Hochrangige EU-Beamt:innen von israelischer Spyware ins Visier genommen
Mindestens fünf Beamt:innen sind 2021 Ziel der Spionage-Software geworden, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Unter ihnen war der belgische Politiker Didier Reynders, der seit 2019 als Justizbeauftragter in der Kommission tätig ist. Die Spyware wurde von einem israelischen Überwachungsunternehmen entwickelt. Reuters erfuhr von Mitarbeiter:innen und aus internen Dokumenten der EU von dem Cyberangriff.
Wer hinter dem Angriff steckt, ist nicht bekannt. Doch wie Sicherheitsexpert:innen bestätigten, wurden die EU-Beamt:innen zwischen Februar und September 2021 von einer hochentwickelten Spyware namens ForcedEntry ausgespäht – eine Software, die vom israelischen Spyware-Hersteller NSO genutzt wird, um ausländischen Spionagefirmen zu helfen, unbemerkt und aus der Ferne Kontrolle über iPhones zu erlangen.
Nachricht von Apple macht auf den Angriff aufmerksam
Dass die EU-Kommission selbst auf die Spyware-Attacke aufmerksam wurde, liegt den Quellen zufolge demnach an einer Warnung, die Apple an Tausende iPhone-Besitzer:innen geschickt hat. Darin wurde den Nutzer:innen mitgeteilt, dass sie „Zielscheibe von staatlich finanzierten Angriffen” geworden seien. Es war das erste Mal, dass Apple eine derartige Nachricht verschickt hat – äußern wollte sich der Konzern dazu auf Anfrage von Reuters jedoch nicht, ebenso wenig wie EU Kommissar Reynders oder andere direkt Betroffene.
Geäußert hat sich jedoch die NSO, die abstreitet, für die Hacker:innen-Angriffe verantwortlich zu sein. Die Cyberattacken, so das Unternehmen, könnten mit NSO-Tools nicht durchgeführt werden.
EU-Kommission in Alarmbereitschaft
Den anonymen Quellen zufolge herrschte in der EU-Kommission Besorgnis angesichts der Spyware-Attacke. In einer internen E-Mail, die Reuters vorliegen soll, warnte ein Mitarbeiter seine Kolleg:innen vor den israelischen Hacking-Programmen und riet, nach weiteren Nachrichten von Apple Ausschau zu halten.
Noch diesen Monat soll ein Untersuchungsausschuss seine Arbeit beginnen, der den feindlichen Einsatz von Spyware innerhalb europäischer Regierungen näher unter die Lupe nehmen soll. Angeregt hat diesen Ausschuss die niederländische Politikerin Sophie in ‚t Veld. Sie bezeichnete den Angriff auf Mitglieder der EU-Kommission gegenüber Reuters „Dynamit”. „Wir müssen der Sache auf den Grund gehen”, sagte sie.
Noch kritischer drückt es Kenneth Lasoen des niederländischen Instituts für Internationale Beziehungen Clingendael aus. Während es hohe Priorität habe, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, wer verantwortlich sei, seien EU-Offizielle ohne Frage ein attraktives Ziel für derartige Angriffe. Er nannte Brüssel „ein Nest der Spionage”.