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Staatliche Gesundheitsinformationen bei Google: Verleger sehen Pressefreiheit verletzt

Das Gesundheitsministerium hatte mit Google vereinbart, dass Suchen zu Gesundheitsthemen bevorzugt aus dem neuen nationalen Gesundheitsportal bedient werden. Das findet nicht jeder gut.

2 Min. Lesezeit
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Minister Jens Spahns Google-Kooperation steht in der Kritik. (Foto: Shutterstock)

Bei der Ankündigung hatte es ganz unverfänglich geklungen. Neue Knowledge-Panels würden nun eingeführt, hieß es aus dem Hause Google. Die wären gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium unter Minister Jens Spahn (CDU) entwickelt worden.

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Ziel der Panels sei es, verlässliche Informationen zu Themen rund um die Gesundheit zu bieten – nicht nur zu Sars-CoV-2 und Covid-19. Zum Start hatten Google und das Spahn-Ministerium bereits Panels zu mehr als 160 Krankheiten erstellt. Die gegebenen Informationen kommen direkt aus dem nationalen Gesundheitsportal.

VDZ: Spahn-Infos verdrängen freie Presse

Nach Stichprobentests des Verbands der deutschen Zeitungsverleger (VDZ) führt diese Kooperation indes von Beginn an dazu, dass die Gesundheitsinformationen aus freien Medienangeboten durch das Spahn-Portal regelrecht verdrängt werden. So sollen sich die Ergebnisse auf der wichtigen ersten Seite der Google-Suche teils nur noch aus Regierungsinformationen rekrutieren. Das berichtet der Focus.

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Rudolf Thiemann, Präsident des VDZ, sieht darin nicht weniger als „einen einmaligen und neuartigen Angriff auf die Pressefreiheit“. Schon der Umstand, dass das Gesundheitsministerium überhaupt ein vollwertiges redaktionelles Fachmedium zu Gesundheitsfragen betreibt, ist für Thiemann „ein unannehmbarer Eingriff in den freien Pressemarkt“ und nicht „mit der Staatsfreiheit der Medien“ vereinbar.

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Dass aber das Bundesgesundheitsministerium nun „seine Gesundheitsberichterstattung auch noch durch das Quasi-Suchmonopol an allen Verlagsangeboten vorbei privilegiert verbreitet“, will Thiemann nicht akzeptieren.

Vizepräsident Philipp Welte will zudem einen weiteren Aspekt betrachtet wissen. Immerhin erfolge die Privilegierung der Regierungsinformationen nicht einmal unter Qualitätsgesichtspunkten: „Das Ministerium setzt sich als staatlicher Sender mit der Unterstützung des Suchmonopols von Google unabhängig von jeder inhaltlichen Qualität vor die journalistischen Angebote der freien Presse.“

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Das setze nicht nur alle „Mechanismen der freien Information und damit der freien Meinungsbildung in unserer Demokratie außer Kraft“, sondern suggeriere zudem, dass die durch Verlagsangebote gegebenen Gesundheitsinformationen weniger verlässlich seien.

Dabei sei eher das Gegenteil der Fall. Während das nationale Gesundheitsportal erst kürzlich ausgeschrieben und dann im Eiltempo von einer Berliner Agentur mit Inhalten befüllt worden sei, würden privat finanzierte Medienangebote seit Jahren hochqualifizierte Medizinjournalisten für den Aufbau ihrer Portale einsetzen.

Keine Maßnahmen angekündigt

Dem stimmt Jens Richter, Leiter des Portals Netdoktor.de, unumwunden zu. Er bezeichnet die Kooperation zwischen Gesundheitsministerium und Google als einen „ungeheuerlichen Vorgang“. Der Staat mache sich auf diese Weise „zur grundsätzlichen Nummer Eins der Suchergebnisse bei Gesundheitsthemen“, während der freie Medizinjournalismus „offen diskreditiert“ werde. Portale wie Netdoktor.de würden durch das Spahn-Privileg systematisch benachteiligt und letztlich direkt in ihrer Existenz bedroht, so der oberste Netdoktor weiter.

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Was sich aus diesen Beschwerden nun ergibt, bleibt vorerst unklar. Handfeste rechtliche Schritte sind nicht angekündigt. Es wäre wohl durchaus fraglich, inwieweit solche Schritte Erfolg versprechend sein können. Zwar ist es unstreitig, dass Regierungen keinen Einfluss auf die freie Presse nehmen dürfen. Allerdings gibt es dabei eine erhebliche Grauzone, die die Heinrich-Böll-Stiftung schon vor zwei Jahren in dem Beitrag „Wie Regierungen Einfluss auf die Medien nehmen“ ausgeleuchtet hatte. Danach ist nicht alles, was beklagenswert erscheint, auch tatsächlich illegal.

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Peter Hock

Ergänzende Informationen: Alle zitierten Personen arbeiten für Burda. VDZ Vize Philipp Welte, der sich aufregt, ist Vorstand Medienmarken National von Hubert Burda. Berichtet hat der Focus, der, man weiß es, zu Burda gehört. Jens Richter, Leiter des Portals Netdoktor.de, … bezeichnet die Kooperation zwischen Gesundheitsministerium und Google als einen „ungeheuerlichen Vorgang“. Was weniger wissen: netdoktor.de gehört zu … Burda!
Alles in allem ist es eine riesen Kampagne, die Burda gerade auffährt.
Weitere Infos zu Burda zum Beispiel:
https://www.burda.com/de/marken/
https://rp-online.de/leben/ratgeber/verbraucher/wie-mit-testsiegeln-geld-verdient-wird_aid-15570053

Antworten
Dieter Petereit

Und inwiefern diskreditiert das den Inhalt der Beschwerde? Es in der Tat ein Präzedenzfall, den das Gesundheitsministerium hier schafft. Manch einer mag sich an Orwells Wahrheitsministerium erinnert fühlen. Unabhängig davon, ob Burda der Beschwerdeführer ist.

Antworten
dennis

@Dieter: Der verändert leider die grundlegende Aussage, denn hinter all den Beschwerden steht ein Verlag -eine monopolistische Ebene also. Denen ist es nicht daran gelegen die „Pressefreiheite“ zu schützen, sondern nur deren finanzielles Dasein. Ich gebe Peter völlig Recht. Die Beschwerde(n) stehen in keinem guten Licht dar, wenn das alles von einer Quelle stammt. Macht im Umkehrschluss übrigens die sog. „freie Presse“ gar nicht mehr so frei, wenn dahinter nur ein Verlag steht. Soviel mal dazu. Dann doch lieber Infos von offizieller Stelle: Dem Staat. Ich kann diese Zusammenarbeit nur gut heißen. Schau Dir doch die ganzen verrückten bzgl. Corona an.

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