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Falschinformationen in sozialen Medien – wir müssen etwas dagegen tun!

Ganz offensichtlich sind Menschen nach wie vor bereit, eine ganze Menge von dem, was online steht, zu glauben. Aber warum? Und was kann man dagegen tun?

Von Raegan MacDonald
5 Min. Lesezeit
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Es gibt einige Fragen, die Fake News entlarven können. (Foto: McLittle Stock / shutterstock)

Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es sich manchmal so anfühlt, als würden wir uns alle in maßgeschneiderten Realitäten befinden. Die Dinge, die wir online sehen, sind die Dinge, die irgendein Algorithmus relevant für genau uns hält. Unsere Realitäten sind fragmentiert, und das bedeutet, dass wir – wenn wir unterschiedliche Quellen zu Rate ziehen – manchmal völlig unterschiedliche Geschichten über genau dasselbe Ereignis lesen. Das kann zutiefst destruktiv für unsere Gesellschaft sein. Es muss etwas getan werden, um diese schädlichen Online-Faktoren besser zu verstehen. Um geeignete politische Lösungen zu entwickeln, die diese Polarisierung verringern. Und um Falschinformationen zu begegnen und so die Kluft zwischen den Realitäten zu schmälern.

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Doch Falschinformation ist ein breit gefächertes, komplexes Phänomen – und insbesondere soziale Netzwerke spielen durch Micro-Targeting von Inhalten eine wesentliche Rolle im Hinblick auf ihre Verbreitung. Was also kann getan werden?

Was sind Falschinformationen und wieso ist das wichtig?

Obwohl es bei beiden um faktisch falsche Informationen geht, gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen Fehlinformation und Desinformation. Fehlinformationen sind Informationen, die von denjenigen, die sie konsumieren oder verbreiten, geglaubt werden. Dagegen sind Desinformationen Inhalte, die bewusst zum Zwecke eines finanziellen Gewinns oder um die Öffentlichkeit zu täuschen erstellt und gestreut werden.

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Leider ist es nicht möglich, den Anteil bewusst irreführender Nachrichten unter den Falschinformationen eindeutig zu beziffern. Studien haben allerdings gezeigt, dass Menschen in Europa mehr als 29 Milliarden Mal pro Jahr mit Falschinformationen in Kontakt kommen. 75 Prozent sehen etwa einmal pro Woche Falschinformationen, bei 37 Prozent passiert das sogar täglich.

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Die Rolle der sozialen Medien

Dass Algorithmen durch individuell zugeschnittene Empfehlungen von Inhalten für sogenannte Filterblasen sorgen können, ist hinlänglich bekannt. Bei Desinformation spielen Algorithmen jedoch ebenfalls eine wichtige Rolle.

Soziale Medien sind so gestaltet, dass viele Funktionen dazu dienen, den Nutzer*innen Inhalte anzuzeigen, die das algorithmische Empfehlungssystem der Plattform für bestimmte Nutzer*innen als interessant erachtet. Das Problem ist, dass die Art von Inhalten, die Nutzer*innen am ehesten ansprechen, oft die Art von Inhalten ist, die schockiert, irreführt, verärgert und frustriert. Indem soziale Medien solche Inhalte auf der Grundlage ihres Engagement-Faktors privilegieren, können sie Desinformationen verstärken. Wichtig ist, dass dies ein Prozess ist, der sich schrittweise vollzieht. Oft ist sich der Einzelne der fortschreitenden Veränderungen seiner Online-Erfahrung gar nicht bewusst.

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Desinformation wird durch die schädlichen Datensammelpraktiken dieser Plattformen noch weiter verstärkt. Wer so viele Informationen über euch hat (die weit über eure Aktivitäten im sozialen Netzwerk hinausgehen), dem ist es ein leichtes, euch Werbung anzuzeigen, die euch beeinflussen soll. Dazu gehört auf der einen Seite Markenwerbung, aber auch politische Werbung und Desinformationen. Die können rassistisch, homophob, extremistisch oder auf andere Art und Weise problematisch sein.

Gibt es ein Gegenmittel?

Es gibt keine Patentlösung für den Problemkomplex der Falschinformationen im Internet. Die Lösung muss so umfassend und dynamisch sein wie das Problem selbst. Doch eines ist sicher: Es muss einen systematischen Wandel geben, um die Grundursachen der Desinformation und die Mittel, mit denen sie sich manifestiert und durch Plattformarchitekturen verschärft wird, anzugehen. Dieser Wandel wird beträchtliche politische Entwicklungen und Interventionen erfordern – von der Transparenz in Bezug auf Werbung bis hin zur Medienkompetenz.

Diese Lösungen benötigen Zeit und erfordern Maßnahmen von einer Vielzahl von Interessengruppen. Und dennoch gibt es einige schnelle und einfache Möglichkeiten, wie einzelne Nutzer*innen die Auswirkungen von Falschinformationen in ihrer alltäglichen Web-Erfahrung verringern können.

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Maßnahmen für Nutzer*innen

Folgende Fragen sollten Nutzer*innen sich stellen, wenn sie einem Artikel oder einer Information in sozialen Medien begegnen:

  • Ist der Artikel neueren Datums? Artikel, die Monate oder Jahre alt sind, können wieder auftauchen und enthalten möglicherweise nicht die aktuellsten Informationen. Dies kann insbesondere bei gesundheitsbezogenen Inhalten, wie beispielsweise Covid-19, der Fall sein. Sowohl das Thema als auch das Datum müssen berücksichtigt werden.
  • Ist der Verleger oder Autor bekannt? Eine schnelle Websuche kann bei der Entscheidung helfen, ob die Quelle vertrauenswürdig ist oder nicht.
  • Zitiert der Artikel vertrauenswürdige Quellen? Eine schnelle Online-Recherche kann helfen festzustellen, ob die Daten und Fakten im Bericht von offiziellen Quellen verifiziert wurden.
  • Werden die Informationen in dem Artikel von mehreren vertrauenswürdigen Quellen behandelt? Auch hier hilft meist eine schnelle Online-Recherche.
  • Wenn es sich um ein Foto handelt, kann die umgekehrte Bildsuche bemüht werden. So können andere Fälle gefunden werden, in denen das Bild erschienen ist – und so seine Authentizität offenbart werden.
  • Wer nur die Überschrift eines Artikels liest, sollte ihn nicht teilen.

Die obigen Schritte können einzelnen Nutzer*innen helfen, sich vor Falschinformationen im Web zu schützen, während wir daran arbeiten, die strukturellen Probleme zu lösen, die erst dazu führen, dass Falschinformationen so gegenwärtig sind. Darüber hinaus können Nutzer*innen anderen auch selbst dabei helfen, die Verbreitung von Falschinformationen einzudämmen, indem sie ein paar einfache zusätzliche Schritte befolgen:

  • Nutzer*innen, die eine offensichtlich falsche Information in sozialen Medien entdecken, sollten sie mit einer glaubwürdigen Quelle kommentieren. Das kann andere davon abbringen, die Information weiter zu verbreiten.
  • Wer weiter gehen will, kann den betroffenen Beitrag melden. Plattformen wie Facebook, Twitter, Youtube, Instagram und andere erleichtern das Melden oder Kennzeichnen von Beiträgen zur Entfernung aus einer Vielzahl von Gründen.
  • Wer seine Mitmenschen auf Ressourcen zum Thema Falschinformation – so wie diesen Artikel – hinweist, trägt dazu bei, dass weniger Leute sie glauben und teilen und bekämpft so ihre Verbreitung.

Maßnahmen für Plattformen, Wissenschaftler und den Gesetzgeber

Zwar können die oben genannten Schritte Einzelnen helfen, sicherer im Web zu navigieren. Allerdings sollte nicht erwartet werden, dass sie das Problem der Falschinformation und ihrer schädlichen Auswirkungen lösen. Das kann nur durch sinnvolle Fortschritte seitens der Plattformen, der politischen Entscheidungsträger und der wissenschaftlichen Gemeinschaft bewirkt werden.

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Ein entscheidender erster Schritt ist mehr Transparenz darüber, wie sich Falschinformation im Online-Ökosystem ausbreitet, insbesondere in Bezug auf die algorithmische Kuration von Inhalten sowie Online-Werbepraktiken. Transparenz ist jedoch kein Selbstzweck. Vielmehr ist sie ein Mittel, mit dem wir gemeinsam auf das langfristige Ziel einer echten Rechenschaftspflicht hinarbeiten können.

Plattformen wie Twitter und Facebook müssen mehr Verantwortung dafür übernehmen, wie ihre Dienste unbeabsichtigt zur Verstärkung von Desinformation missbraucht werden können. Beide Unternehmen haben bereits wichtige Schritte unternommen, um die Verbreitung von Desinformationen über die US-Wahlen auf ihren Plattformen zu verhindern. Doch haben beide noch große Schwächen, die nur darauf warten, ausgenutzt zu werden. Ohne drastische Änderungen am Produkt wird nicht genug geschehen.

In den Tagen vor der US-Wahl ist klar geworden, dass ausreichend hoher öffentlicher Druck soziale Netzwerke dazu bewegen kann, wichtige Schritte gegen Falschinformationen zu unternehmen. So hat zum Beispiel Facebook temporär seine Gruppenempfehlungen für politische Gruppen pausiert, nachdem Tausende Internetnutzer*innen das Unternehmen dazu aufgefordert hatten. Bisher gewährt das Unternehmen unabhängigen Forschern allerdings keinen Zugang zu Daten, die den Effekt dieser Maßnahme auf die Verbreitung von Falschinformation belegen. Das muss sich ändern; denn durch systemische Transparenz kann gewährleistet werden, dass die virale Verbreitung von Falschinformationen in entscheidenden politischen Momenten wie diesen verhindert wird.

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Zudem sollten die EU-Gesetzgeber die sich bietenden Regulierungsmöglichkeiten nutzen, um sich auf das doppelte Problem der Verstärkung und des Micro-Targeting zu konzentrieren – beide haben Auswirkungen auf das Problem der Desinformation. Das geplante Digitale-Dienste-Gesetz, das sogenannte Plattform-Grundgesetz der Europäischen Union, bietet hierfür eine große Chance.

Diese Chance müssen wir nutzen. Für ein besseres Internet – und für eine bessere Gesellschaft.

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Dein t3n-Team

Volker Dowidat

Sehr oberflächlich, der Artikel. Wer hat die Deutungshoheit darüber, welche Quellen akzeptiert sind und welche nicht? Spätestens seit Horckheimers „Kritik der instrumentellen Vernunft“ wissen wir doch, dass das Rationale immer auch ein Herrschaftsinstrument sein kann. Und Wissenschaft, nun ja, da kommt aus eigenen Reihen der Begriff der „Drittmittelhuren“. Geld bestimmt, was richtig oder falsch ist. Jeder selbsternannte „Faktenchecker“, also auch Algorithmus, hat seinen eigenen Bias. Über genau den zu sprechen, also eine Diskussion auf Metaebene zu führen, wäre ein guter Anfang. Aber versuchen Sie mal, die Medien auf die Verbindungen zu Politik und Wirtschaft anzusprechen. Hihi, viel Spaß. Geht es vielleicht weniger um Wahrheit, als um einen fairen Umgang miteinander? Weniger Polarisieren, mehr zuhören, Widersprüche aushalten? Pegelt sich eine intakte Gesellschaft nicht von selbst auf ein gutes Funktionieren ein? Werden destruktive Informationen nicht nur dann eine Gefahr, wenn etwas ganz anderes vorher schon in Schieflage geraten ist? Ich plädiere für Ursachenforschung bei diesem Thema und nicht für Symptombehandlung.

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