Ob online oder offline: Fasse dich kurz
Ein Online-Portfolio unterscheidet sich von konventionellen Bewerbungsunterlagen hauptsächlich durch das Medium. Daraus leiten wir schon einmal ab, dass für Online-Portfolios im Wesentlichen die gleichen Regeln gelten, wie für deren papierne Pendants.
Die wichtigste Maxime einer jeden Selbstdarstellung ist daher: kurz, aber prägnant muss sie sein. Wenn du erwartest, dass dich Arbeit- oder Auftraggeber über den Portfolio kontaktieren, darfst du es nicht zu einer Mammut-Website ausbauen, die du selbst nur noch schwer durchblickst. Wie immer gilt: In der Kürze liegt die Würze.
Schreib also in dein Online-Portfolio eine Personenbeschreibung in einem Satz. Dieser enthält deinen Namen, deine derzeitige Lokation und deine Profession. Etwa so:
Ich bin Max Meyer, komme aus Hannover und arbeite als Grafikdesigner.
Diesen Satz darfst du ruhig wie eine Art Slogan groß in deinem Online-Portfolio darstellen. So wie es dieser Produkt-Designer tut.
Unterhalb dieses prägnanten Satzes findet sich der Hinweis „Read more”. Ein Klick darauf blendet weitere Informationen zu seiner Person ein. Da sich der Interessent an dieser Stelle bereits entschieden hatte, mehr wissen zu wollen, ist der folgende etwas längere Text vollkommen in Ordnung, zumal es sich auch nur um drei weitere Sätze handelt. Nunos Portfolio kann man zumindest in diesem Punkt als Best Practice gelten lassen.
Designstrategien: Bleibe auf dem Teppich
Gerade Designer glauben, sie müssten ihr Portfolio zu einer Machtdemonstration ausbauen und sämtliche, möglichst komplizierte Design-Trends auch für ihre Selbstdarstellung verwenden. Der potenzielle Arbeit- oder Auftraggeber muss schließlich beeindruckt werden.
Sicher ist dir bei so einer Vorgehensweise nur eines. Dein Portfolio wird in Designerkreisen als äußerst kreativ gelobt und weithin herumgereicht werden. Das ist schön und macht stolz. Davon allerdings bekommst du keinen Job.
Bist du also ernsthaft auf der Suche nach einem Arbeitsplatz, dann solltest du dir klar machen, dass Personaler heutzutage nur noch wenig Zeit für die Sichtung von Interessenten aufwenden. Wenn sie deinem Portfolio eine bis zwei Minuten Aufmerksamkeit schenken, dann kannst du schon zufrieden sein.
Sicher ist es wichtig, dass dein Portfolio nicht aussieht, wie mit Powerpoint erstellt. Dennoch geht es auch schlicht und nicht protzig. Animationen solltest du besonders sparsam einsetzen. Speziell solche, auf deren Ladefortschritt der Besucher noch warten muss, sollten tabu sein.
Je nachdem, für welche konkrete Branche du dich bewirbst, kann es wesentlich wichtiger sein, auf Standardkonformität des Quellcodes und Professionalität im Bildeinsatz (Auflösung, Größen, etc.) zu achten, als durch besondere Gestaltungsideen zu glänzen.
Besonders geeignet für das herkömmliche Online-Portfolio sind One-Pager. Hier vermeidest du auch potenzielle Verwirrungen in Sachen Navigation. Wer dein Portfolio von oben nach unten durchscrollt, ist am Ende vollständig im Bilde.
Lass deine Urkunden und Zertifikate stecken
Bewerber scheinen generell zu glauben, sie müssten vom glorreichen Kindergarten-Abschluss über das Hochschulabgangszeugnis und sämtliche etwaigen Zwischenschritte, wie Praktikumsbescheinigungen, Fortbildungsnachweise und so weiter lückenlos belegen, was sie wann mit welchem Erfolg gemacht haben. Das ist kompletter Unfug.
Natürlich will der Arbeitgeber irgendwann deine Unterlagen sehen, aber mit Sicherheit nicht in der Sichtungsphase. Er wird zunächst davon ausgehen, dass du die genannten Abschlüsse tatsächlich hast. Du musst ja auch nicht deine Geburtsurkunde beifügen, um zu beweisen, dass du noch am Leben bist.
In einem Online-Portfolio haben diese Unterlagen absolut nichts verloren. Lass sie weg.
Kundennamen beeindrucken heutzutage keinen mehr
Manch Kundenliste in einem Online-Portfolio liest wie das Who is Who des DAX. Würde man genauer dahinter schauen, stellt man fest, dass sich die Arbeit für den jeweiligen Kunden nicht unbedingt auf Führungsebene abgespielt hat. Nachdem heutzutage fast jeder mit bekannten Kunden prahlt, ist die Möglichkeit, damit Eindruck zu schinden, wenn sie denn jemals existiert hat, dahin.
Es ist schlussendlich auch nicht wichtig, für wen du schon gearbeitet hast, sondern worin deine Mitarbeit bestand. Lass die Kundennamen deshalb weg, zumindest in der beliebten Form der vollständigen Liste.
Stelle deine besten Projekte vor
Pick dir stattdessen eine Handvoll Kunden heraus und stelle die besten Projekte vor. Innerhalb der besten nimmst du dann wieder auch nur die aktuellsten. Es interessiert keinen, ob du 1994 eine der ersten Websites für ein deutsches Unternehmen gebaut hast. Es interessiert nur, ob du den Herausforderungen der Gegenwart gewachsen bist.
In diesem Zusammenhang ist es empfehlenswert, Fallstudien zu ausgewählten Projekten zu bringen. Was war genau deine Beteiligung am Projekt? Worin bestand das Problem und wie hast du es gelöst? Das darf ruhig etwas technisch daher kommen und mit Skizzen und Screenshots versehen sein – eine ansprechende Präsentation halt. Das ist reinen Screenshots mit Links zu Seiten, an denen du gearbeitet hast, bei weitem überlegen. So könnte das aussehen:
Hast du deine Fähigkeiten kontinuierlich fortentwickelt? Gehen wir mal davon aus und kommen zum nächsten Schritt.
Stelle deine Stärken heraus
Es ist in Mode gekommen, die eigenen Fähigkeiten auf einer grafischen Skala abzubilden. Lass das sein. Was hat der potenzielle Arbeitgeber für eine Information erhalten, wenn er anhand deines Balkendiagramms seht, dass du 73 Prozent Fähigkeiten in Photoshop und 65 Prozent Skills in Dreamweaver hast?
Stellt nur das heraus, was du tatsächlich beherrschst. Und lüg dabei nicht. Angeblich kann ja heutzutage praktisch jeder Konversationsenglisch, wenn man sich auf Portfolios verlässt. Diese Lügen haben extrem kurze Beine. Eine Rückfrage und die Blase platzt.
Decke deine Schwächen über Kooperationen ab
Dieser Tipp ist nur für Freelancer von Bedeutung. Wenn du dich mit deinem Portfolio um Kundenaufträge bewirbst, dann mach ruhig klar, wo deine Grenzen liegen und mit welchen Kooperationspartnern du diese Grenzen aufhebst. So kommst du auch für Aufträge in Betracht, die du alleine aufgrund mangelnder Kenntnisse eher nicht bekommen hättest.
Halte deine sozialen Profile sauber
Egal, ob du dich um einen Arbeitsplatz oder einen Auftrag bewirbst, sieh zu, dass deine sozialen Profile einigermaßen sauber oder wenigstens nicht öffentlich einsehbar sind. Optimalerweise benutzt du deine Social Networks, um mit deinen Fähigkeiten hausieren zu gehen und dadurch Mehrwert für andere zu schaffen. In dem Falle solltest du die Profile unbedingt im Portfolio hinterlegen.
Gibt es stattdessen ein paar fragwürdige Bilder von diversen Parties zu entdecken, dann lass das entsprechende Profil besser weg. Generell solltest du es mit Eric Schmidt (Alphabet Inc.) halten. Der empfiehlt:
Wenn es etwas gibt, von dem du auf keinen Fall willst, dass irgendjemand davon erfährt, dann solltest du es besser gar nicht erst tun.
Das ist in beruflichen Zusammenhängen ein ganz großartiger Rat.
Wenn du deine sozialen Profile schon verlinkst, dann sei auch aktiv
Ebenso wenig Sinn ergibt es, soziale Profile zu verlinken, auf denen sich überhaupt nichts abspielt. Wenn du deinen Twitter-Account eben erst eröffnet hast, dann füll ihn erstmal mit Content, bevor du ihn prominent vom Portfolio aus verlinkst. Diesen Fehler machen übrigens sogar Startups und wundern sich dann, dass ihnen keiner folgt.
Aktivitäten auf den (verlinkten) sozialen Profilen sollten dann von fachbezogenen Inhalten dominiert und nicht mit Lebensmittelfotos und privaten Befindlichkeiten verwässert werden. Damit ist nicht gemeint, dass du deine sozialen Aktivitäten einschränken sollst. Lediglich die Trennung von privaten und beruflich-geschäftlichen Accounts ist empfehlenswert.
Portfolio: Noch mehr Informationen zum Thema
In unserem Beitrag „Bewerbungen aus dem Netz: Kostenlose Vorlagen und Tools für deinen Lebenslauf” findest du ein Sortiment von Tools, drüben bei Dr. Web gibt es dazu „26 kostenlose HTML-Bewerbungsvorlagen für deinen nächsten Top-Job”.
Bleib kritisch, wenn du dir die dort vorgestellten Templates anschaut. Denn diese sind natürlich von Designern entworfen und folgen nicht notwendigerweise in jedem Punkt den Empfehlungen aus diesem Beitrag. Einen guten Anfang können aber sicherlich einige dennoch darstellen. Genauso kritisch zu lesen, aber dennoch lesenswert ist unser Beitrag „Kreative Bewerbung: 6 kleine Tricks, die jeden Personaler verblüffen”.
Eine interessante Infografik soll den Schlusspunkt bilden. Schau in „Fakten, Fakten, Fakten: Die Anatomie einer erfolgreichen Bewerbung” hinein. Das ist witzig und lehrreich zugleich.
Selbst wenn man seine Social Media-Accounts sauber hält, wenn der Ex-Chef es lustig findet, ungünstige Fotos von einem im Firmen-Profil zu belassen, muss man damit leben :(