Krisensituation hinter sich. Was ihn antreibe sei die Begeisterung, Dinge zu bauen. „Wir hatten so ein Spiel, das hieß ‚Warcraft 3‘. Dafür wollte ich eigene Monster entwickeln“, erinnert sich Elias Groll an seine Motivation, mit zehn Jahren Coden zu lernen. Als Nächstes knöpfte er sich seinen Schultaschenrechner vor. Den programmierte er so, dass die gespeicherten Formeln nicht verloren gingen, wenn er den Rechner vor einer Klausur resetten musste. „Ich habe sehr viel recherchiert, um herauszufinden, wie das geht“, sagt er. Hilfe fand er damals bei seinem Vater, der auch Programmierer ist. Heute leitet der 24-Jährige ein 38-köpfiges Team, trägt schwarzen Hoodie und Undercut und hat sich per Handy in den Videocall eingewählt. Platform-as-a-Service Groll ist der Gründer von Codesphere, einer browserbasierten Plattform, die sich an Startups und KMU richtet. Entwickler:innen und Teams können damit Web-Apps direkt in der Cloud programmieren, global skalieren und effizient zusammenarbeiten, ohne eine Entwicklungsumgebung schaffen zu müssen. „Wir stellen Unternehmen den gesamten Flow von der Entwicklung bis zur globalen Anwendung“, erklärt Groll das Platform-as-a-Service-Konzept. „Sie programmieren, wir bringen es live.“ Selbst komplexe Anwendungen wie Spotify könnten so erstellt werden. Abgerechnet werde per Beitrag für die Infrastruktur plus einer anteiligen Provision pro Nutzer:in. [crosslinks ids="1497663,1497635,1486533"] Demnächst steht die dritte Finanzierungsrunde bei Codesphere an. „Diesmal wollen wir zehn bis 15 Millionen einsammeln“, sagt Groll. Das Geld soll unter anderem in SRE fließen, Site-Reliability-Engineers, die sich um die Datencenter kümmern, sowie in die Weiterentwicklung der Plattform. Hacken als Karrierestart Grolls Antrieb ist dabei stets der Wunsch, „Sachen zu bauen“. Auch die Tische in ihrem Karlsruher Büro habe er selbst gemacht, genauso die Telefonbox, erzählt er. Ins klassische Schulsystem habe er daher nie so richtig gepasst. Mit 15 hackte sich Groll in den Schulcomputer und fing sich damals fast eine Anzeige ein. Dabei wollte er nur zeigen, wie unsicher der Server war. Als Konsequenz wurde der Schulcomputer abgeschafft – und Groll erhielt die Erlaubnis, nebenbei ein Informatikstudium am Karlsruher Institut für Technologie zu beginnen. „Von da an bin ich fast gar nicht mehr in den Unterricht gegangen“, erinnert er sich. Seiner Karriere hat das nicht geschadet. Noch vor dem Abi hatte Groll einen Praktikumsplatz beim Softwarekonzern SAP, schnupperte Startup-Luft bei Vectornator, einem Anbieter von Graphic-Design-Software, und gründete seine erste Firma, mit der er IT-Dienstleistungen anbot. Im Alter von 19 Jahren kam dann das Angebot von Google. Kündigung bei Google Fast zwei Jahre blieb Groll bei dem Techkonzern in München, erst als Praktikant, dann in Festanstellung. Er lernte viel, doch etwas störte. „Bei Google hat es immer megalange gedauert, Sachen live zu bringen, weil die Infrastruktur dort sehr komplex ist“, sagt Groll. Das wollte er ändern. 2020 reichte er die Kündigung ein und startete gemeinsam mit Jonas Zipprick Codesphere. Die ersten 500.000 Euro Startkapital konnte das junge Team schnell mobilisieren. „Zwei Calls, dann war das Geld da“, sagt Groll. Immer wieder öffne ihm dabei seine Station bei Google Türen. „Investor:innen investieren in erster Linie in das Team und nicht nur in eine Idee.“ Zu den ersten Investoren gehörten Florian Leibert von 468 Capital, Ben Uretsky von Digital Ocean und Mirko Novakovic von Instana. Im März 2021 ging Codesphere an den Markt. Seitdem ist viel passiert: „Wir haben rein organisch 32.000 User:innen bekommen. Zudem haben wir weitere 5,1 Millionen Euro an Kapital aufgenommen. Und ich habe meinen ehemaligen Chef von Google gehired“, sagt Groll. [caption id="attachment_1497698" align="aligncenter" width="620"] Das Codesphere-Team. (Bild: Codesphere)[/caption] Von dem schnellen Erfolg war er jedoch überrascht. „Ursprünglich war unser Datencenter auf 5.000 User:innen angelegt. Jetzt sind es sechsmal so viele. Daher gibt es aktuell noch Probleme“, sagt Groll. Für das zweite Quartal 2022 ist ein Relaunch geplant, inklusive Wechsel zu einem neuen Datencenter, das auf 600.000 Nutzer:innen ausgelegt ist. Neue Rolle: Chef In seine neue Rolle als Chef musste Groll erst einmal hineinwachsen. Eigentlich war er derjenige, der selbst programmierte. Auf einmal führte er ein Team von fast 40 Leuten und kommt nach eigener Aussage „maximal am Wochenende mal einen halben Tag zum Coden“. Ansonsten kümmere er sich mehr um Talentakquise, Strategie und Fundraising. Aber die neue Rolle mache ihm Spaß. Sein Studium hat Groll nie abgeschlossen. Die Einzige, die damit noch immer ein Problem habe, sei seine Oma. Was, wenn eine Wirtschaftskrise komme – sei es dann nicht unsicher, kein abgeschlossenes Studium zu haben, so ihre Sorge. Er selbst habe sich bislang erst einmal Sorgen gemacht. „Ich habe es mir nicht so emotional stressig und problematisch vorgestellt, zu gründen“, erzählt Groll über eine schwierige Phase im letzten Jahr. „Als Gründer kriegst du ständig auf die Fresse. Da muss man schon ein bisschen masochistisch veranlagt sein.“ Es gab Streit um Buyouts, Probleme mit Krediten, viel Geld, das unnötig verloren ging. „Ich war 2021 fast dauerhaft pleite – also komplett.“ Am Ende sei zwar alles gut ausgegangen, aber „es war beängstigend“. Um damit besser umzugehen, arbeitet Groll seit einigen Monaten auch mit Coaches zusammen.