Die Macht der Rituale: So stärken sie dein Team und steigern die Performance
Einmal in der Woche kochen, wenn einer Kaffee holt, dann Tischkickern um Punkt 18 Uhr, damit’s danach noch mal so richtig lange dauert. Rituale im Job haben mir an verschiedenen Stellen meines Berufslebens so richtig das Leben schwer gemacht. Natürlich hole ich gern Kaffee. Aber für sechs Leute in Porzellantassen als motorisch eher unterdurchschnittlich Begabte? Oje. Ich schwor den Ritualen ab, den ritualbehafteten Teams ebenfalls.
Natürlich dachte ich, es liegt an mir. Irgendwas stimmt nicht mit mir, dass diese Spaßfaktoren in mir nichts als Stress und Fluchtreflexe verursachen. Denn Rituale sind eigentlich eine gute Sache, auch bei der Arbeit. Nur eben nicht jede Form von Ritual. Rituale, die Zeit kosten, mögen zusammenschweißen, aber sie belasten Menschen, auf die nach Feierabend noch ein wenig Leben wartet. Rituale, die ein gewisses Können erfordern oder eine bestimmte Art von Nähe notwendig machen, passen nicht zu allen.
Hierfür sind Rituale gut
Aber ich will nicht lästern, das tut die Wissenschaft nämlich auch nicht. Hier sind einige geprüfte Erkenntnisse aus der Ritualforschung:
Sie schweißen zusammen
Diese Beobachtung stammt aus der Paarforschung. Sie ist auch für Teams spannend, weil die Methode zu ähnlichen Effekten führen könnte: Rituale stärken die Verbindung unter Menschen und werten bestimmte Gesten auf, etwa das gegenseitige Bezahlen.
Sie machen mutig und gelassen
Performance-Anxiety nennt man es. Die Sorge vor der neuen Arbeitswoche, Lampenfieber, die Aufregung vor der wichtigen Präsentation. Rituale können Abhilfe schaffen. Das weiß man im Theater und im Spitzensport schon lange, die Business-Forschung teilt die Erkenntnis aber: Rituale funktionieren weit besser als die viel beschworene Ablenkung. Und das gelingt umso besser im Team, weil die Betreffenden erfahren: Meine Nervosität wird anerkannt, meine Kolleg:innen stehen hinter mir. Schön zu sehen war das bei den Olympischen Spielen 2024 bei den japanischen Turnern, die ein kurzes Team-Ritual ausführten.
Sie vermitteln Kontrolle
Ein Ritual ist für einige Menschen ein durchaus komplexer Ablauf. Wie sieht der Schreibtisch aus, wie ist die Tasche gepackt, womit startet die Woche? Rituale dieser Art stärken die Kontrollüberzeugung. Das ist wertvoll, weil diese Kontrollüberzeugung gegen Stress wirkt. Der Alltag wirkt beherrschbarer, auch mit all seinen Herausforderungen.
So findest du die passenden Rituale
Im Idealfall gestaltest du den Findungsprozess so, dass alle mitmachen können. Schwierig werden solche Prozesse immer dann, wenn es einen Scheinkonsens gibt: Alle sind sich einig, dass … Nur ist es eben nicht wirklich so. Einig sind sich die, die sich immer einig sind. So gelingt der Findungsprozess:
1. Die Idee
Ja, man kann ganz offensiv sagen, dass man sich Rituale fürs eigene Team wünscht. Die bekommen ein Ziel. Zum Beispiel: Wir wollen etwas gemeinsame Bewegung in den Arbeitsalltag integrieren. Bitte schlagt Art und Zeit vor.
2. Der Plan
Stehen verschiedene Ideen im Raum, zeichnet sich vielleicht schon ab, was mehreren gefallen würde. Vielleicht entwickelt ihr einen oder mehrere Pläne. Nicht alle müssen immer an allen Formen des Rituals teilnehmen, aber sie sollten alle für jede und jeden zugänglich sein.
3. Die Abstimmung
Schaut, ob es wichtige Gegenargumente gibt. „Für wen funktioniert das nicht?“, als freundliche Frage in den Raum gestellt, wird ehrlichere Antworten erzeugen als „alle fein damit? Gut“. Ebenfalls eine spannende Formulierung: „Gibt’s hier noch Ideen für Änderungen?“
4. Die Reflexion
Fragt regelmäßig nach, ob das Ritual für alle passt. Fragt nach, wenn jemand nicht teilnimmt. Besonders wichtig ist das, wenn einige aus eurem Team an anderen Standorten arbeiten. Wie könnt ihr die integrieren? Ein Ritual kann es auch sein, einmal im Monat zusammenzukommen.
Rituale sind wertvoll, das gilt auch am Arbeitsplatz. Sie verlangen aber nach einer Reflexion. Allen liegt der gemeinsame Lunch am Mittwoch am Herzen, aber zwei nehmen nie teil? Vielleicht hat eine Person mittwochs zu viel zu tun und die andere fühlt sich von so viel Gesellschaft bei der Arbeit überfordert. Das spricht nicht gegen das Ritual, aber es könnte sinnvoll sein, ein weiteres zu schaffen. Die wichtigste Regel lautet: Rituale sind für alle. Nur dann erfüllen sie ihren Zweck.