Schon im vergangenen Jahr hatte Google angekündigt, man werde in Zukunft ein Girokonto in Kooperation mit einer oder mehreren Banken anbieten. Jetzt wird klar, dass die Pläne Googles, den Zahlungsdienst Google Pay „aufzubohren“ sogar noch ein ganzes Stück weiter gehen könnten. Zunächst sind dies erst einmal nur Pläne, die für die USA gelten, doch das Adaptieren auf deutsche oder europäische Verhältnisse könnte noch deutlich einfacher sein, weil hier (etwas vereinfacht gesagt) eine Banklizenz für den gesamten europäischen Währungsraum ausreichen könnte, während in den USA das Bankwesen deutlich kleinteiliger organisiert ist (und es somit oftmals nicht so einfach ist, überregionale Produkte zu launchen).
Google setzt dabei nicht auf eine eigene Banklizenz, sondern arbeitet – ähnlich wie Apple mit der Apple Card – mit anderen Banken zusammen. Im Falle von Google Pay werden dies insgesamt acht Institute sein, von denen man hierzulande vor allem die Citibank kennt (hinzu kommen die Stanford Federal Credit Union, Bank Mobile, die BBVA USA, BMO Harris, Coastal Community Bank sowie die First Independence Bank und SEFCU).
Das Produkt soll vollständig digital sein, dabei neben den üblichen Funktionen einer Payment-App auch Überweisungen, die in den USA noch verbreiteteren Scheckeinlösungen sowie umfangreiche finanzielle Auswertungen ermöglichen. Eine physische Karte dürfte hier insbesondere aufgrund der Google-Pay-Funktionalität via Smartphone nicht vonnöten sein. Was an zusätzlichen Services im Kontext der App geplant ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, aber es könnte gut sein, dass Google hier ein umfangreicheres Ökosystem rund ums Thema Geld vorschwebt.
Google stellt Geschäftsmodell der Banken in Frage
Ein Angriff auf die etablierten Banken ist das auf jeden Fall, weil Google hier mehr als nur ein Technologiepartner sein dürfte. Durch die Sicherheit der Banken (und den dahinterstehenden Sicherungsfonds) bekommt das Produkt zudem einen gewissen Ritterschlag und das Vertrauen seitens der Kunden. Und die Banken bekommen (auch gegenüber den durchaus fintech-affineren Kunden) ein hohes Maß an Usability, neuen Ideen und einfachen Workflows via App.
Nach Informationen des IT-Finanzmagazins basiere ein Teil des Deals auch darauf, das Google-Know-how zum Aufbau von hochskalierbaren, sicheren IT-Strukturen zu nutzen. Die Partnerbanken setzen somit bei ihren Kernbankensystemen künftig auf zusätzliche Ressourcen aus der Google-Cloud und bekommen technische Unterstützung bei der Realisierung dieses Projektes. Google wiederum, so heißt es, steuere Technologie-Know-how in der Entwicklung eines ansprechenden Frontends für die Banking-Funktionen bei.
Für Deutschland (und in gewisser Weise auch für den gesamten EU-Raum) wird die Attraktivität für Google aber noch von einem weiteren Thema abhängen: den Möglichkeiten, die sich aus der Datenauswertung ergeben. Denn dieser Teil des Geschäfts dürfte insbesondere für Googles wertvoll sein, um die finanziellen Möglichkeiten des Kunden besser zu erforschen.
Für die Banken, die jetzt Google oder andere Digitalkonzerne als Technologiepartner mit an Bord nehmen (wer auch immer zum jetzigen Zeitpunkt der Steuermann ist) könnte das in Zukunft schwierig werden: denn sie verdienen ihr Geld mit so traditionellen Dingen wie Bankgebühren, Interchange-Fees und bestenfalls Kickbacks oder generierten Leads. Wenn Unternehmen wie Google, Amazon oder Apple aber durch die Kenntnis der Kundendaten einen geldwerten Vorteil ziehen, wird das eine jahrhundertealte Branche nachhaltig verändern.
Tobias Weidemann
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