
Spezielles Mäusesperma hält sich 200 Jahre auf der ISS, prognostizieren Forscher.(Bild: Christoph Burgstedt/ Shutterstock.com)
Astronauten brachten vor fast sechs Jahren kryokonservierte Mäusespermien auf die Internationale Raumstation, um ihre Widerstandskraft gegen die kosmische Strahlung zu testen. Nun ist die zweite Generation Mäuse daraus entstanden. Die Wissenschaftler prognostizieren, solches Sperma rund 200 Jahre lang auf der ISS lagern zu können. Die These, es halte sich genauso lange auf dem Mars und sichere die Fortpflanzung bei der Kolonisation, stimmt jedoch nicht. Es ist jedoch ein erster Schritt, um die Fortpflanzung auf exorbitalen Orten zu gewährleisten, schreiben die Biologen in der Science Advance.
Mutationen können neue Spezies bilden
Zwei Probleme der menschlichen Fortpflanzung etwa auf dem Mars haben Wissenschaftler identifiziert: Mikrogravitation und galaktische Strahlung. Letztere besitzt hochenergetische Teilchen (HZE), die sich selbst von Raumfahrzeugen nicht so einfach abschirmen lassen. Sie können DNA-Doppelstrangbrüche verursachen, die sich schwer reparieren lassen. Sollten multiple Geschädigte diese mutierten Keimzellen an Nachkommen weitergeben, so die Verfasser des Artikels, würde die Spezies mittelfristig zu einer anderen Art werden. Um sich über die wahre Gefahr und die genauen Auswirkungen im Klaren zu sein, starteten die japanischen Forscher Experimente.
Gesunde Nachkommen nach fast 6 Jahren Bestrahlung
Eine Gruppe des Advanced Biotechnology Center in Yamanashi schickte 2012 die 24 besten Spermaproben von 66 männlichen Mäusen auf die Reise. Genauso viele blieben zum Vergleichstest auf der Erde. Jeweils nach neun Monaten, weiteren zwei Jahren und wiederum drei Jahre und einen Monat später holten Astronauten Teile der gefriergetrockneten Proben wieder zurück. Damit bestand die längste Verweildauer in der Strahlung bei fünf Jahren und zehn Monaten. So lange waren biologische Proben noch nie auf der Station. Die Forscher bestätigten nun, dass die Tiere, die aus den bestrahlten Spermien entstanden, genauso wenig Anomalien aufwiesen wie ihre Erdgeschwister. Das gelte auch für die darauffolgende Generation.
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Was die Ergebnisse aussagen – und was nicht
Die Autoren stellen fest, dass man diese Art der Spermien sehr lange lagern und im Weltraum transportieren kann. Die extraterrestrische Lagerung von Keimzellen sei eine Möglichkeit, unser Erbgut dauerhaft zu sichern. Sie erwähnen jedoch auch offene Fragen und Einschränkungen in Bezug zur menschlicher Fortpflanzung auf fremden Planeten. Diese fielen bei den meisten Medienberichten über diese Forschung unter den Tisch. Die verwendeten FD-Spermien besitzen eine starke Toleranz gegenüber Strahlung, denn sie erhalten kein Wasser innerhalb des Zytoplasmas.
Die DNA-Schäden durch Strahlung werden jedoch größtenteils über freie Radikale erzeugt, die über intrazellulären Wassermoleküle entstehen. Man hat hier nur die besten Spermien ausgewählt und sie einem speziellen Verfahren unterzogen. Zudem umkreist die ISS die Erde in einer Höhe von 400 Kilometern, also noch innerhalb des schützenden Magnetfeldes des Planeten. Im Tiefenraum besteht jedoch dicht ionisierende Teilchenstrahlung, die höhere DNA-Schäden verursachen kann. Also davon auszugehen, dass die nun gewonnenen Erkenntnisse auf den Mars übertragbar sind, wie es die Daily Mail getan hat, ist etwas verfrüht. Weitere Experimente will man anberaumen, wenn es eine unbemannte Station gibt, die um den Mond kreist – weitab vom Magnetfeld der Erde.