ETFs: Einstieg in die Geldanlage oder Fallstrick für unerfahrene Anleger?
ETF gelten als heiliger Gral für Anleger: günstig, unkompliziert und breit gestreut. Doch halten sie wirklich, was viele versprechen? Oder lauern hinter dem vermeintlich sicheren Investment unsichtbare Risiken, die leicht übersehen werden? Wer klug investieren will, sollte genauer hinschauen – und die wahren Stärken und Schwächen der beliebten Finanzprodukte kennen.
Was sind ETF?
ETF, also Exchange Traded Funds, sind börsengehandelte Fonds, die Anlegern eine einfache und kostengünstige Möglichkeit bieten, in verschiedene Anlageklassen zu investieren. Sie bilden die Zusammensetzung eines bestimmten Basisindex – zum Beispiel des Dax, des MSCI World oder anderer Indizes – möglichst genau nach. Damit folgen sie der Wertentwicklung des jeweiligen Index und ermöglichen eine breite Streuung mit nur einem Produkt. Diese Streuung hilft, Risiken zu minimieren.
Der Klassiker: ETF auf den MSCI World
Ein bekanntes Beispiel ist der MSCI World ETF. Er umfasst Unternehmen aus zahlreichen Ländern und Branchen und bildet damit ein globales Portfolio ab. Das macht ihn zur ersten Wahl für Anleger, die von einer breiten Marktstreuung profitieren wollen. Neben Aktien-ETFs gibt es auch spezialisierte Varianten wie Anleihe-ETF (auch Renten-ETFs genannt), die in Wertpapiere wie Staats- oder Unternehmensanleihen investieren.
Passive Strategie: Weniger Kosten, aber (meist) keine Überperformance
Die meisten ETF verfolgen eine passive Anlagestrategie. Das bedeutet, dass sie lediglich den Index nachbilden, ohne dass die Fondsmanager versuchen, durch eine aktive Gewichtung der einzelnen Werte eine höhere Rendite zu erzielen. Dadurch sind ETF günstiger als aktiv gemanagte Fonds, da die Kosten für das Fondsmanagement entfallen. Es gibt auch aktive ETF, die jedoch seltener sind.
Unterschiedliche Ansätze für verschiedene Bedürfnisse
ETF gibt es in verschiedenen Varianten: physisch replizierende Fonds, die die enthaltenen Werte, also zum Beispiel die jeweiligen Aktien, tatsächlich kaufen, oder synthetische Fonds, die den Index mithilfe von Derivaten (Swaps) nachbilden, ohne die Werte direkt zu kaufen.
Individuelle Anlagestrategien statt Einheitslösungen
Günstig, breit diversifiziert und einfach zu handeln – sind ETF für jeden Anleger das Mittel der Wahl? Renate Fritz, Inhaberin der Finanzberatung Frau & Geld Helma Sick, sagt nein: Pauschale Empfehlungen zu ETF sieht sie kritisch. „Der Umgang mit ETF ist sehr undifferenziert“, sagt sie. Viele Menschen hätten den Eindruck, ETF seien ein sicheres Investment, bei dem „nichts schiefgehen kann“. Dieser blinde Optimismus sei gefährlich. „Wenn wir das Thema in der Beratung haben, hören wir immer: ETF sind wahnsinnig sicher, da macht man eine Bombenrendite, das ist der letzte Schrei und alles andere ist out.“
Fritz hält nichts von allgemeinen Empfehlungen, wenn es um Geldanlagen geht. Jede Anlagestrategie müsse individuell auf die persönliche Situation abgestimmt werden. „Es macht keinen Sinn, jedem zwischen sieben und 70 einfach einen ETF zu empfehlen“, sagt sie. Wichtig sei es, die finanziellen Ziele, die Lebensphase und die individuelle Risikobereitschaft zu berücksichtigen.
Anlegerinnen und Anleger stehen in verschiedenen Lebensphasen vor unterschiedlichen Herausforderungen: Während Jüngere oft langfristig Vermögen aufbauen wollen, brauchen Ältere vielleicht einen kürzeren Anlagehorizont. Auch die Risikobereitschaft variiert stark. Fritz betont: „Pauschale Empfehlungen greifen hier zu kurz. Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse, die bei der Wahl der Geldanlage berücksichtigt werden müssen. Und die große Bandbreite der Geldanlagen gibt das auch her.“
Ihr Ansatz: Statt einer One-size-fits-all-Lösung wie ETF für alle sollte die Anlagestrategie immer an die persönliche Lebenssituation angepasst werden, um langfristig erfolgreich zu sein.
Die Sache mit der Performance
Fritz hat noch einen weiteren Kritikpunkt an der pauschalen Empfehlung, sich ETF ins Depot zu legen: „Es wird immer gesagt, dass nur wenige aktive Fonds den Markt schlagen. Aber das ist kein richtiges Argument“, erklärt sie. Denn ein Viertel der aktiven Fondsmanager schlage den Markt, erziele also Renditen, die höher liegen als das, was der breite Markt erreicht. „Ein normaler ETF dagegen schlägt den Markt nie“, sagt Fritz. Das mag sein, hat aber damit zu tun, dass es auch bei ETF nicht darum geht, den Markt zu schlagen, sondern einen Index besonders kostengünstig nachzubilden.
Und: Wenn ein Viertel der aktiven Fonds den Vergleichsindex schlägt, heißt das auf der anderen Seite eben auch, dass drei Viertel der aktiven Fonds ihren Vergleichsindex nicht schlagen. Je nachdem, welche Studie man sich anschaut, fallen die Ergebnisse noch schlechter aus – vor allem bei langen Anlagezeiträumen. Eine aktuelle Studie von Morningstar für das Jahr 2023 kommt zu dem Ergebnis, dass aktive Fonds, die in große US-Standardwerte investieren (US Large-Cap Blend Equity), ihren Vergleichsindex über einen Zeitraum von zehn Jahren nur in 6,3 Prozent der Fälle schlagen. Bei europäischen Werten sind es im gleichen Zeitraum 11,1 Prozent.
Hinzu kommt bei aktiven Fonds ein weiteres Problem: Wie findet man die Fondsmanager, die in Zukunft eine herausragende Performance liefern werden? Dazu müsste man viel Zeit in die Recherche investieren und vor allem das Glück haben, in diese Fonds investieren zu können. Einige aktive Fonds haben Mindestanlagebeträge, die für Kleinanleger zu hoch sein können, oder sind von vornherein auf institutionelle Anleger beschränkt.
Das Klumpenrisiko: Wie diversifiziert ist der Klassiker?
In Bezug auf das Klumpenrisiko hat Fritz einen Punkt: Der MSCI World ist zu mehr als 70 Prozent in US-Unternehmen investiert und dort zu einem großen Teil in die großen Techwerte. Diese hohe Gewichtung von US-Firmen führt dazu, dass der ETF stark von der Entwicklung dieser Unternehmen abhängig ist. „Wenn man das weiß und sich dafür entscheidet, ist das in Ordnung, aber die meisten wissen das nicht und schauen nicht hinter die Kulissen, was da überhaupt drin ist“, sagt Fritz.
Ein Beispiel für die mögliche Dominanz einer Branche oder eines Sektors ist der Nasdaq-100-ETF, der sich auf den US-amerikanischen Technologiesektor konzentriert. Solche Produkte können in guten Zeiten hohe Renditen erzielen, bergen aber auch ein höheres Risiko. Denn wenn der Technologiesektor oder der US-Markt insgesamt einbricht, bringt das hohe Verluste für den ETF.
Wer das Klumpenrisiko USA vermeiden will, findet auch dafür ETF: Amundi hat Mitte des Jahres mit dem Amundi MSCI World ex USA UCITS ETF ein Produkt aufgelegt, mit dem man in 22 Industrieländer investieren kann – ohne die USA. Auch andere Anbieter wie die DWS Group bieten vergleichbare ETF an.
ETF und Frauen: Warum Zurückhaltung problematisch ist
Auch wenn man den Eindruck bekommen könnte: Komplett negativ sieht Fritz ETF nicht. „Wenn man sich in der Lage fühlt, eine gute Auswahl zu treffen und seine eigene Situation so zu umreißen, dass man denkt, man hat das richtige Anlagevehikel gefunden, dann kann man das auch selbst machen“, erklärt sie. Allerdings beobachtet sie eine allgemeine Zurückhaltung, die besonders Frauen daran hindert, sich intensiver mit Finanzthemen auseinanderzusetzen. „Frauen fühlen sich selten in der Lage, eine Auswahl zu treffen, und nehmen meist das, was alle machen – und das muss nicht immer das Richtige für die eigene Situation sein“, so Fritz.
Was du zu aktiven ETF wissen musst
Dass Frauen bei der Geldanlage immer noch viel zu zurückhaltend sind, belegen die Zahlen: Laut Deutschem Aktieninstitut waren 2021 nur 11,9 Prozent der Frauen in Aktien, Fonds oder aktienbasierten ETF investiert, bei den Männern waren es 22,4 Prozent. Dabei sind Frauen besonders häufig von Altersarmut oder einer niedrigen Rente betroffen. Weshalb es für sie besonders wichtig ist, frühzeitig vorzusorgen. Besonders gilt das für Frauen, die Kinder haben, in Elternzeit gehen und später in Teilzeit arbeiten.
Einen Grund für die Zurückhaltung der Frauen sieht Fritz im hohen Informationsbedarf – und auch das deckt sich mit Studien. Laut der Studie Blackrock Investor Pulse geben mehr als 40 Prozent der befragten Frauen an, dass sie zu wenig über Finanzen und Anlagestrategien wissen und sich daher nicht zutrauen, an der Börse zu investieren. Fritz rät daher dringend zu mehr Aufklärung und individueller Beratung: „Es geht nicht darum, blind Trends zu folgen, sondern eine Anlagestrategie zu entwickeln, die zur eigenen Lebenssituation passt und diese durch die Marktphasen hindurch weiterzuverfolgen.“
Fazit: ETF als Einstieg, aber nicht für jede Situation geeignet
Trotz ihrer Kritik an pauschalen Empfehlungen sieht Fritz auch die Vorteile von ETF: „Sie können eine gute Wahl für den Einstieg in die Geldanlage sein, sind aber nicht für jede Lebenssituation, jeden Bedarf oder jeden Anlegertyp geeignet. Wer sich für ein Investment entscheidet, sollte immer die eigenen Ziele, die Risikobereitschaft und die Lebensphase im Auge behalten und sich nicht nur von allgemeinen Empfehlungen leiten lassen.“
Oder kurz: „Es ist immer noch besser, in einen diversifizierten ETF zu investieren, als das Geld auf dem Sparbuch zu lassen“, so Fritz.
Das Argument, ein MCSI-World ETF sei zu US-lastig und bilde daher ein Klumpenrisiko, ist falsch. Denn diese These besagt ja, dass bei einem Schwächeln der US-Börsen ein „besser“ diversifizierter ETF dieses Risiko mindere. Nun zeigen aber alle Langzeitcharts das Gegenteil, denn es stimmt immer noch, dass, wenn die US-Boersen husten, die anderen schon Lungenentzündung haben. Es ist ferner mathematisch bewiesen, dass Stock-Picking (oder irgendwelche „Meinungs-ETFs“) NIEMALS den Markt schlägt. (Mann/Frau lese dazu die Bücher von Gerd Kommer zur ETF-Anlage. Diese Bücher beseitigen übrigens das im Artikel genannte Informationsdefizit).
Die Anlage in Aktien allein ist das **eigentliche** Klumpenrisiko. Daher ist ratsam eine weitere „ganz andere“ Anlageklasse zu wählen, aber auf KEINEN Fall Immobilien oder Imm.-Fonds!! Es bietet sich an, dafür Gold zu wählen. Auch hier zeigen die Langzeitcharts Erfreuliches. Gold und Aktien sind in der Regel gegenkorreliert. Das ist zur Zeit nicht so (beides steigt), das dürfte aber bei einem veritablen Aktiencrash wieder massiv so werden. Man kann auch einen Blick auf das Pantoffelportfolio der Stiftung Finanztest werden.
Da wir momentan in nicht so lustigen Zeigen leben, sollte auch genügend Cash für einen Notfall greifbar sein, Euro und US-Dollar. Man sollte 2 bis 3 Monate damit auskommen.