Wegen der Coronapandemie hatten sich die Verantwortlichen des Inverness Caledonian Thistle FC aus Schottland dazu entschieden, ihre Spiele live aus dem Stadion zu streamen. Um so wenig Personen wie möglich einem Kontaktrisiko auszusetzen, soll dabei auf den Kameramann verzichtet werden. Stattdessen kommt eine Kamera mit einer künstlichen Intelligenz (KI) zum Einsatz.
KI-Kamera mit seltsamer Vorliebe für den Linienrichter
Diese KI ist auf die Erkennung des Balles trainiert und hätte insofern eigentlich stets den Bewegungen des Balles folgen und die Übertragung dadurch interessant halten sollen. Wie das folgende Video eines Spiels von Ende Oktober zeigt, gelingt das in sehr vielen Szenen nicht.
Statt dem Ball zu folgen, folgt die Kamera lieber den Bewegungen des Linienrichters, der – durch den prallen Sonnenschein gut beleuchtet – am Spielfeldrand auf und ab schreitet. Was wie eine Schwärmerei der Kameraführung wirkt, hat eine ganz einfache technische Erklärung.
Glatzkopf wirkt balliger als der Ball
Der Linienrichter trägt nämlich Glatze. Zudem ist er sehr hellhäutig, sodass das Sonnenlicht optimal reflektiert wird. Ebenso stimmt die Größe des Kopfes mit der des Balles nahezu perfekt überein. Der starke Kontrast der weißen Glatze zum schwarzen Linienrichter-Dress dürfte sein Übriges tun.
Ergebnis: Die KI der Kamera hält den Kopf des Linienrichters für den Ball. Bei näherem Hinsehen kann man es der KI nicht einmal verübeln. Tatsächlich ist der Kopf des Linienrichters deutlich besser zu erkennen als der Ball selbst.
Dem Hersteller des automatischen Kamerasystems, der Firma Pixellot, dürften solche Ausfälle nicht gefallen. Auch die Zuschauer des Spiels zeigten sich zwar belustigt, aber nicht begeistert. Der Kommentator des Spiels sah sich bisweilen genötigt, sich für die schlechte Kameraführung ausdrücklich zu entschuldigen.
KI nur so gut wie ihr Training
Dieses kuriose Beispiel zeigt erneut die Grenzen aktueller KI-Implementationen. Die Systeme sind starr in ihrer Definition und nicht in der Lage, eigene Einordnungen zu treffen. Im Inverness-Beispiel wäre kein Mensch je auf die Idee gekommen, den Glatzkopf des Linienrichters für den Ball zu halten. Die KI tat es bedenkenlos. Das ist in diesem Fall lustig. In anderen Einsatzbereichen kann es gefährlich sein.