Profit mit Panzern: Was du über Investments in die Rüstungsbranche wissen musst

Aktien und ETFs von Rüstungsunternehmen boomen. (Bild: metamorworks/Shutterstock)
Aktien und ETFs aus dem Verteidigungssektor boomen. Europäische Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall, Thales oder Leonardo verzeichneten in den vergangenen Monaten erhebliche Kurssprünge – auch wenn Anleger zuletzt Gewinne mitgenommen haben. So erreichte der Aktienkurs von Rheinmetall am 12. März 2025 ein neues Rekordhoch von 1.261 Euro. Die Aktie ist seit Jahresbeginn um etwa 100 Prozent gestiegen, nachdem sie sich bereits 2024 verdoppelt hatte.
Angetrieben werden die Kurse nicht nur von der kommenden deutschen Bundesregierung, die mit deutlich höheren Rüstungsausgaben plant und dafür auch die Schuldenbremse umgeht. Schon seit der Münchner Sicherheitskonferenz und den Äußerungen des US-Vizepräsidenten J.D. Vance ist klar: Die EU-Staaten können sich künftig nicht mehr auf die Schutzmacht USA verlassen – und werden künftig selbst deutlich mehr Geld für Verteidigung ausgeben müssen.
Rüstungsinvestitionen – eine Frage der Moral?
So mancher Anleger kommt daher vielleicht auf die Idee, am Auftrags-Boom der Branche mitverdienen zu wollen. Die Akzeptanz für solche Investments ist jedenfalls gestiegen: Laut einer Umfrage des Vergleichsportals Verivox lehnten im Jahr 2024 nur noch 42 Prozent solche Geldanlagen aus moralischen Gründen ab – zwei Jahre zuvor waren es noch 53 Prozent gewesen. Bei mehr als der Hälfte der Befragten (56 Prozent) hat der Krieg in der Ukraine ihre frühere Einstellung zu Rüstungsinvestments verändert.
Davon hat der größere Teil – 32 Prozent – nun weniger ethische Bedenken als früher. Viele Anleger:innen, die in börsengehandelte Fonds (Exchange Traded Funds – ETFs) investieren, haben ohnehin schon Rüstungsaktien im Depot, ohne dass es ihnen bewusst ist. Wer etwa einen ETF auf den deutschen Aktienindex DAX kauft, investiert etwa automatisch auch in Rheinmetall, weil das Unternehmen Teil des Index ist. Auch im unter Anleger:innen beliebten MSCI World sind einige Rüstungsunternehmen wie etwa Lockheed Martin, Northrop Grumman, Raytheon Technologies oder BAE Systems vertreten.
EU lockert Nachhaltigkeitsregeln
Wer Rüstungslieferanten in den eigenen Investments ausschließen will, hat in der Vergangenheit vielleicht auf Fonds zurückgegriffen, die einen größeren Wert auf Umwelt- und Sozialkriterien legen (Environmental, Social und Governance – ESG).
Doch auch für die nachhaltigen Fonds ist es mittlerweile leichter geworden, Rüstungsunternehmen aufzunehmen. Laut einem Beschluss der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) aus dem Mai 2024 dürfen Fonds, die „nachhaltig“ oder „ESG“ in ihrem Namen tragen, 20 Prozent ihrer Gelder beliebig investieren – auch in Rüstung und Verteidigung. Begründet wird das damit, dass die Rüstungsindustrie einen Beitrag zu „Resilienz, Sicherheit und Frieden“ leistet. Investitionen in völkerrechtlich geächtete Waffen wie etwa Streubomben, Antipersonenminen, chemische und biologische Waffen bleiben aber untersagt. Der deutsche Fondsverband BVI hat sein ESG-Zielmarktkonzept bereits entsprechend angepasst und den pauschalen Ausschluss der Rüstungsfinanzierung gestrichen.
Diese Lockerung gefällt allerdings nicht jedem: So sieht das Forum Nachhaltige Geldanlagen Veränderungen an der EU-Taxonomie kritisch, die Investitionen in Rüstungen erleichtern sollen. Das System gibt Kriterien für die Kreditvergabe vor, wobei eingestuft wird, wie nachhaltig Unternehmen wirtschaften und investieren.
Die Anbieter nachhaltiger Geldanlagen tun sich mit Rüstungsaktien in ESG-Fonds offenbar noch schwer. In einem Stimmungsbild unter den Mitgliedern der Verbands zeigte sich, dass der überwiegende Teil der Asset Manager und Berater:innen (rund 70 Prozent) Investitionen in Rüstung als nicht vereinbar mit Nachhaltigkeit ansehen und ihre bisherige Strategie daher nicht ändern werden.
Hype um Rüstungsaktien
Die Frage der Moral ist das eine – die Frage der potenziellen Rendite die andere. Denn die rasante Entwicklung so mancher Rüstungsaktie löst bei manchen Anleger:innen „Fomo“ aus. So wird etwa das Papier des deutschen Waffenherstellers Rheinmetall in Reddit-Foren regelrecht gehypt und unter Investor:innen auch liebevoll als „Rheiner“ oder „Rheini“ bezeichnet.
So ein Hype birgt auch Gefahren: Denn dann lassen sich mitunter eher Kleinanleger:innen mitreisen – und reagieren entsprechend schnell verschreckt, sollte es doch zu Kurskorrekturen kommen. Das starke Ergebnis des vergangenen Jahres und volle Auftragsbücher scheinen die Liebe der Anleger:innen für „Rheini“ aber erstmal zu bestätigen. So hat Rheinmetall 2024 seinen bisherigen Rekordumsatz von 7,2 Milliarden Euro nochmals um 36 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro gesteigert. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern stieg sogar um rund 50 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Deutschlands größter Rüstungskonzern geht für 2025 von einer weiteren Umsatzsteigerung zwischen 25 bis 30 Prozent aus. Auch Analysten gehen derzeit von weiteren Kursgewinnen aus.
Rüstungs-ETFs – auch mit Europafokus
Wem Einzelaktien wie Rheinmetall zu riskant sind, dem stellt die Fondsindustrie mittlerweile eine Reihe spezieller ETFs bereit. Die Vergleichsplattform JustETF listet aktuell sieben Rüstungs-ETFs auf, in die deutsche Anleger:innen investieren können.
Anfang März hat der US-ETF-Anbieter WisdomTree ebenfalls einen Rüstungs-ETF auf den Markt gebracht. Der unterscheidet sich von anderen Angeboten vor allem darin, nur auf europäische Aktien zu setzen. Andere Rüstungs-ETFs haben dagegen ein starkes Übergewicht von US-Aktien.
Der WisdomTree-ETF bildet den speziell entwickelten Index „WisdomTree Europe Defence“ nach, der die Wertentwicklung von rund 20 europäischen Unternehmen im Verteidigungssektor nachzeichnet, wobei die Auswahl der Unternehmen auf ihrem Umsatzanteil im Sektor basiert.
WisdomTree begründet den neuen ETF mit dem strukturellen Wandel in Europa, da Staaten ihre Verteidigungshaushalte aufstocken, um die NATO-Ziele von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erreichen. Der Fonds konzentriere sich auf „Europas Streben nach strategischer Autonomie im Verteidigungsbereich vor dem Hintergrund wachsender geopolitischer Spannungen“.
Im WisdomTree Europe Defence UCITS ETF hat die Aktie von Rheinmetall das größte Gewicht (20,4 Prozent), gefolgt von dem italienischen Rüstungskonzern Leonardo (15,5 Prozent) sowie dem schwedischen Flugzeug- und Verteidigungsunternehmen Saab (9,85 Prozent) und dem britischen Unternehmen BAE Systems (9,6 Prozent).
Vorsicht bei Themen-ETFs
Die Aufteilung zeigt bereits das grundsätzliche Problem solcher Themen-ETFs: Nur vier Firmen machen in dem Rüstungsfonds von Wisdom Tree mehr als die Hälfte des Investments aus – dabei liegt der Vorteil von ETFs ja eigentlich darin, das Investment breit über verschiedene Unternehmen zu streuen und somit das eigene Risiko im Vergleich zum Investment in Einzelaktien zu minimieren. Doch bei den Themen-ETFs entsteht ein deutlich größeres Klumpenrisiko, als wenn Anleger:innen ihr Geld in einen breit angelegten Fonds stecken, der einem Aktienindex folgt.
Und jeder Hype hört auch irgendwann wieder auf. Werden Themen-ETFs dann unbeliebter, können die Fondsanbieter sie auch wieder vom Markt nehmen. Wird der ETF geschlossen, können Anleger:innen die Anteile natürlich am Markt verkaufen oder warten, bis das investierte Geld automatisch ausgezahlt wird – allerdings besteht dann auch die Gefahr, Verluste zu machen.
Laut einer Analyse von Morningstar existieren zwei Drittel der Themenfonds, die vor 15 Jahren in Europa auf dem Markt waren, mittlerweile nicht mehr. Und nur knapp 20 Prozent der Themenfonds konnten den globalen Aktienmarkt im Jahresvergleich schlagen, auf lange Sicht von 15 Jahren sank die Erfolgsquote sogar auf fünf Prozent.
Das zeigt: Wer langfristig investieren will, etwa um für die Rente zu sparen, sollte die trendigen ETFs allenfalls als Ergänzung fürs eigene Depot nutzen. Als Basisbaustein eignen sie sich nicht – auch wenn sie zeitweise hohe Renditen bringen können.
Die Kosten von Themen-ETFs sind zudem meist etwas höher als etwa bei börsengehandelten Fonds, die etwa auf den Weltindex MSCI World setzen: Während dort eine Gesamtkostenquote von rund 0,20 Prozent im Jahr anfällt, liegen die Kosten der Rüstungs-ETFs zwischen 0,35 und 0,65 Prozent.