Vor einigen Jahren hatte ich einen echten „Job from Hell“. Es war ein unglaublich langweiliges Geschäftsfeld mit vielen Überstunden, hohem Druck durch Vorgesetzte und viel Missgunst zwischen Abteilungen. Ich habe diesen Job trotzdem lange gemacht – zum einen, weil ich für mein damaliges Alter ganz gut verdiente, zum anderen auch, weil es Konstantin und Jasmin gab, die im selben Boot saßen und den Alltag in dieser Firma erträglich machten. Wären sie nicht gewesen, ich hätte es wohl keinen Monat dort ausgehalten. Wir unterstützten uns dabei, unsere Zielvereinbarungen einzufahren. Wir hörten zu, wenn einem mal der Kragen platzte und der innerliche Druck raus musste. Die beiden waren mehr als Kollegen, sie waren echte Freunde. Noch lange nach dem Job hielten wir Kontakt. Durch die zwei habe ich gelernt, wie wichtig es ist, einen Office-BFF zu haben!
Freundschaften im Büro: Office-BFF sind wichtige Bezugspersonen
Dass derartige Beziehungen entstehen, liegt auch und vor allem am gegenseitigen Verständnis. Man bewegt sich im selben Umfeld, kennt die Prozesse, weiß, wo Konflikte lauern und wer oder was sie in der Regel befeuert. Diese Details nicht nur zu kennen, sondern sie auch gemeinsam zu erleben, schweißt zusammen. Selbst Partner und Freunde können die Gegebenheiten im Job nicht immer zu 100 Prozent nachvollziehen. Das macht einen Office-BFF zu einer wichtigen Bezugsperson. Nicht zuletzt, weil wir so viel Zeit bei der Arbeit verbringen. Gefühlt nimmt dieser Bereich die Hälfte unseres Erwachsenenlebens ein. Auch wenn es statistisch gesehen nicht so viel sein mag, wer schon einmal in einem Job from Hell gearbeitet hat, weiß, dass der einen gedanklich auch nachts und am Wochenende oft nicht loslässt. Kummer kennt kein 9-to-5!
Ein Journalist arbeite viel, verdiene wenig und werde von allen gehasst, schrieb mal eine Redakteurin eines anderen Magazins auf Twitter. Ob und inwiefern das stimmt, kann nur ein Journalist beziehungsweise eine Journalistin nachvollziehen. Bei mindestens einem der Punkte tappen die meisten hinsichtlich ihrer Beurteilung des Berufsstands im Dunkeln. So wie ich nicht nachvollziehen kann, wie hoch der psychische Druck auf Lehrer und Lehrerinnen heutzutage ist, so können sie nicht nachvollziehen, wie er sich in meinem Beruf anfühlt. Deshalb reden Lehrer mit Lehrern und Journalisten mit Journalisten. Doch es geht nicht nur um die Tatsache, beruflichen Druck ablassen zu können. Auch rein betriebswirtschaftlich sind Office-BFF eine gute Sache, denn sie steigern die Loyalität im Team. Und die führt dazu, dass insgesamt die Produktivität steigt. Auch Arbeitgeber sollten deshalb ein Interesse daran haben, Freundschaften im Team zu fördern.
„Arbeitgeber sollten ein Interesse daran haben, Freundschaften im Team zu fördern.“
Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup hat die Wirkung von Freundschaften im Arbeitsumfeld untersucht und wiederholt festgestellt, dass sich eine konkrete Verbindung zwischen guten Beziehungen unter Kollegen und der Mühe, die sie sich im Job geben, nachweisen lässt. Freunde auf der Arbeit zu haben, führe zu besseren Leistungen, resümiert Gallup. Durch die Verbundenheit der Mitarbeiter mit ihrem Team würden sich die Kollegen stärker untereinander engagieren. Ich erinnere mich noch gut daran, dass Konstantin mal nach Feierabend einige meiner wichtigen E-Mails beantwortet hat, weil mich eine Erkältung komplett niederstreckte. Oder wie Jasmin meine Anrufe auf ihren Apparat umstellte, weil ich mal ein paar Stunden ohne Unterbrechung an einer Auswertung arbeiten wollte. Sie taten es von sich aus und gleiches tat ich für sie. Sich so aufeinander verlassen zu können, ist ein gutes Gefühl. Niemand wurde zurückgelassen.
Menschen wünschen sich, dass ihre Arbeit mehr ist, als nur Geld zu verdienen und es am Wochenende auszugeben. Und auch wer im Job keine tiefergehenden Beziehungen pflegt, kann sich unter Umständen schnell isoliert und nicht ausgefüllt fühlen. Sicherlich, wie im Privatleben können auch Freundschaften im Arbeitsalltag ihre Höhen und Tiefen haben. Und klar ist auch, dass sie auseinandergehen können. Selbst die liebevollste Beziehung kann nach einer Trennung ziemlich schlimme Wendungen annehmen. Das hängt aber auch und vor allem von den Gründen ab, die sie zum Scheitern brachte. Wer sich immer respektiert und unterstützt hat, geht meist im Guten auseinander. Deshalb meine ich: Wer kein Arschloch ist, kann von einem Konstantin und einer Jasmin im Arbeitsleben nur profitieren – und in jedem Fall gebührt ihnen großer Dank!