Für CO2-neutrale Kraftstoffe: MIT-Team verbessert Photosynthese eines künstlichen Blatts

Wenn der neu entwickelte Prozess Kohlendioxid verwendet wird, das der Luft oder Kraftwerken entzogen wird, könnten die entstehenden Kraftstoffe CO₂-neutral sein, so die Idee der Forscher:innen. (Foto: nata-lunata / Shutterstock)
Seit vielen Jahren arbeiten Forschende daran, künstliche Blätter zu entwickeln, die die Photosynthese nachahmen können. Dabei generieren die natürlichen Vorbilder mithilfe ihrer Chloroplasten, Sonnenlicht und Wasser ihre eigene Energie, in Form von Zucker und Sauerstoff. Künstliche Entwicklungen sollen gleichfalls aus Sonnenlicht und Wasser ihre eigene Energie herstellen, in Form von Sauerstoff und Wasserstoff. Diese Energieträger sind für uns Menschen besonders relevant, etwa als Kraftstoffe für Autos oder zur Stromerzeugung.
Doch dieser Prozess soll ein Upgrade bekommen: Ein Team aus Wissenschaftler:innen des MIT will den Prozess so verbessern, dass dabei Kohlenwasserstoffe entstehen. Das könnte zu Kraftstoffen, Chemikalien und Kunststoffen mit noch höherer Energiedichte führen. Die neue Methode soll außerdem kostengünstiger und sauberer als bisherige Prozesse sein. Das Team hat jetzt gezeigt, dass seine Entwicklung Ethylen und Ethan produziert, die beide zu Kohlenwasserstoffen zählen.
Künstliches Blatt mit besonderem Katalysator
Wie andere künstliche Blätter nutzt auch das System des MIT-Teams die Energie der Sonne, um chemische Produkte zu erzeugen. Die Herstellung von Kohlenwasserstoffen ist jedoch komplizierter als die Erzeugung von Wasserstoff, da der Prozess mehr Energie erfordert. Um dieses Kunststück zu vollbringen, haben die Forschenden Neues hervorgebracht, wie sie in ihrer Veröffentlichung im Fachjournal Nature Catalysis beschreiben: einen speziellen Katalysator, der aus winzigen blütenartigen Kupferstrukturen besteht. Diese hat Co-Autor Peidong Yang in seinem Labor an der University of California in Berkeley hergestellt.
Auf einer Seite des Geräts sammelten sich Elektronen auf den Oberflächen dieser Nano-Blüten. Diese Elektronen wurden dann verwendet, um Kohlendioxid und Wasser in eine Reihe von Molekülen umzuwandeln, darunter Ethylen und Ethan, Kohlenwasserstoffe, die jeweils zwei Kohlenstoffatome enthalten. Diese Nano-Blüten-Strukturen sind anpassbar und können so eingestellt werden, dass sie eine Vielzahl von Molekülen produzieren. „Je nach Nanostruktur des Kupferkatalysators kann man ganz unterschiedliche Produkte erhalten”, erklärt der Forschungsleiter Virgil Andrei.
Auf der anderen Seite des Geräts entwickelte das Team eine energieeffizientere Methode zur Gewinnung von Elektronen, indem es lichtabsorbierende Silizium-Nanodrähte zur Verarbeitung von Glycerin anstelle von Wasser, das üblicherweise verwendet wird, einsetzte. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass der glycerinbasierte Prozess nützliche Verbindungen wie Glycerat, Lactat und Acetat produzieren kann. Diese Verbindungen könnten für die Verwendung in der Kosmetik- und Pharmaindustrie gewonnen werden.
Das Ziel: CO₂-neutrale Kraftstoffe
Für Andrei besteht das ultimative Ziel darin, mit dieser Technologie Kraftstoffe herzustellen, die nach der Verbrennung keinen schädlichen CO₂-Fußabdruck hinterlassen. Wenn für den Prozess Kohlendioxid verwendet wird, das der Luft oder Kraftwerken entzogen wird, könnten die entstehenden Kraftstoffe CO₂-neutral sein. So könnte die Notwendigkeit verringert werden, weiterhin fossile Brennstoffe abzubauen. „Letztendlich wollen wir in der Lage sein, Kohlendioxid zu gewinnen, um die Kraftstoffe und Chemikalien herzustellen, die wir für die Industrie und den Alltag benötigen. Am Ende ahmt man den natürlichen Kohlenstoffkreislauf nach, sodass man keine zusätzlichen fossilen Ressourcen benötigt“, so Andrei.
Unternehmen stellen seit fast einem Jahrhundert synthetische Kraftstoffe her, indem sie Kohlenmonoxid (das aus Kohlendioxid gewonnen werden kann) und Wasserstoff bei hohen Temperaturen kombinieren. Die Hoffnung ist jedoch, dass künstliche Blätter schließlich eine ähnliche Art von Synthese auf nachhaltigere und effizientere Weise durchführen können, indem sie die Kraft der Sonne nutzen.
Ein erster Schritt mit langem Weg voraus
Auch wenn das Versuchsverfahren funktioniert hat, ist dieser Schritt nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zur Schaffung einer kommerziell nutzbaren Kraftstoffquelle. „Diese Forschung zeigt, dass dieses Konzept funktionieren kann“, sagt Yanwei Lum, Assistenzprofessor für Chemie und Biomolekulartechnik an der National University of Singapore. Aber, fügt er hinzu, „die Leistung ist für praktische Anwendungen noch nicht ausreichend. Es ist noch nicht soweit.“
Laut Andrei muss die Entwicklung deutlich langlebiger und effizienter sein, um für die Kraftstoffproduktion eingesetzt werden zu können. Aber die Arbeit geht in die richtige Richtung. „Wir haben diese Fortschritte erzielt, weil wir uns unkonventionellere Konzepte und modernste Techniken angesehen haben, die eigentlich nicht verfügbar waren“, sagt er. „Ich bin ziemlich optimistisch, dass diese Technologie in den nächsten fünf bis zehn Jahren auf den Markt kommen könnte.”