Überraschende Wende: Julian Assange auf freiem Fuß? Was du über den Fall wissen musst
Bislang sind es Medienberichte und Posts der Plattform Wikileaks sowie der Ehefrau Assanges auf dem Ex-Twitter X. Danach habe Julian Assange bereits am gestrigen Tage das Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh verlassen. Danach sei er zum Flughafen gefahren worden und aus Großbritannien ausgereist.
Assange soll sich auf dem Weg zu den Marianeninseln befinden
Das soll das Ergebnis eines neuen Deals mit der US-Justiz sein. Der soll so aussehen, dass sich Assange schon am kommenden Mittwoch vor einem US-Gericht auf den Marianeninseln, einem US-Gebiet in der Nähe Australiens, verantwortet. Dabei soll er sich der Verschwörung zur unrechtmäßigen Beschaffung und Verbreitung von geheimen Unterlagen schuldig bekennen.
Im Gegenzug soll er zu fünf Jahren Haft verurteilt werden, die er allerdings bereits im Londoner Gefängnis abgesessen hatte. Dementsprechend käme Assange nach der Verhandlung auf freien Fuß. Dach soll er wohl in sein Heimatland Australien ausreisen dürfen, wo seine Frau ihn bereits erwarten soll.
Der von Assange angeblich genommene Flug VJTI99 entwickelte sich auf dem Flugzeugtracker Flightradar zur meist beobachteten Verbindung. Am Dienstagmorgen konnte so festgestellt werden, dass der Flug inzwischen in Bangkok gelandet ist. Ob es sich lediglich um eine Zwischenlandung der Maschine handelt oder ob Assange, wenn er an Bord war, mit einem anderen Flugzeug auf die Marianeninseln weiterfliegen will, ist unklar.
Die Entwicklung wüsste zu überraschen, denn immerhin war eine bevorstehende Einigung so nicht zu erwarten. Noch am 26. März 2024 hatte der Royal Court of Justice im britischen London entschieden, dass Julian Assange Berufung gegen seine Auslieferung in die USA einlegen darf.
USA wollten Assange wegen Geheimnisverrats einsperren
Die USA werfen dem ehemaligen Betreiber der Enthüllungsplattform Wikileaks vor, geheime Dokumente zu Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan, im Irak und weiteren Ländern sowie Hacking-Werkzeuge des US-Geheimdienstes CIA veröffentlicht zu haben. Nach dem US-Spionagegesetz (Espionage Act) drohte Assange deshalb eine 175-jährige Freiheitsstrafe.
Um die Auslieferung des inzwischen 52-jährigen Assange wurde über Jahre gerungen. Eine britische Bezirksrichterin hatte der Auslieferung zuletzt im Mai 2021 aufgrund von psychischen Gesundheitsgefahren widersprochen. Assange würde voraussichtlich die US-Haftbedingungen nicht überstehen und sei daher als suizidgefährdet einzustufen.
Die US-Verfolgungsbehörden legten gegen diese Entscheidung Berufung ein, versprachen, Assange nicht im schlimmsten Hochsicherheitsgefängnis unterzubringen, und gewannen im Dezember 2021. Der Londoner High Court gab dem Auslieferungsansinnen statt; im Juni 2022 unterzeichnete die ehemalige britische Innenministerin Priti Patel den Auslieferungsbefehl.
Begonnen hatte diese letzte Auslieferungsschlacht im April 2019. Bis dahin hatte Assange Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London erhalten. Mehr als sechs Jahre blieb die ecuadorianische Regierung trotz wachsenden Drucks aus den USA standhaft, dann gab sie letztlich nach. Assange wurde in der Botschaft verhaftet.
Wie alles begann: Assange wird Vergewaltigung vorgeworfen
Der April 2019 markiert zwar den Beginn der gerichtlichen Auslieferungsodyssee, nicht aber den Beginn des Leidensweges des Australiers. Der begann im August 2010 mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen eines „minderen Falles von Vergewaltigung“ durch die Staatsanwaltschaft im schwedischen Stockholm. Zwei Frauen hatten Assange sexuelle Vergehen vorgeworfen. Das Verfahren wurde zwischenzeitlich eingestellt.
Im Dezember 2010 hatte sich Assange in London gestellt, war in Haft gekommen und gegen Kaution wieder freigekommen. Im Sommer 2012 flüchtete er in die ecuadorianische Botschaft, weil er befürchtet hatte, dass Schweden ihn weiter an die USA ausliefern würden, wenn er erst einmal in das skandinavische Land überstellt worden wäre. Die eigentlichen Vergewaltigungsvorwürfe hätten mutmaßlich zu einem minder schweren Urteil geführt. Der durch die USA behauptete Hochverrat indes nicht.