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FH-Studium statt Uni? Gute Idee für die Karriere

Junge Leute wollen häufig Karriere machen, aber ist das ohne Uni-Abschluss und stattdessen mit einem von der FH überhaupt möglich? Nicht nur Konzerne wie Aldi Süd oder Henkel sagen: Ja.

Von Laura Waßermann
4 Min. Lesezeit
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(Foto: Patrick Civello / Shutterstock)

Dass ihr Mathe ziemlich leichtfällt, hat sie schon in der Grundschule gemerkt. Das Grauen aller Kinder war für Simone Dissemond Spaß. Sie hat sich stundenlang mit Zirkel und Geodreieck beschäftigt oder an Textaufgaben geknobelt. Auf dem Gymnasium haben die Lehrer ihr Extra-Aufgaben gegeben und in der Oberstufe hat sie im Leistungskurs Mathematik mehrere Beweiswege gesucht, während ihre Mitschüler noch auf der Suche nach dem Beweis waren. Bis hier hin klingt das nach einem Beispiellebenslauf eines Mathegenies. Darauf folgen würde traditionellerweise ein Universitätsstudium. Doch anstatt ein verstaubtes Mathestudium anzutreten, hat Dissemond Scientific Programming studiert – dual und an der Fachhochschule Aachen.

Sie sei bewusst nicht an die Universität gegangen, sagt die 23-Jährige. Vielmehr habe sie die „praktische Anwendung mathematischer Modelle in der Informatik zur Lösung von Problemen“ am FH-Studium gereizt. Vereinfacht: die Praxisnähe. Auch für ihren Master hat Dissemond die FH gewählt. Seit 2016 studiert sie Technomathematik und arbeitet nebenbei als Softwareentwicklerin.

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Mit ihr haben in Deutschland im vergangenen Jahr rund 250.000 Menschen den Bachelor abgeschlossen, rund 124.000 den Master. Nachdem die FH für lange Zeit als Universität zweiter Klasse galt, sind die Hochschulformen heute in einigen Charakteristiken gleichwertig. Beispielsweise brauchen Absolventen durchschnittlich dreieinhalb Monate, um einen Job zu finden – egal von welcher Hochschule sie kommen. Das ergab ein Bericht des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), das zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung den Hochschulabschluss nach Bologna untersucht hat. Der Bericht zeigt auch, dass Bachelor-Absolventen der FH ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von 35.100 Euro bekommen, die der Uni 30.200 Euro. Nach dem Master haben FH-Studenten jährlich 40.200 Euro zum Leben, Absolventen der Uni 38.500 Euro.

Obgleich die formalen Kriterien durch das Bologna-System angeglichen wurden, entscheidet sich die Art und Weise des Studierens noch immer an manchen Stellen. Wer theoretisch lernen will, geht an die Uni. Wer praxisnah studieren möchte, wählt eine FH als Studienort. Kurz gesagt ist es der Unterschied zwischen Forschung und Praxis.

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Hochschulen und Unis ergänzen sich perfekt

Marcus Baumann, Rektor der FH Aachen findet die Diskussion um FH versus Uni nicht mehr zeitgemäß: „Das deutsche Hochschulsystem hat sich bewährt – Universitäten und Fachhochschulen ergänzen sich mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten in Lehre und Forschung perfekt.“ Auch sehe er keinesfalls einen Nachteil in zukünftigen Karrierechancen. Junge Menschen, die anwendungsbezogen studieren und danach direkt durchstarten wollen, rate Baumann zum Gang an die FH.

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Tatsächlich ist Praxisnähe ein wichtiges Kriterium für viele Unternehmen, auch in Deutschland. Das bestätigen einige Unternehmen auf t3n-Anfrage: Lufthansa, Bayer, Aldi Süd, Henkel, KPMG, Deutsche Bahn. Alle verneinen die Frage, ob Absolventen der Fachhochschulen als Bewerber weniger galten als Absolventen der Universitäten. Viel mehr käme es auf die einzelnen Qualifikationen der Bewerber an, Stichworte fallen wie „Passion“, „Innovationsfähigkeit“, „Teamwork“ und „Berufserfahrung“.

Markus Krahforst ist verantwortlich für das Recruitment von Henkel in Deutschland. Er sagt, der konkrete Studienabschluss stehe nicht zwingend im Vordergrund. „Selbstverständlich ist Fachkompetenz wichtig, uns interessiert aber immer der Mensch dahinter, seine Persönlichkeit und sein Potenzial.“ Das Unternehmen, das in insgesamt 32 Ländern tätig ist, unterscheide auch nicht zwischen Absolventen, wenn es um interne Karriereperspektiven geht. Dies betonen ebenfalls der Sprecher der Deutschen Bahn sowie Markus Siebenmorgen von dem Leverkusener Konzern Bayer. Karrierechancen innerhalb des Pharmazie-Unternehmens seien abhängig von der Leistung des Mitarbeiters. „Sobald jemand bei uns beschäftigt ist, spielt der jeweilige akademische Abschluss keine Rolle mehr“, sagt Siebenmorgen.

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Unterscheidung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft

Ohnehin ließe sich pauschal nicht sagen, ob Menschen mit einem Abschluss an einer Uni oder einer FH bessere Chancen haben, die Karriereleiter der (deutschen) Wirtschaft zu erklimmen, sagt Gregor Fabian. Fabian ist Absolventenforscher am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung und will nicht schwarz-weiß malen. „Wenn sich eine junge Studentin oder ein junger Student das berufliche Karriereziel gesetzt hat, später mal eine Professur in Geschichte zu erhalten, dann kommt sie oder er um ein Studium an einer Universität kaum herum.“ Ginge es hingegen beispielsweise um die Leitung der Entwicklungsabteilung eines Automobilbauers, könne der FH-Abschluss genauso geeignet sein wie der einer Uni.

Die FH Aachen bezeichnet sich mittlerweile als „University of Applied Sciences“, genauso wie andere Fachhochschulen wie die in Darmstadt. Es scheint, als wollten die Rektoren ihren Institutionen ein neues Image verpassen. Praxisnahes Lernen mit Aussicht auf gute Jobchancen ist der Tenor. „Kommen Sie zu uns, wenn Sie eine Karriere in Industrie und Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst anstreben“, sagt der FH Aachen-Rektor Baumann. Wer aber sicher sei, eine wissenschaftliche Karriere einschlagen zu wollen, sollte zur Universität gehen – egal ob bereits nach dem Abitur oder erst nach dem Bachelor.

Simone Dissemond ist für ihren Master an der FH geblieben, weil sie praktisches Wissen in Ergänzung zur Theorie noch immer einer trockenen Uni-Mathematik vorziehe. Vor der Jobsuche habe sie deshalb keine Angst, im Gegenteil. „Der Abschluss ist schließlich ein Indiz dafür, dass man bereits mit praktischen Anwendungen der Theorie in Berührung gekommen ist“, sagt sie. Somit dürfte sie mithilfe ihrer „Passion“ für Formeln sowie der gewünschten Berufserfahrung bei zukünftigen Arbeitgebern punkten.

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