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Digital-Markets-Act rückt näher – Weniger Macht für Google, Amazon, Meta und Co

Die EU könnte am Donnerstag bei der Digital-Gesetzgebung einen großen Schritt nach vorn machen und mit dem DMA neue Regeln für Tech-Riesen beschließen.

Quelle: dpa
4 Min. Lesezeit
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Sitz der EU-Kommission in Brüssel. (Foto: symbiot / Shutterstock)

Als die EU sich zuletzt umfassende Regeln fürs Internet gab, war die Welt eine andere. Google war gerade gegründet, Amazon verkaufte hauptsächlich Bücher, Facebook entstand erst Jahre später. Probleme wie Hassrede im Netz existierten nicht, und die grenzübergreifende Macht einiger Tech-Riesen war nicht absehbar. Heute, gut 20 Jahre später, geht es im Internet teils turbulent und oft unfair zu. Die EU will das ändern – und könnte an diesem Donnerstag einen großen Schritt in diese Richtung machen. Unterhändler der EU-Institutionen könnten sich auf das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) einigen. Damit wäre die EU weltweit Vorreiter.

Darum geht es bei dem Gesetzespaket

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Die Gesetze und Regeln in Europa sind den Realitäten der digitalen Welt nicht mehr gewachsen – das war der Eindruck, unter dem die EU-Kommission im Dezember 2020 ein großes Digital-Paket vorgeschlagen hat. Dazu gehört neben dem Gesetz über digitale Märkte auch das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA). Der DSA geht gesellschaftliche Fragen wie den Umgang mit illegalen Inhalten im Netz an und wird noch zwischen den EU-Institutionen verhandelt. Der DMA soll die Marktmacht von Digital-Riesen wie Google, Facebook und Amazon beschränken.

Tech-Riesen wie Meta (Facebook) oder Alphabet (Google) sind mächtig – und in der Position, ihre Macht auszuweiten und die Konkurrenz auszubremsen. Das Wettbewerbsrecht aus der analogen Welt hilft mit seinen jahrelangen Verfahren nur begrenzt. Der DMA zielt nun auf bestimmte Unternehmen, die für gewerbliche Nutzer ein wichtiges „Zugangstor“ zum Endverbraucher sind. Diese „Gatekeeper“ müssen künftig bestimmte Verbote und Vorgaben beachten.

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Dazu gehört, dass sie eigene Produkte und Angebote nicht mehr bevorzugt gegenüber denen der Konkurrenz behandeln dürfen. Nutzer sollen vorinstallierte Apps auf Geräten öfter löschen können. Und Entwickler bekommen das Recht, Nutzer zu fragen, ob sie eine App als Standard-Anwendung nutzen wollen. Auch sollen Verbraucher künftig alternative App-Stores installieren können. Und sie sollen einen Dienst nutzen können, ohne einer Datenkombination über alle Dienste eines Gatekeepers hinweg zustimmen zu müssen. Andreas Schwab (CDU), der den DMA federführend für das Parlament verhandelt, sieht „unmittelbar spürbare Änderungen“ für die Nutzer.

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Diese Unternehmen dürfte es treffen

Schwab zufolge dürften vor allem die US-Riesen Google, Apple, Facebook und Amazon betroffen sein. Andere wie Booking, Zalando oder Tiktok könnten später hinzukommen. Konkret könnte der wahrscheinliche Kompromiss zwischen EU-Staaten und Parlament wie folgt aussehen: In den Anwendungsbereich des DMA fielen Digitalunternehmen, die entweder einen Jahresumsatz von mindestens 7,5 Milliarden Euro oder eine Marktkapitalisierung von mindestens 75 Milliarden Euro haben. Zudem müssten sie einen sogenannten zentralen Plattformdienst mit mindestens 45 Millionen aktiven Nutzern und 10 000 aktiven gewerblichen Nutzern monatlich betreiben.

Zu zentralen Plattformdiensten sollen etwa gehören: Suchmaschinen wie Google, Vermittlungsdienste wie Amazon Marketplace, Soziale Medien wie Facebook, Video-Plattformen wie Youtube, Messengerdienste wie WhatsApp oder der Facebook-Messenger, Betriebssysteme wie das iOS von Apples iPhones sowie Android und Cloud-Dienste wie Amazon AWS. Die DMA-Regeln beziehen sich ausschließlich auf den jeweiligen Plattformdienst – nicht auf das ganze Unternehmen.

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Bei Verstößen drohen heftige Strafen, zunächst von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Bei wiederholten Verstößen könnten es bis zu 20 Prozent sein. In Ausnahmefällen, bei „systematischer Verletzung“, könnte die EU-Kommission unter anderem sogar strukturelle Maßnahmen wie eine Zerschlagung anwenden.

Diese Hürden müssen vor einer Einigung noch genommen werden

Bevor EU-Staaten und Parlament sich auch auf die letzten Details einigen, sieht Schwab noch „ein paar Stolpersteine“. Dabei gehe es unter anderem um die vom Parlament geforderte Interoperabilität von Messenger-Diensten – also darum, dass etwa das zum Meta-Konzern gehörende WhatsApp sich dafür öffnen müsste, auch Nachrichten von anderen Anbietern zu empfangen. Kern sei, ob auch Gruppenchats von dieser Interoperabilität umfasst werden, sagt Schwab.

Sollten die Messenger-Dienste der Gatekeeper dazu verpflichtet werden, ihre Schnittstellen zu öffnen, hieße das jedoch noch nicht automatisch, das Signal- oder Threema-Nutzer künftig Nachrichten an Freunde bei WhatsApp schicken können. Denn den kleineren Firmen bleibt die Entscheidung, ob sie sich öffnen wollen, überlassen. Wohl könnten jedoch neue Anbieter auf den Markt kommen, die ihren Dienst mit Whatsapp verknüpfen.

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Personalisierte Werbung soll künftig nur noch mit Zustimmung eines Nutzers möglich sein. Vor allem die Sozialdemokraten im Parlament wollen sie für Minderjährige jedoch komplett verbieten, wie der SPD-Abgeordnete René Repasi sagt. Zwar betone der Rat der EU-Staaten, dass dies auch im DSA geplant sei. Repasi verweist jedoch darauf, dass die möglichen Sanktionen unter dem DMA deutlich schärfer seien – und die Durchsetzung somit einfacher.

Sollte es an diesem Donnerstag zur Einigung kommen, dürfte der DMA frühestens im Oktober in Kraft treten, wahrscheinlicher jedoch Anfang 2023. Dann dürfte es noch eine mehrmonatige Übergangsfrist geben.

So reagieren betroffene Unternehmen auf die Pläne

Einer Erhebung von Lobby Control und Corporate Europe Observatory aus 2021 zufolge gibt die Digital-Wirtschaft jährlich gut 97 Millionen Euro für Lobbyarbeit in EU-Institutionen aus. Die Digital-Wirtschaft stehe damit noch vor Pharma-, Chemie- oder der Finanzwirtschaft an der Spitze. Das höchste Budget habe Google (5,75 Millionen Euro), gefolgt von Facebook (5,5), Microsoft (5,25) und Apple (3,5). Der Erhebung zufolge gab es zu DMA und DSA mehr als 270 Treffen mit der EU-Kommission. 75 Prozent davon waren mit Lobbyisten der Industrie. Später habe sich die Lobbyschlacht in das EU-Parlament und den Rat der EU-Staaten sowie die Hauptstädte verlagert. Repasi spricht von „massiver Lobbyarbeit“ – diese sei jedoch nicht erfolgreich gewesen.

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Apple kritisiert schon seit langem, das iPhone für den App-Download aus anderen Plattformen zu öffnen, werde den Schutz von Nutzern vor Betrügern sowie den Schutz der Privatsphäre verschlechtern. Facebook warnte, auf die Aktualität zugeschnittene Vorgaben könnten Innovationen und Fortschritt bremsen.

Andere Unternehmen wie Zalando fürchten, unter die Definition der Gatekeeper zu fallen. Sie kritisieren, dass zu „aktiven Nutzern“ auch solche gehören sollen, die nichts kaufen. Der Verband ECommerce Europe forderte deshalb eine andere Definition mit dem Begriff „aktiver Kunde“ für Online-Vermittler wie Zalando. (Michel Winde)

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