
Von den geschätzten 1,67 Millionen Viren, die Tiere befallen, stellt nur eine Minderheit auch für den Menschen eine Gefahr dar. Soweit die guten Nachrichten. Allerdings ist es nach wie vor schwierig, frühzeitig zu erkennen, welche neuentdeckten Tierviren am Ende auch auf uns überspringen könnten. Eine wissenschaftliche Studie legt jetzt aber zumindest den Schluss nahe, dass es mit maschinellem Lernen zukünftig möglich sein könnte, diese Viren frühzeitig zu erkennen.
Für ihre Untersuchung hat eine Gruppe von Wissenschaftlern einen Datensatz aus den Genomen von 861 unterschiedlichen Virenarten, die nachweislich vom Tier auf den Menschen übertragbar sind, erstellt. Anschließend entwickelten sie Machine-Learning-Modelle, um die Wahrscheinlichkeit einer Übertragbarkeit auf den Menschen zu ermitteln. Danach testeten sie das beste Modell anhand weiterer Viren, die bekanntermaßen vom Tier auf den Menschen überspringen.
Ein bisschen spät ist es zwar, aber laut den Wissenschaftlern hätte ihr KI-Modell SARS-CoV-2 als relativ hochrisikoreich eingestuft. Dabei musste das Modell nicht einmal wissen, dass artverwandte Viren Zoonosen, also vom Tier auf den Mensch übertragbar sind. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass das zoonotische Potenzial von Viren in erstaunlich hohem Maße aus ihrer Genomsequenz abgeleitet werden kann, und zwar in einem Maße, das die derzeitigen Alternativen übertrifft“, heißt es in dem Paper der Forscher, das im Fachjournal PLOS Biology veröffentlicht wurde.
„Je mehr Viren charakterisiert werden, desto effektiver werden unsere Modelle des maschinellen Lernens bei der Identifizierung der seltenen Viren, die genau überwacht und für die präventive Impfstoffentwicklung priorisiert werden sollten“, erläutert der an der Studie beteiligte Simon Babayan. Die Hoffnung dahinter: KI-basierte Systeme könnten in Zukunft als kostengünstiges und schnelles Frühwarnsystem eingesetzt werden, damit die nächste Pandemie noch im Entstehen erstickt werden kann.