Gefährdet KI Grundrechte? Kritiker fordern strengere Auflagen
Über 100 zivilgesellschaftliche Organisationen, unter anderem Algorithm Watch, fordern von der EU-Kommission, Grundrechte im geplanten KI-Gesetz besser zu berücksichtigen. In einem offenen Brief kritisieren sie, das geplante Gesetz sei nicht gut genug, um Bürger:innen davor zu schützen, dass KI-Systeme ihre Grundrechte einschränken.
„Die Vorhersagen und Entscheidungen, die solche Systeme treffen, können falsch, diskriminierend oder anderweitig ungerecht sein und die Autonomie der Menschen oder das öffentliche Interesse unterminieren“, heißt es in dem Statement. Deshalb brauche ein Gesetz zur KI-Regulierung einen Fokus auf Grundrechte, Werte und demokratische Prozesse.
Der Plan: Ein Mehrstufen-System für KI
Die EU-Kommission hatte im April einen Vorschlag gemacht, wie Künstliche Intelligenz künftig in der EU überwacht und reguliert werden soll. Im Wesentlichen sieht der Vorschlag ein Stufen-System vor, das KI-Anwendungen in Risikoklassen einteilt und entsprechende Auflagen vorsieht.
Demnach sollen eindeutig bedrohliche Systeme verboten werden. Dazu gehören Social Scoring oder Sprachassistenten, die Kinder zu riskantem Verhalten animieren. Die zweite Kategorie umfasst Hochrisiko-Systeme aus den Bereichen der kritischen Infrastrukturen oder der öffentlichen Verwaltung. Sie sollen vor und während ihres Einsatzes geprüft werden. Für Systeme mit „begrenztem Risiko“ wie Chatbots gelten Transparenzverpflichtungen. Unkritische Systeme wie Spamfilter oder KI-gestützte Spiele fallen nicht unter die Auflagen.
Die Kritik: Grundrechte nicht genug geschützt
Die Organisationen kritisieren, dass dieses System zu allgemein gehalten sei und außer Acht lasse, in welchem Kontext die Anwendung eingesetzt wird. Damit wirklich alle Systeme verboten werden, die Grundrechte gefährden, müssten mehr Systeme in die strengste Kategorie fallen – zum Beispiel die Erkennung von Emotionen oder Charakter anhand von Daten über körperliche Eigenschaften oder Nutzungsverhalten.
Die Forderung: Mehr Verbote, strengere Auflagen
Auch biometrische Überwachung sollte nach Ansicht der Unterzeichner:innen gänzlich verboten werden. Bisher soll sie nur im Bereich der Strafverfolgung nicht mehr eingesetzt werden, wobei auch dafür Ausnahmen geplant sind. Auch Mitglieder des Europäischen Parlaments und der Europäische Datenschutzbeauftragte hatten bereits ein komplettes Verbot von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum gefordert.
Auch den Einsatz von KI im Bereich der zweiten Kategorie, der Hochrisiko-Systeme, wollen die Organisationen strenger reguliert sehen. Sie fordern, dass Anwender solcher Systeme einen Bericht zum Einfluss der Anwendungen auf Grundrechte, Menschen, die Umwelt und das öffentliche Interesse veröffentlichen müssten. Das solle für alle gelten, die solche Systeme nutzen – nicht nur für jene, die sie entwickeln.
Über den Vorschlag der EU-Kommission beraten das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten. Sie können auch noch Änderungen einbringen.