Berufseinstieg oder Karrierewechsel: So findest du deinen Traumjob in vier Schritten
Kürzlich komme ich mit der Tochter meiner Nachbarin ins Gespräch. Sie steht kurz vor dem Abi. Und, klar, frage ich sie, was sie nach der Schule anfangen will. „Irgendwas mit Büro“, lautet die lapidare Antwort der 16-jährigen. Später komme ich ins Grübeln. So furchtbar ungewöhnlich ist es ja nicht, dass ein Jugendlicher noch keine konkrete berufliche Perspektive im Kopf hat. Ich glaube, ich hatte die damals auch nicht. Was mich aber nachdenklich gemacht hat, war die Tatsache, dass mir diese Antwort so oder so ähnlich schon häufig begegnet ist. Stereotype Antworten, warum man diesen oder jenen Job macht, warum man sich bei diesem oder jenem Unternehmen bewirbt. Die Triebfedern bewegen sich zwischen Gewohnheit: „hab ich schon immer gemacht“, Reaktion: „die haben halt gesucht“ und Sicherheit: „ich riskier doch jetzt nicht mein Standing in der Firma“. Ein Traumjob sieht anders aus…
Doch wie kommst du dorthin? Wie findest du heraus, was dein Traumjob ist? Die folgenden vier Schritte bringen dich schon gefährlich nah ran…
Schritt 1: Talente entdecken
Um aufs richtige Pferd zu setzen, musst du möglichst objektiv beurteilen, ob der Beruf, den du ausüben willst oder der, den du bisher ausgeübt hast, wirklich zu dir, zu deinen Stärken und deinen Neigungen passt. Egal, ob vor dem Berufsstart oder erst später, wenn du auf deinen bisherigen Weg zurück blickst, die folgenden Fragen helfen dir, dich besser kennenzulernen:
- Worin bin ich besonders gut?
- Was liegt mir?
- Was interessiert mich?
- Bei welchen Tätigkeiten vergesse ich die Zeit?
- Welche Tätigkeit hebt meine Stimmung?
- Welche gibt mir Energie?
Wenn du Schwierigkeiten hast, diese Fragen zu beantworten, dann hilft ein Kniff: Schau dir an, was du in deiner Freizeit tust. Wenn es nicht gerade ums Auto-Waschen oder Müll-Runter-Bringen geht, beschäftigen wir uns nach Feierabend mit Dingen, die uns liegen, auf die wir uns freuen. Wenn du diese mal genauer unter die Lupe nimmst, dann geben sie dir ein gutes Gefühl dafür, wo deine Talente liegen. Auch eine Option: Freunde und Bekannte fragen. Möglicherweise kommen dabei Stärken zum Vorschein, die du bisher nie auf dem Schirm hattest. Da ist vielleicht die Nachbarin, die dir sagt, dass, seitdem du eingezogen bist, diese permanenten Konflikte in der Hausgemeinschaft endlich aufhören. Irgendwie hättest du die Gabe, Menschen zu vereinen. Nimm solche Hinweise ernst. Sie decken Gaben auf, die für dich bisher vielleicht selbstverständlich und damit unsichtbar waren. Aber erst, wenn du deine Fähigkeiten explizit benennen kannst, kannst du sie auch gezielt nutzen. Dann weißt du, welcher Beruf dir liegt und welcher nicht. Wenn du im Grunde eine Rampensau bist und ein extrovertierter Kommunikator, dann wirst du als Entwickler sicher solide Erfolge einfahren. Aber durch die Decke gehen, wird es wohl eher nicht.
Schritt 2: Wünsche ausmalen
Deine Stärken und Talente bilden deine Energiesparfunktion: Sind sie im Einsatz, wirst du dich nicht übermäßig verausgaben. Das Können ist aber nur die halbe Miete, wenn es um deine Berufswahl geht. Die Autoren, Christopher Funk und Dirk Kreuter heben in ihrem Buch „Verkaufen statt Bewerben“ eine zweite wichtige Zutat aus der Taufe: das Wollen. So kann es durchaus Tätigkeiten geben, bei denen du stark bist, die dich aber überhaupt nicht erfüllen. Vielleicht bist du richtig gut darin, Streit zu schlichten. Aber im Grunde zieht es dich runter, wenn du ständig mit Konflikten zu tun hast. Dann wäre eine solche Tätigkeit keine gute Grundlage für die Wahl deines nächsten Jobs.
Vergiss also mal kurz deine Talente, und fang‘ an zu träumen:
- Was wollte ich schon immer machen?
- Beim Gedanken an welche Tätigkeit bekomme ich eine Gänsehaut?
- Was würde mich so richtig stolz machen?
- Welche Aufgabe wäre für mich das Größte?
Ob diese Träume realisierbar sind oder nicht, ist zunächst vollkommen irrelevant. Hier geht es nur darum, herauszufinden, wofür dein Herz schlägt. Wo also deine Neigungen liegen. Denn erst sie geben deiner Arbeit Sinn. Wenn du jetzt ein Bild vor Augen hast, kannst du einen Schritt weiter gehen – und den Realitäts-Check machen. Aber erst dann!
Schritt 3: Abwägen
Um deinen Traumjob zu finden, braucht es also zwei wichtige Zutaten: Talent und Neigung. Dein Talent bestimmt dein Können. Und es stärkt dein Selbstbewusstsein. Das ist spitze. Mindestens genau so wichtig ist jedoch das Wollen – dass du etwas mit Herzblut zu tust. Nicht ohne Grund identifizieren Funk und Kreuter die Neigung denn auch als den eigentlichen Motor des Erfolges.
Dass Talent und Neigung hundertprozentig überlappen, ist wie ein Sechser im Lotto. Kommt alle Jubeljahre mal vor. Eine Schnittmenge sollte es jedoch geben, damit der Job das Zeug zum Traumjob hat.
Schritt 4: Bedenken abschütteln
Wenn du jetzt eine spannende Arbeit vor Augen hast, dann wisch sie nicht gleich mit dem Argument vom Tisch, dafür wärest du nicht kompetent genug. Viel zu schnell sind wir mit einem „Geht doch gar nicht“ zur Stelle. Dabei lassen sich Lücken im Können in der Regel gut schließen. Insbesondere dann, wenn du den Job so richtig willst.
Formale Kriterien sind schnell aus dem Weg zu räumen. Wesentlich hartnäckiger sind dagegen die Glaubenssätze, die jeder mehr oder weniger mit sich herum trägt. Sie stehen dir dabei im Weg, wenn du etwas Unkonventionelles anpacken willst. Großvater und Vater waren erfolgreiche Kaufmänner und Unternehmens-Lenker? Dann hast du womöglich schlechte Karten, wenn du jetzt dein Glück in der Schauspielerei siehst. Insbesondere das Umfeld sorgt mit Vorurteilen wie „brotlose Kunst“ oder „unseriöser Lebenswandel“ für Gegenwind. Lass dich davon nicht beirren.
Sich über Bedenken hinwegzusetzen, heißt nicht, dass du dich blauäugig in jede neue Sache stürzen sollst. Das wäre ja auch grob fahrlässig. Es macht schon Sinn, andere Lebensbereiche und Wünsche, wie beispielsweise das Wohl der Familie, abzuwägen. Ist es wirklich für alle okay, wenn du noch einmal eine Ausbildung anfängst, um endlich Physiotherapeut zu werden? Abwägen ja, aber nicht sofort durch eventuelle Barrieren einschüchtern lassen! Möglicherweise kann der Lebenspartner die Verdienstlücke eine Weile auffangen. Oder ihr verkauft den Zweitwagen, den ihr in der Stadt sowieso nie nutzt.