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Frauen und Technik? Rollenklischees bremsen Wandel in der Arbeitswelt

Mädchen haben im Schnitt bessere Schulnoten als Jungen, machen häufiger Abitur und werden von vielen Unternehmen umworben. Trotzdem bleiben viele technische Berufe männlich dominiert. Warum?

3 Min.
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(Foto: YanLev/Shuttestock)

Die Jobaussichten sind glänzend, und der Verdienst stimmt – trotzdem machen viele Mädchen und junge Frauen in Deutschland noch immer um technische Berufe einen großen Bogen. Dabei dürfte der Bedarf an Softwareentwicklern, Informatikern, Elektrotechnikern und anderen technischen Jobs in der digitalen Produktions- und Arbeitswelt künftig noch deutlich steigen. Höchste Zeit also, alte Rollenklischees über Bord zu werfen, sagen Experten. Auf der Messe Her-Career an diesem Donnerstag und Freitag (13./14.10.) in München können Frauen ihre Fühler auch in technische Branchen ausstrecken und Karrierechancen ausloten.

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Schon seit rund 15 Jahren buhlen Unternehmen und Wirtschaftsverbände beim jährlichen Girl’s Day und bei vielen anderen Aktionen um den weiblichen Nachwuchs. Zuletzt entschieden sich zwar etwas mehr junge Frauen für ein technisch-naturwissenschaftliches Studium, doch vor allem in vielen technischen Ausbildungsberufen herrscht nach wie vor Frauenmangel, wie etwa aus der Studie „MINT Nachwuchsbarometer“ der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften und der Körber-Stiftung hervorgeht.

Das liegt wohl zuallererst an den Hürden in den Köpfen. Schon in der Schulzeit wird Mädchen der Studie zufolge in der Familie und im Freundeskreis fünf Mal häufiger von einer technischen Ausbildung abgeraten – mit entsprechenden Folgen: Viele Mädchen und junge Frauen trauen sich gar nicht erst zu, in technischen Disziplinen beruflich Fuß zu fassen.

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Mädchen geben „Entmutigung durch ihr soziales Umfeld“ als Grund an

Mehr als ein Drittel der Schülerinnen, die sich gegen eine solche Ausbildung entschieden, geben als Grund die „Entmutigung durch ihr soziales Umfeld“ an. Und auch bei den gleichaltrigen Kollegen können junge Frauen nicht immer auf Unterstützung hoffen: Gut ein Fünftel der männlichen Azubis in technischen Berufen glaubt, dass Frauen das Verständnis, Geschick und die körperlichen Voraussetzungen dafür fehlten.

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Das ist aber Unsinn, weiß man beispielsweise bei Siemens. Auch der Elektrokonzern bekommt alljährlich die Zurückhaltung des weiblichen Nachwuchses zu spüren, wenn es um Berufe wie Mechatroniker oder Elektroniker geht. Gut 1900 junge Leute haben bei Siemens in diesem Jahr eine Ausbildung begonnen, der Frauenanteil lag bei knapp 21 Prozent und in technischen Berufen wiederum bei 12,7 Prozent.

In den vergangenen fünf Jahren sei es zwar in kleinen Schritten aufwärts gegangen, von selbst kämen die jungen Frauen aber nicht, sagt ein Unternehmenssprecher. „Da muss man immer am Ball bleiben.“ Als Botschafterinnen sendet der Konzern beispielsweise junge Frauen an Schulen, die ein duales Studium bei Siemens absolvieren und bei Schülerinnen die Begeisterung für eine technische Ausbildung wecken sollen.

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Andererseits wird auch Mädchen und Frauen, die schon das nötige Interesse und die Begabung mitbringen, der Weg nicht überall geebnet. Sabine Muschik etwa musste sich während ihrer bisherigen Laufbahn auch mit Vorurteilen auseinandersetzen – allerdings nicht im Elternhaus: „Ich habe das Glück gehabt, dass mich meine Eltern seit jeher unterstützt haben“, sagt die promovierte Maschinenbau-Ingenieurin, die Frauen bei der Messe Her-Career Mut machen will, dranzubleiben.

Unternehmen werden zum Umwerben von Frauen gezwungen

Schon in der Schule habe es teils an Förderung seitens der Lehrer gemangelt, und auch im Studium musste sie sich mit einer guten Portion Eigenmotivation durchbeißen, sagt die 34-Jährige. Den Altherrencharme des Werksmeisters etwa, der sie beim Grundpraktikum in Studienzeiten fragte, ob er „beim Borhmaschine-Halten helfen soll“, empfand sie nicht gerade als hilfreich. „Ich hatte Kolleginnen, die wurden dadurch schon ganz schön verunsichert. Man ist aufgefallen und wurde zum Teil nicht ernstgenommen.“

„Man sollte Dinge mal ausprobieren, auch wenn andere abraten“

Mittlerweile passiert ihr das nicht mehr. Beim Maschinenbauer Trumpf arbeitet die Mutter eines zweieinhalbjährigen Sohnes als Führungskraft im Entwicklungsbereich. Dabei kann sie auf ein Unternehmen bauen, das sie in ihrer Karriereplanung auch mit flexiblen Arbeitsmodellen unterstützt, und auf ihre Eltern, die bei der Kinderbetreuung helfen.

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Anderen Frauen, die sich ebenfalls mit dem Gedanken tragen, einen technischen Beruf zu ergreifen, rät Muschik, mit sich selbst ein wenig Geduld zu haben und herauszufinden, was sie wirklich interessiert. „Man sollte Dinge mal ausprobieren, auch wenn andere abraten, und seinen eigenen Weg gehen.“

Ausbildungsexperte Michael Assenmacher vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag sieht auch Ansatzpunkte bei Digitalisierung und demografischer Entwicklung. Weil die Schülerzahlen sinken und der Trend zum Studium anhält, müssen sich die Unternehmen künftig noch stärker auch um Mädchen und junge Frauen als Fach- und Führungskräfte von morgen bemühen, sagt er. Zugleich würden digitale Lösungen in immer mehr Lebensbereichen erfahrbar wie beim intelligenten und vernetzten Zuhause oder der Gebäudeautomatisierung. Dadurch dürfte auch die Anziehungskraft der Berufe steigen, erwartet der Experte.

Von Christine Schultze, dpa

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Dein t3n-Team

Werner

pah dieser alte Lüstling: beim Borhmaschine-Halten helfen soll..
Solch dumme Sprüche muss sich bestimmt jeder Lehrling anhören, egal ob Mann oder Frau.
Ich finde es selbstverständlich das Frauen technische Berufe ergreifen, wer will und kann, die kann. Bin gespannt, ob es auch entsprechende Motivation/Bezahlung für Kindergärtner gibt.
Ansonsten die Kirche im Dorf lassen und bitte keine Gender Diskussionen. Manche Jobs können Männer generell besser, manche Frauen. Was fehlt, ist eher die Wertschätzung.

P.S. habt ihr sowas wie Autokorrektur beim Schreiben, oder ganz altertümlich Korrekturlesen..? Hier, im Editor wird: Borhmaschine-Halten markiert.

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Ribert

Wieder mal die Opferhaltung. Heul heul, wir wollen ja aber keiner ermutigt uns.
Wir leben in 2016, da gibts Selbstverantwortung und Eigeninitiative. Wer nicht wirklich will, der machts eben auch nicht.
DIE MEISTEN FRAUEN WOLLEN ANSCHEINEND NICHT IN DIE TECHNISCHEN BERUFE, IST DAS SO SCHWER ZU BEGREIFEN?
Muss man dass um jeden Preis forcieren?

Antworten
Markus

Lustig..mich regt es langsam auf, dass man im Umfeld der GenderDebatten immer mehr zwei Pole separiert. Warum also gibt es spezielle Veranstaltungen für Frauen? Für Männer aber nicht?

In meinem ersten Bildungsweg war ich 1:19 deutlich von Frauen umgeben und im zweiten Anlauf 11:3 eher in der Mehrheit. Man kann also machen was man mag und die Quote ist für Statistiker.

Es gibt in so ziemlich jeder Fachrichtung genügend Bereiche, für beide Geschlechter. Wenn man an Bauarbeiter denkt, dann fände ich es schon nett, wenn die nette Dame im Vertrieb einer Baufirma vorher Bauarbeiter gelernt hätte, dann müsste sie nicht bei Fachbegriffen wie Ziegel oder Zement den Fachmann holen. Sie muss ja nicht gleich schwere Zemetkübel tragen und vielleicht kann sie es sogar besser. NUR wird bei aller Anstregung kein Anreiz geschaffen, der die Vorurteile aus dem sozialen Umfeld entkräftigt.

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herrfischer

OMG wie dieses Thema nervt … .

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tomrouleur

Dieses böse System, das die Frauen nicht zu ihrer Bestimmung kommen lässt! Denn die Frauen wissen leider alle noch nicht, dass sie ja geborene Technikerinnern sind! Wir müssens ihnen sagen! Und sie zu technischen Karrieren zwingen (äh, fördern)!
Wie Werner sagt: Wer will und kann, kann. Warum schreien so viele Gutmenschen eigentlich den Weltuntergang herbei, wenn Frauen sich entscheiden, ihre Zeit mit Kindern, zuhause, fürs Bauen des Familiennestes und die so wichtige Bindung von Kindern – ja, auch Teenagern – zu investieren. Wohlgemerkt mit selbstverständlicher Unterstützung des Papas.
Es nervt, dass dies in der Öffentlichkeit, Politik, Medien (auch t3n) keinen Wert mehr hat.
Weltuntergang ist wenn schon dann, wenn wir die Familie zerstört haben (u.a. GenderBlahblah), wenn es keine Erwachsene mehr mit Balance, Fokus und Resilienz gibt (u.a. weil sie als Kinder dauernd wegorganisiert wurden / «VereinbarkeitBerufFamilie» = Kinder machen aber nicht haben wollen), wenn DAS LEBEN von der Bruttosozialproduktoptimierung erwürgt worden ist.

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