Impact-Investment: Was du wissen musst, um wirklich nachhaltig zu investieren
Das Ersparte für sich arbeiten lassen und dabei Unternehmen unterstützen, die nachhaltig und nach ethischen Standards arbeiten – das ist die Grundidee von Impact-Investing. Das Prinzip wird immer beliebter: Anfang 2022 lagen nach Angaben des Deutschen Fondsverbands 575 Milliarden Euro in nachhaltigen Publikumsfonds – so viel wie nie zuvor. Ein Beitrag aus unserem Themenspecial “New Finance”:
Was in der Sache gut klingt, wird in der Ausführung schnell kompliziert, denn: Wann darf sich eine Geldanlage eigentlich „nachhaltig“ nennen? Einheitliche Regeln dafür gibt es nicht – und daher auch einigen Wildwuchs. Verbraucherschützer kritisieren beispielsweise, dass viele Fonds, die als nachhaltig beworben werden, kaum Unterschiede zu konventionellen Fonds aufweisen.
ESG: Ein Kürzel mit wenig Orientierungshilfe
Wie schwierig eine Definition ist, zeigt das Gerangel um die EU-Taxonomie. Das Regelwerk legt fest, welche Wirtschaftsaktivitäten als nachhaltig gelten sollen. Allerdings werden auch Gas und Atomkraft als Brückentechnologien der Energiewende in dieser EU-Verordnung als nachhaltig eingestuft. Umweltorganisationen wie Greenpeace, der BUND und der WWF klagen deshalb vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die EU-Kommission. Aus ihrer Sicht ist die Definition von Gas und Atomkraft als nachhaltig ein klarer Fall von „Greenwashing„.
Häufig findet sich bei der Suche nach entsprechenden Finanzprodukten die Abkürzung „ESG“. Hinter den drei Buchstaben steht die Idee, die nachhaltige und ethische Ausrichtung von Unternehmen in den drei Kategorien Umwelt (Environment), Soziales (Social) und gute Unternehmensführung (Governance) zu bewerten und Investitionen von diesen Kriterien abhängig zu machen. Viele Fonds oder ETF (Exchange Traded Funds), die nachhaltig ausgerichtet sind, führen daher die Abkürzung ESG im Namen. Man findet aber auch die Abkürzung SRI (Socially Responsible Investment) oder Zusätze wie „sustainable“, „grün“, „nachhaltig“ oder „Klima“.
Was ESG und Impact-Investing unterscheidet
Der Begriff Impact-Investing wird oft mit Investitionen nach ESG-Kriterien gleichgesetzt. Doch es gibt eine wichtigen Unterschied zwischen ESG- und Impact-Investments: Viele ESG-Fonds gehen mit einer Negativliste vor, das heißt, der Unterschied zu konventionellen Anlagen besteht darin, dass Investitionen in weniger nachhaltige oder ethisch bedenkliche Branchen oder Firmen wie etwa Waffenhersteller oder Tabakproduzenten ausgeschlossen werden. Einige Anbieter arbeiten auch mit einem „Best in Class“-Ansatz, bei dem Investitionsmöglichkeiten in Unternehmen ausgewählt werden, die in ihrer Branche im Sinne der Nachhaltigkeit besser bewertet werden als andere. Mit dem „Klassenbesten“-Prinzip können dann allerdings noch immer Industrien im Portfolio landen, die viele als nicht besonders nachhaltig empfinden, wie etwa Rüstungskonzerne oder Erdölfirmen.
Andere Anbieter setzen auf Positivlisten, bei denen besonders nachhaltige Branchen und Unternehmen definiert werden oder auf bestimmte Themen wie beispielsweise erneuerbaren Energien gesetzt wird. Das entspricht schon eher dem Sinn des Impact-Investing. Denn dabei geht es vor allem darum, eine konkrete soziale oder ökologische Wirkung zu erzielen, etwa in Sachen Klimaschutz, Geschlechtergleichheit oder im Bezug auf Menschen- und Arbeitsrechte. Im besten Fall sollen die Effekte auch messbar sein. Für potenzielle Anleger gilt so oder so: Ein tiefer Blick in die Produktbeschreibung nachhaltiger Fonds oder ETF ist notwendig, um herauszufinden, was mit „Nachhaltigkeit“ konkret gemeint ist.
Welche Angebote (und Fallstricke) gibt es?
Nachhaltige Angebote gibt es in allen Kategorien von Finanzprodukten. Von Einzeltiteln über Aktienfonds und ETF bis hin zu Crowdinvestments und nachhaltigen Anleihen. Bei Kryptowährungen lohnt es sich, darauf zu schauen, welcher Konsensmechanismus verwendet wird, also wie Transaktionen verifiziert werden. Bitcoin zum Beispiel setzt auf die energieintensiven Proof-of-Work-Methode. Als deutlich umweltfreundlicher gilt der Proof-of-Stake-Mechanismus, auf den Kryptowährungen wie Cardano oder Ethereum setzen.
Neben der Frage, wie nachhaltig das Investment sein soll, müssen Anleger daher wie bei anderen Anlageformen für sich klären, wie risikobereit sie sind, wie lange sie Geld investieren wollen und wo ihre Renditeerwartung liegt, bevor sie eine Entscheidung treffen. Hinter einigen Angeboten stehen sehr komplexe Finanzprodukte, in die man nur Geld stecken sollte, wenn man ihre Funktionsweise auch versteht.
Beispielsweise handelt es sich bei vielen Angeboten, die direkte Investitionen in Wind- oder Solarparks, in Waldstücke oder „grüne“ Immobilien versprechen, um Nachrangdarlehen oder Schuldverschreibungen. Sie bieten hohe Renditen, sind allerdings auch sehr riskant. Im Zweifel können Anleger hier all ihr Geld verlieren, sollte das Projekt scheitern oder der Emittent pleite gehen. Einen prüfenden Blick sollte man auch auf die Kosten und Gebühren der Anbieter von Fonds werfen. Günstiger als aktiv gemangte Fons sind in der Regel passiv nachbildende Indexfonds (ETF).
Auch die Gefahr von Greenwashing, auch Impact-Washing genannt, ist leider groß: Weder die Benennung und Bewerbung von Finanzprodukten, noch die entsprechenden Bewertungen von Unternehmen durch private Ratingagenturen unterliegen einheitlichen Regeln.
Besonders viel Aufmerksamkeit hat der Fall der Fondstochter der Deutschen Bank erregt: Nachdem die frühere Nachhaltigkeitschefin im Sommer 2021 den Vorwurf erhoben hatte, die DWS verkaufe „grüne Finanzprodukte“ als nachhaltiger, als sie tatsächlich seien, gab es eine Razzia und behördliche Ermittlungen bei dem Vermögensverwalter. Im vergangenen Jahr soll die DWS laut Recherchen der Bürgerbewegung Finanzwende zudem ausgerechnet für ihre grünen Fonds Aktien fossiler Unternehmen gekauft haben.
Im Rahmen einer Studie hatte die Organisation 2.400 in Europa erhältliche und als nachhaltig beworbene Fonds unter die Lupe genommen und herausgefunden, dass viele von ihnen unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs und steigender Inflation an der Gewinnentwicklung von Ölunternehmen partizipieren wollten – wie Co-Autorin Magdalena Senn berichtete, „ganz so, als hätten sie sich nicht der Nachhaltigkeit verschrieben“.
Wie finde ich das richtige Angebot?
Seit August 2022 sind Anlageberater verpflichtet, im Beratungsgesprächen auch nach den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden zu fragen. Allerdings hapert es hier noch, wie jüngst eine verdeckte Recherche der Umweltorganisation Greenpeace bei Deutscher Bank und Postbank aufgedeckt hat: In insgesamt 38 Beratungsgesprächen wurden Testkäufer demnach nur unzureichend nach ihren Nachhaltigkeitswünschen gefragt.
Wer sich selbst auf die Suche nach einem nachhaltigen Investment macht, findet im Internet eine Flut an Informationen. Erste Orientierung bieten verschiedene Labels und Datenbanken:
- Die Initiative Faire Fonds listet Investmentfonds auf, bei denen sie überprüft hat, ob und welche kontroversen Unternehmen in den Portfolios vorkommen.
- Auch die Stiftung Warentest hat sich bereits intensiv mit nachhaltigen Fonds und ETF auseinandergesetzt und 195 Nachhaltigkeitsfonds untersucht, davon 109 Welt-, 60 Europa- und 26 Schwellenländerfonds.
- Der Fachverband für nachhaltige Geldanlagen (FNG) vergibt ein Siegel für Publikumsfonds. Voraussetzung ist, dass mindestens 90 Prozent des Portfolios nachhaltige Mindeststandards erfüllen muss, wie sie im UN Global Compact zusammengefasst sind, einer Leitlinie der Vereinten Nationen für eine gerechte Ausgestaltung der Globalisierung. Es gibt eine Negativliste, die unter anderem Kernkraft, Fracking und Kohle ausschließt, zudem werden Emittenten-Analysen auf Nachhaltigkeitskriterien hin überprüft.
- Ein weiteres Siegel kommt von ECOreporter. Das Label wird für ein Jahr in den drei Kategorien Banken, Institutionelle Anleger und Finanzprodukte vergeben. Die Finanzprodukt sollen dabei eine direkte nachhaltige Wirkung entfalten.
Wie können wir noch mehr „Impact“ erzeugen?
Wer seine Geldanlage wirklich in den Dienst einer guter Sache stellen will, sollte also nach Anlagen Ausschau halten, deren Wirkung auch messbar und transparent ist. Das spricht generell erst einmal für Impact-Fonds oder grüne Anleihen, die sich konkreten Zielen wie dem Bau klimaeffizienter Gebäude oder der Förderung regenerativer Energien verschrieben haben.
Es kann aber auch eine gute Strategie sein, gerade Geld in Unternehmen zu investieren, die in Sachen Nachhaltigkeit noch besonders viel Nachholbedarf haben – um diese schneller auf den Weg zur Transformation zu bringen. Denn ein Pluspunkt großer und aktivistischer Fonds ist, dass sie Wirkung auch dadurch erzeugen, indem sie auf den Hauptversammlungen der Unternehmen konkret nach der Nachhaltigkeitsagenda und Transformationsfortschritten fragen und ihre Stimmrechte entsprechend ausüben. Die großen Fonds kommunizieren häufig auch direkt mit den Unternehmen über die Erwartungen der Aktionäre.