Gegen Zweifel bei Nutzern: Wie du deine Website vertrauenswürdig gestaltest
Vertrauen ist ein zartes Pflänzchen
Wer erinnert sich nicht an den alten Werbeslogan der Deutschen Bank, der da lautete: „Vertrauen ist der Anfang von allem“? Abgesehen davon, dass der Spruch im Banken-Kontext und im Wissen all dessen, was in den letzten Jahren dort passiert ist, eher merkwürdig anmutet, wird man ihm im Allgemeinen nicht widersprechen wollen.
Wir brauchen uns nur im näheren und weiteren Bekanntenkreis umzuschauen: Vertrauen ist die Basis, das Fundament. Personen, zu denen wir kein Vertrauen aufbauen können, erzielen keine Effekte in unserem Leben, während wir Personen, denen wir vertrauen, fast blind glauben, was immer sie uns sagen.
Dabei ist Vertrauen ein sehr zerbrechliches Gut. Stellt sich nämlich heraus, dass uns eine Person, der wir vertraut haben, offensichtlich belogen hat, schlägt das vormalige Vertrauen in Misstrauen um, aus dem sich die in Ungnade gefallene Person nur noch schwer befreien kann.
Vertrauen im Web
Übersetzen wir dieses Bild nun auf unsere Webpräsenzen, wird schnell deutlich, dass auch hier prinzipiell die gleichen Mechanismen gelten. Nur ist der Grat, auf dem zwischen Vertrauen und Misstrauen entschieden wird, weitaus schmaler.
„Findige“ Geschäftsleute, seltsame SEOs und andere Netzbewohner haben es in den vergangenen 20 Jahren geschafft, dass sich Misstrauen gegenüber Websites als Grundhaltung des Durchschnittsbesuchers durchgesetzt hat.
Nachdem die Bereitschaft des Besuchers, euren Websites zu misstrauen, weitaus höher ist, als die Bereitschaft, einen gewissen Vertrauensvorschuss zu geben, seid ihr gezwungen, einem unberechtigt schlechten Ruf direkt aus der Defensive heraus entgegen zu treten.
Jeder kleine Fehler wird zu euren Lasten ausgelegt werden. Ihr müsst also versuchen, eine nahezu perfekte Webpräsenz aufzubauen. Wie die Nielsen Norman Group bereits 2011 herausfand, entscheidet sich innerhalb der ersten 10 bis 20 Sekunden, ob euer Besucher länger bleiben wird oder direkt weiter surft.
Im Rahmen der gleichen Untersuchung wurde deutlich, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Besucher sogar mehrere Minuten auf der Seite verbringen wird, steigt, wenn die ersten 30 Sekunden ohne Absprung überstanden wurden. Man kann also sagen, dass euer Besucher umso länger bleibt, je länger er bereits geblieben ist. Das ergibt schon rein logisch einen Sinn. Die Nielsen Norman Groupe erklärt diesen Effekt, der als „Negative Aging“ bezeichnet wird, im bereits verlinkten Beitrag genauer.
Lange Besuchszeiten sind der heilige Gral eines jeden Internet-Business. Egal, ob es sich um einen Onlineshop handelt, bei dem die Wahrscheinlichkeit, dass ein Interessent doch noch zum Kunden wird, mit der Bleibedauer steigt, oder ob es sich um ein Onlinemagazin handelt, bei dem die reine Zahl der Seitenbesuche die Monetarisierung sichert, oder eine andere Form des Nutzer-Engagements angestrebt wird – generell bedeuten längere Besuchszeiten höheren wirtschaftlichen Erfolg.
Welche Aspekte eurer Webpräsenz solltet ihr nun besonders ins Auge fassen, wenn es darum geht, das Vertrauen eurer Besucher zu erlangen und zu erhalten?
Achte auf das Design
Über 20 Jahre nach der Erfindung des Web verzeiht kein Besucher mehr unprofessionell gestaltete Websites. Schlimmer noch: Jeder oder wenigstens nahezu jeder Besucher erkennt auch unprofessionelles Design. Das ist deshalb einfach, weil besonders die großen Dienste sich gern als Vorreiter zeitgemäßer Gestaltung positionieren und mit ihren Services nicht nur Trends, sondern meist auch Best Practises setzen.
Es gilt aber nicht nur, das Design in zeitgemäßer Schönheit erstrahlen zu lassen. Auch die anderen Aspekte guten Designs dürfen nicht vernachlässigt werden. Besonders das Thema Informationsarchitektur spielt hier eine bedeutende Rolle. Wenn der Besucher nicht mit ganz wenigen Klicks findet, wonach er sucht, wird er verschwinden und sein Glück woanders versuchen.
Heutiges Design bietet nur das, was zum Erreichen des definierten Zieles (Definiert eines!) erforderlich ist. Während früher gerne nach dem Motto „im Web ist ja Platz“ fröhlich gestopft wurde, beschränken wir uns heute auf das absolut Notwendige.
Design umfasst auch Themen wie das Vermeiden oder Beseitigen von Kompatibilitätsproblemen und anderes Unbill.
Achte auf den Inhalt
Es gibt Kunden, die haben den Content für ihre Website in „mühevoller“ Kleinarbeit ergooglet und dann zum Einbau als Word-Dokument gespeichert. So geht es nicht. Nicht nur, dass wir uns auf diese Weise der Urheberrechtsverletzung schuldig machen, wir beleidigen damit auch unsere Besucher. Sind sie es nicht mal wert, dass wir für sie ordentliche, unabhängige Inhalte erstellen?
Natürlich ist es schwierig für einen Klobürstenproduzenten, nutzwertige Inhalte zu seinen Produkten zu erstellen. Wenn wir aber außerhalb der Box denken, fällt uns selbst in diesem Fall noch etwas ein. So empfiehlt sich für einen Klobürstenhersteller beispielsweise ein angegliederter Corporate Blog, in dem auf humorvolle Weise an das Thema herangegangen würde. Wer erfand die Klobürste? Wozu diente sie ursprünglich? Welches Material eignet sich besonders für den strapaziösen Einsatzzweck? Und das sind nur die Themen, die einem spontan einfallen.
Wichtig bei der Inhaltsgenerierung ist, dass wir uns nicht auf uns und unser Produkt fokussieren, sondern den Besucher, den Leser des Ganzen in den Mittelpunkt stellen. Als Maxime kann uns der alte Marketingspruch „die Menschen wollen keine Bohrmaschinen, sie wollen Löcher in der Wand” helfen.
Nutzwertige, interessante, spannende oder lustige Inhalte, die der Wettbewerb so nicht bietet, können uns in der Gunst der potenziellen Kunden einen unschätzbaren Vorteil verschaffen. In jedem Fall sollte der Inhalt sorgfältig recherchiert und nachprüfbar korrekt sein. Falsche Tatsachenbehauptungen, egal ob es dabei um Zahlen oder andere Fakten geht, müssen unbedingt vermieden werden. Denn solche Fehler wirken wie das weiter oben bereits beschriebene Lügen einer vormaligen Vertrauensperson.
Achte auf dein Netzwerk
Der Mensch ist ein sozial lebendes Wesen. Ohne die Einordnung in Gruppen verschiedenster Art, kann er nicht funktionieren. Das bezieht Regionen, Kulturkreise und andere definierende Faktoren mit ein. Für jeden Aspekt des Lebens, in dem wir selbst nicht unmittelbar fit für eine fundierte Entscheidung sind, benötigen wir andere Menschen, die es sind und uns Orientierung bieten können.
Wir sollten daher nicht glauben, dass wir unsere Websites als einsame Inseln im World Wide Web betreiben und dennoch Erfolg damit haben könnten. Vielmehr ist es wichtig, zu zeigen, an welcher Stelle wir einzuordnen sind und wie sich das im Gefüge auswirkt.
Deshalb verwenden wir Referenzkunden, um unsere herausragende Produktqualität zu bestätigen, weisen auf die vielen unabhängigen Auszeichnungen hin, die wir schon bekommen haben, und scheuen uns schon gar nicht davor, uns den sozialen Medien und Bewertungsplattformen zu öffnen.
Verzichte auf Anonymität
Wo wir gerade beim Thema soziale Medien sind, scheint es sinnvoll, den Punkt der Anonymität hier zu nennen. Wenn wir uns den sozialen Medien öffnen, kommen wir ohnehin nicht unerkannt davon. Deshalb sollten wir das gar nicht erst versuchen.
Soziale Lebewesen interagieren lieber mit Personen, die sie zu kennen glauben. Diesen Aspekt müssen wir im Web natürlich nicht übertreiben, aber wenigstens sollten wir auf folgende Dinge achten:
Besucher müssen uns unkompliziert kontaktieren können. Da reicht die – ohnehin vorgeschriebene – vollständige Adresse nicht aus. Wenn es telefonische oder E-Mail-Kontaktmöglichkeiten gibt, sollten diese möglichst auf Personenebene kommuniziert werden und nicht bloß als Sammel-Container, wie etwa kontakt@diefirma.de, angelegt sein.
Erstrebenswert ist es zudem, wenn Seitenbetreiber auch außerhalb ihrer eigenen Seite sichtbar werden und sich etwa an Diskussionen in den sozialen Netzwerken beteiligen oder persönlich helfend tätig werden.
Achte auf die Technik
Wenn wir alle bisher genannten Aspekte beachtet haben, sind wir schon nahe dran, das Vertrauen unserer Besucher zu gewinnen. Wenn unsere Seite nun aber auf dem billigsten Webspace mit Tausenden anderer Websites läuft, wird uns das wenig nutzen. Denn dann haben wir nicht die Voraussetzung geschaffen, auch technisch als solide und vertrauenerweckend zu erscheinen.
Eine sorgsam ausgewählte technische Basis für unsere Website bietet die Grundlage für wichtige Features, auf die wir heutzutage nicht mehr verzichten können.
Verlangen wir von unseren Besuchern an der ein oder anderen Stelle sensible Informationen, so ist die SSL-Verschlüsselung der Übertragung Pflicht. Google freut sich unabhängig von der Frage, ob sensible Daten übertragen werden, über jede verschlüsselt kommunizierende Website. Inwieweit sich das positiv aufs Ranking auswirkt, muss beobachtet werden.
Was sich aber definitiv aufs Ranking auswirkt, ist die Geschwindigkeit einer Website. Auch wenn es hier in erster Linie auf die Optimierung eurer Webseiten an sich ankommt, ist doch ein zu klein dimensioniert gewählter Webhoster ein unnötiger Hemmschuh, der sich nicht ohne weiteres ändern lässt.
Fazit: Vertrauen aufzubauen ist viel Arbeit
Alles, was sich zu haben lohnt, fällt einem nicht einfach so in den Schoß. So verwundert es nicht, dass das Aufbauen von Vertrauen in eure Websites Arbeit ist – gute, echte handwerkliche Tätigkeit. Ein ordentliches Maß an Fleiß kann dabei nicht schaden. Lasst euch also von der alten Väter Werte in den Erfolg des neuen Jahrtausends leiten. Pathetisch, oder?
Quellen zum Weiterlesen:
- How Long Do Users Stay on Web Pages? | Jakob Nielsen
- 5 Steps to Making Sure Your Users Trust Your Website | Speckyboy Magazine
- Sicher ist sicher: Warum HTTPS für deine Website sinnvoll ist | Dr. Web
Schon seltsam, bleibe ich in letzter Zeit an einem Artikel in der T3N hängen, dann ist er mit großer Wahrscheinlichkeit von Dieter Petereit. Aus der Praxis, souverän geschrieben, mit fundiertem Fachwissen unterfüttert und mit einer leicht humorvollen Note. Liebe Damen und Herren der Redaktion, lassen sie sich gern von ihrem Gastautoren inspirieren.
Danke für die Blumen.
Fundiert stimmt schon. Blinkende Websites pauschal als nicht-vertrauenswürdig einzustufen dürfte der notwendigen Polarisierung geschuldet sein. Aus meiner Perspektive sieht es so aus, dass Webseiten in Zukunft wieder mehr Effekte einbringen dürften und das Medium Web wieder erstarkt. Wurde auch Zeit. Wir hatten ja seit 2007 eine Hungerperiode.
Nun Ihre Sicht auf die Dinge ist schon sehr spannend. Seit 2007 eine Hungerperiode? Ich unterstelle jetzt mal, dass diese im Zuge der Erkenntnis einsetzte, dass Flash wohl doch nicht die perfekte Lösung fürs Web wäre. Nein, da kann ich Ihnen nicht zustimmen. Das „Wiederstarken“ von Bling, Bling überlasse ich gern Webdesign Randbereichen wie dem Brutalism Trend. Beim Rest genieße ich gerade genau die langsam reifende Erkenntnis, dass Webdesign, wie jede andere Designsparte auch, sich dem Fakt beugen muß, dass es mit ein wenig Konfetti und Verpackung nicht getan ist.
Das Flash nicht das richtige Tool für das Web war möchte ich auch nicht bestreiten. (Merkwürdigerweise setzen aber viele Webseiten immer noch SWF-Dateien zum Tracking ein. Böses, böses Flash.)
Leider war die Technologie für tot erklärt aber eine noch nicht fertig. Schaut man sich aber etwas um sieht man hier und da positive Entwicklungen im Bereich Animation. Gerade im Bereich Produkt-Seiten und Micro Sites bedarf es besserer Animationen und gerne auch etwas Bling-Bling. Für größere, seriöse Webseiten ist das nicht der richtige Weg als tragende, vertrauensbildende Maßnahme. Letztendlich sind Animationen aber die Körpersprache der Kommunikation und für den UX entscheidend. Das sieht man auch schon an den ganzen Micro-Interactions auf „normalen“ Webseiten.
Das mit dem Konfetti sehe ich auch so. Ich find’s nur schade, dass jüngere Web-Designer / Web-Entwickler heute keinen Dunst mehr von dem Konfetti haben, welches wir damals um uns geworfen haben. Da wird grade viel neu erfunden was es „damals“ schon gab.