Gender-Marketing: Sind Frauen und Männer eigenständige Zielgruppen?

Gender-Marketing. (Foto: © Mopic – Fotolia)
Gender-Commerce beschreibt den Optimierungsprozess von Online-Shops bezüglich einer geschlechts-adäquaten Aufbereitung von Design und Usability. Wissenschaftliche Arbeiten wie die der Universität Linz belegen gravierende geschlechterspezifische Unterschiede im Konsumverhalten beziehungsweise in der Informationsverarbeitung. Für den E-Commerce bedeutet das, dass Nutzerführung und Produktpräsentationen im Online-Shop den Präferenzen von Frauen und Männern gemäß angepasst werden sollten.
Gender-Marketing basiert im Gegensatz zu soziologischen Gender-Studies auf der Erkenntnis, dass bei Konsumenten durchaus geschlechtsspezifische Vorlieben und Verhaltenstendenzen festzustellen sind. Das Konzept Gender-Marketing greift dabei typische Rollenmuster auf und unterscheidet Frauen und Männer in eigene Zielgruppen.
Wie differenziert sind die beiden Zielgruppen?
Frauen unterscheiden sich auch im Kaufentscheidungsprozess von Männern – zu dieser Erkenntnis kam die amerikanische Marketing-Expertin Marti Barletta. Zuallererst lässt sich festhalten, dass Frauen dem Erlebnis Einkaufen eine wesentlich größere Bedeutung als Männer zuweisen – Barletta umschreibt dies mit der These „Men are buyers, Women shoppers“. Der Prozentanteil bei Männern, die angeben, „gerne einkaufen zu gehen“ ist deutlich geringer als bei Frauen. Eine Veröffentlichung der ESB Business School Reutlingen listet weitere Unterschiede:
- 65 Prozent der Männer kaufen nach Anprobe das Produkt, bei Frauen sind es nur 25 Prozent
- Männer konzentrieren sich in Verkaufsgesprächen zu 70 Prozent auf das Produkt, aber nur zu 30 Prozent auf den Verkäufer, bei Frauen ist es umgekehrt
- Männer gehen in den meisten Fällen mit einer konkreten Kaufabsicht in das Geschäft
- Frauen wollen stöbern und vergleichen
Für Frauen ist der Kaufentscheidungsprozess also weitaus komplexer. Eine Grafik veranschaulicht dies im Allgemeinen:

Entscheidungsprozesse beim Einkaufen von Männern und Frauen. (Foto: © VOTUM GmbH – nach Barletta (2006))
Die Infografik verdeutlicht, dass Männer linear entscheiden und sich mit einer effizienten und guten Lösung zufriedengeben. Sie kaufen meist nur bei Bedarf und legen Wert auf Fakten, um schnell eine Entscheidung treffen zu können.
Bei Frauen ist der Prozess weit vielschichtiger. Ihr Informationsprozess ist geprägt von Alternativsuchen und einer ständigen Prüfung der Auswahlkriterien – auch Ratschläge von Freundinnen und Bekannten fließen in die Entscheidungsfindung mit ein. Es ist daher möglich, dass Frauen die einzelnen Phasen dieses Prozesses mehrmals durchlaufen (siehe Grafik). Für Frauen sind Inspiration beim Stöbern sowie eine große Auswahl an unterschiedlichen Produkten wichtig, um anschließend die „perfekte Lösung“ (Auswahl aus mehreren guten Lösungen) zu finden.
Nach Angaben des Wirtschaftsspezialisten Wolfgang von Hagen existieren allgemein folgende (stereotype) Präferenzen der beiden Geschlechter:

Stereotypisch betrachtet bevorzugen Frauen Ästhetik und Gestaltung – Männer hingegen technische Innovationen. (Grafik: © VOTUM GmbH)
So punktest du mit geschlechterspezifischer Gestaltung im E-Commerce
Auch Online-Shop-Betreiber können sich die Erkenntnisse des Gender-Commerce zunutze machen. Mit gezielter Kundenansprache lassen sich mehr Umsätze erzielen – Shops für Frauen sollten auf andere Konzepte und Designs setzen als solche, die sich an Männer richten. Durch die unterschiedlichen Präferenzen von Männern und Frauen ergeben sich folgende Empfehlungen für eine zielgruppenrelevante Gestaltung des Online-Shops:
E-Commerce-Plattformen für Frauen:
- lebendige Farben, Muster, ausgefallene Typografien und runde Formen
- Herausstellung der Ästhetik von Produkten (z. B. virtuelle Kleiderpuppe)
- Beratungsangebote (z. B. Live-Chat)
- Kundenmeinungen, Testimonials und Storys rund ums Produkt
- persönliche Ansprache und ausführliche Beschreibungen
- Scroll-Pages, um Stöbern zu ermöglichen
- Close-Ups von Produktfotos (Materialstruktur, Farbkombinationen usw.)
E-Commerce-Plattformen für Männer:
- dunkle Farbtöne wie Marineblau und dynamische Formen (Pfeile usw.)
- nüchterne Darstellung von Produkten
- direkte Beschreibung der Produkteigenschaften
- Animationen und 3D-Darstellungen (ausgeprägtes, räumliches Vorstellungsvermögen bei Männern)
- Angebots- und Produktvergleiche auf Faktenbasis
- Expertenwissen
- Filter und Suchfunktionen
Beispiel für eine Website, die sich eher an Frauen richtet:

Der Online-Shop von ITEM m6 verkauft hochwertige Legwear-Produkte. Interessante Features wie z.B. Stoff-Finder und Kundenzitate informieren Besucherinnen über das Produkt. (© Screenshot: item-m6.de)
Beispiel für eine Website, die sich eher an Männer richtet:

Großzügige Produktpräsentationen und technische Details stehen beim Werkzeugshop betriebsaustatter24 im Fokus. (Screenshot: betriebsausstatter24.de)
Frauen und Männer unterscheiden sich in ihrem Kaufentscheidungsprozess. Wer sich seiner Zielgruppe bewusst ist, kann mit einer konzeptionellen Ausrichtung auf das jeweilige Geschlecht wertvolle Conversions erzielen. Eine den Konsumvorlieben entsprechend aufbereitete Produktwelt unterstützt die Kundenbindung und kann zusätzliche Umsätze generieren. Wie die Branche mit den neuesten Erkenntnissen des Gender Commerce umgeht, bleibt abzuwarten – zumal in E-Commerce und Marketing wichtige Positionen von Männern bekleidet werden.
Literatur: Marti Barletta – Marketing to Women: How to Understand, Reach, and Increase Your Share of the World’s Largest Market Segment Kaplan Verlag 2006.
Als Frau empfinde ich so eine Frage rückwärtsgewandt. Menschen sind unterschiedlich und Frauen lassen sich genauso wenig wie Männer über einen Kamm scheren.
Marketing ist produktabhängig. Natürlich wird eine Frau bei Kosmetika oder Schuhe *lach* anders angesprochen.
Spätestens bei der Technik hört das auf. Ich käme mir blöde vor, wenn mir ein PC anders schmackhaft gemacht werden soll als einem Mann.
Ich finde, dass man Frauen und Männern keinen Gefallen tut, wenn man sie ständig auseinander dividiert, statt einen gemeinsamen Nenner zu suchen.
Man tut Männern und Frauen vielleicht keinen Gefallen, den Conversion-Rates allerdings schon.
Und auch beim Newsletter wäre es manchmal für Verkäufer und Konsument nicht unvorteilhaft zu „gendern“.
Ich persönlich erhalte regelmäßig einen Newsletter eines renommierten deutschen Kleidungskonzerns mit aktuellen angeboten.
Wenn in dem Newsletter – wie es öfter vorkommt – nur Kleidung für Frauen angeboten wird komm ich mir ein bisschen veräppelt vor.
Die Wurzeln von Female Commerce gehen dabei natürlich noch viel tiefer. So braucht ein Female-optimierter Shop am besten gleich einen angebundenen Blog, der die einzelnen Produkte in ihrer Gänze vorstellt – User-Generated-Content quasi. Für die Perfektion wäre ein Youtube-Kanal natürlich noch besser.
Auch auf die Auswahl der Social-Media-Kanäle sollte man achten. Hier scheint sich ja die Prämisse durchgesetzt zu haben, dass Twitter für Männer und Pinterest, dank Infinite Scrolling und großen Bildern, eher für Frauen geeignet ist.
Frau Diana Averdiek-Versteege zeigt mit ihrem Projekt SHEcommerce übrigens sehr anschaulich, wie Female Commerce erfolgreich umgesetzt werden kann.
„Sind Frauen und Männer eigenständige Zielgruppen?“
Jede Person ist ein(e) (eigene) Ziel(gruppe)!
Alle definierten Teilzielgruppen auf dem Weg dahin sind nur bisherige Notwendigkeit, bis der gläserne Mensch Wirklichkeit geworden ist.
Bei allem Respekt, sicher gibt es Unterschiede, das sollte jeder Marketer wissen. Aber das sind doch nun „neue Erkenntnisse“ aus der Mottenkiste, ein alter Hut, und hat bei Befragungen die Marktforschertruppe die Selbstbekundungen befragter Männer hinterfragt oder einfach für bare Münze genommen? Wenn Männer anhand von Sachargumenten entscheiden, frage ich mich, warum all die Vertriebsmitarbeiter so vieler großer Unternehmen ihre (Fach)Kunden primär über persönliche Beziehungen und „Kundenbindungsmaßnahmen“ wie Einladungen zu Events und „Incentives“ bearbeiten statt mit Argumenten zur Geschäftssteigerung?
Man sind Eure Überschriften beschissen geworden! Sorry, echt.
Der Artikel ist ganz ok, wenn auch nichts überraschendes drin steht.
Aber die Überschrift ist echt Peinlich! Das könnt Ihr besser .. hoffe ich.
Gruß,
ein treuer, aber enttäuschter Leser
Interessanter artikel, der eigentlich ganz selbstverständliches sagt. Klar ist „Gender Marketing“ sinnvoll. Und ein herrlich polarisierender Begriff, der den Gendertheoretikern das Blut gefrieren lässt, dazu. Dabei ist es so einfach wie nachvollziehbar. Zumindest für alle, die B2B nicht mit B2C verwechseln und Incentives nicht mit Online-Shops. Die tausenden Online-Shops, die nur für Frauen konzipiert und designt sind, sprächen Bände.
Wie Nico Saborowski schon richtig erwähnt: Twitter for guys, Pinterest for girls. Is‘ so.
Wie