Industrie 4.0: Verschlafen deutsche Unternehmen die digitale Transformation?

Während Länder wie China und die USA beim Einsatz von KI das Tempo vorgeben, zeigt sich die deutsche Industrie zurückhaltender – mit potenziell weitreichenden Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit. Eine aktuelle Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter 552 Industrieunternehmen offenbart: Die Sorge, international den Anschluss zu verlieren, wächst.
Deutsche Unternehmen geraten unter Druck
Rund die Hälfte (49 Prozent) der befragten Unternehmen sieht Deutschland bei der digitalen Transformation als Nachzügler. 23 Prozent gehen sogar davon aus, dass der Anschluss bereits verpasst wurde. Zwar erkennen die meisten Unternehmen die Relevanz neuer Technologien: 82 Prozent sagen, dass KI künftig entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sein wird – aber es hapert an der Umsetzung.
79 Prozent der befragten Unternehmen fordern, dass die deutsche Industrie beim Thema KI eine Vorreiterrolle einnehmen sollte. Gleichzeitig halten 21 Prozent KI lediglich für einen vorübergehenden Hype. Im internationalen Vergleich sehen viele Unternehmen China klar vorn, gefolgt von den USA – Deutschland landet in diesem Ranking nur auf Platz drei.
KI-Einsatz in der Industrie: Erste Ansätze, viel Potenzial
Aktuell kommt KI in der deutschen Industrie vor allem bei der Datenanalyse zum Einsatz, etwa um die Funktionsfähigkeit von Maschinen zu überwachen – 32 Prozent der Unternehmen nutzen dafür KI, weitere 42 Prozent planen oder diskutieren einen Einsatz in diesem Bereich. Jedes fünfte Unternehmen (19 Prozent) setzt KI außerdem schon heute in der Robotik ein. 46 Prozent diskutieren, KI hier einzusetzen. Das größte ungenutzte Potenzial sehen die Unternehmen im Energiemanagement: Zwar nutzen bisher nur 7 Prozent KI für diesen Zweck, aber rund zwei Drittel (64 Prozent) befinden sich schon in konkreten Planungen.
Bei der Transformation zur Industrie 4.0 sehen sich viele deutsche Unternehmen allerdings mit entscheidenden Herausforderungen konfrontiert: 46 Prozent fühlen sich durch die aktuelle wirtschaftspolitische Lage in ihrer Existenz bedroht. 42 Prozent gehen davon aus, dass sich die Digitalisierung in ihrem Betrieb aufgrund von wirtschaftlichen Hürden verzögern wird. 68 Prozent der Befragten erwarten zudem, dass die zweite Amtszeit von Donald Trump der deutschen Industrie schaden wird – unter anderem durch die Einführung neuer Zölle. 43 Prozent ziehen in diesem Fall sogar eine Verlagerung der Produktion ins Ausland in Betracht.
Unternehmen fordern weniger Hürden und mehr Tempo
Damit Deutschland im internationalen Vergleich nicht weiter zurückfällt, fordern viele Unternehmen politische Unterstützung. 86 Prozent wünschen sich klare rechtliche Rahmenbedingungen für den Datenaustausch. Mit 88 Prozent spricht sich die überwiegende Mehrheit gegen eine Überregulierung im Bereich KI aus – Innovationsfreiheit sei essenziell. Gleichzeitig wünschen sich 78 Prozent steuerliche Anreize, zwei Drittel (66 Prozent) fordern eine schnellere Bewilligung von Förderanträgen.
Ein weiteres Problem ist die digitale Infrastruktur. Drei Viertel der befragten Unternehmen (76 Prozent) halten einen flächendeckenden Breitbandausbau für unbedingt notwendig, um einen zuverlässigen Datenaustausch zwischen Maschinen zu gewährleisten. Nicht zuletzt spielt auch der Fachkräftemangel eine große Rolle: 42 Prozent der Unternehmen beklagen fehlende Fachkenntnisse, um KI sinnvoll in bestehende Prozesse zu integrieren. Deshalb fordern 59 Prozent gezielte Aus- und Weiterbildungsprogramme im Bereich Industrie 4.0, um dringend benötigtes Know-how aufzubauen.