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Kolumne
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Nach dem Hype auf der OMR: So erkennst du echte KI-Expert:innen

In der Debatte um KI gibt es viele selbsternannte Expert:innen, die versuchen, erfahrenen Fachleuten ihren Job zu erklären – schön zu beobachten erst kürzlich auf der OMR. Unser KI-Kolumnist Saim Rolf Alkan gibt Tipps, wie man echte Expert:innen erkennen kann – und räumt mit ein paar Fehlannahmen auf.

Von Saim Rolf Alkan
4 Min. Lesezeit
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OMR-Chef Philipp Westermeyer. (Foto: picture alliance/dpa | Christian Charisius)

Marktforscher:innen ist Haßloch, das „größte Dorf Deutschlands“ in der Südpfalz mit gerade einmal 20.000 Einwohner:innen, ein Begriff. Als Ort, der nahezu alle demographischen Merkmale der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik perfekt abgebildet hat, diente er der Gesellschaft für Konsumforschung (GFK) viele Jahr(zehnt)e als Testterrain für die Ergründung des Konsumverhaltens. 2016 hatte das ein Ende, weil auch die GFK einsehen musste, dass sich komplexe Zusammenhänge auf diesem vergleichsweise banalen Weg einfach nicht ergründen lassen.

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Ganz ähnlich verhält es sich dieser Tage mit der OMR. Niemand konnte vergangene Woche am Hamburger Westermeyer-Fanboy- und -girl-Festival vorbei. Ob man wollte oder nicht. Dazu musste man nicht einmal vor Ort sein. Alle Social-Media-Kanäle waren verstopft mit Eindrücken der Teilnehmer:innen oder Kommentaren der Nicht-Teilnehmer:innen.

Ein Treffen von 70.000 KI-Expert:innen?

Die unüberhörbare Kakophonie zum Thema KI, die beim OMR-Festival seinen vorläufigen Live-Höhepunkt fand, konnte bisweilen den Eindruck erwecken, dass dort 70.000 KI-Expert:innen die Weichen für Wohl und Wehe von Gesellschaft und Wirtschaft stellen. So gesehen stand die OMR stellvertretend für die ganze Republik, die nach 80 Millionen Bundestrainer:innen und Virolog:innen inzwischen aus 80 Millionen KI-Expert:innen zu bestehen scheint.

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Jede:r hat irgendetwas Kluges zur Diskussion beizutragen und sorgt doch am Ende nur dafür, die allgemeine Schnappatmung zu beschleunigen. Wobei diese ihren Ursprung gefühlt zu jeweils etwa gleichen Teilen in Existenzangst oder Goldrausch zu haben scheint.

Dabei wäre es gerade jetzt so wichtig, genauer hinzusehen. Differenzierter zu argumentieren. Vor allem aber: sich auszukennen. Oder um das Bonmot eines ansonsten weniger zitierfähigen „Kabarettisten“ zu bemühen: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten.“

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In der Tat bin ich der festen Überzeugung, dass wir in der Debatte um KI von einer Masse an Dampfplauderern umgeben sind, die denjenigen, die sich seit vielen Jahren mit der Materie intensiv auseinandersetzen, zu erklären versuchen, wie sie ihren Job zu erledigen haben. Was schon im täglichen Kleinklein bei Linkedin und Co schwer auszuhalten ist, wird bei Fachveranstaltungen und erst recht auf politischer Bühne unerträglich.

Ich möchte daher gern ein paar Tipps geben, wie sich die Spreu vom Weizen trennen lässt und wie sich echte Expert:innen identifizieren lassen. Da ist vor allem die Gleichsetzung von künstlicher Intelligenz mit Automatisierung. Diese Entsprechung ist schlicht nicht korrekt! Denn in den allermeisten Fällen sprechen wir über KI-Anwendungen, die singuläre Tätigkeiten übernehmen – das gilt gerade auch für die sehr stark im Fokus stehende generative KI à la ChatGPT oder Midjourney. Hier werden nur Teilaufgaben, aber nicht ganze Prozesse ersetzt.

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Ohne den Menschen geht es nicht

Das bedeutet: Ohne den Menschen geht es nicht. Der Mensch ist Impulsgeber, Prozessüberwacher und/oder Veredler – nicht selten alles drei. Kein Ergebnis ohne Prompt, Qualitätskontrolle und/oder menschlich definierte Verwendung des Resultats.

Auch automatisierte Wiederholungen gibt es nicht ohne einen entsprechenden Impuls zur Optimierung oder gleichlautenden Wiederholung der entsprechenden Tätigkeit. Das Aussortieren schwarzer, fauliger oder unreifer Pommes Frites mithilfe einer KI-basierten Bilderkennung und das anschließende automatische Verpacken der einwandfreien Kartoffelstäbchen in Tüten ist da deutlich weiter. Hier braucht es im gesamten Prozess keinen Menschen mehr.

Die ursprüngliche Hoffnung, dass KI unser Leben erleichtert oder komplette Prozesse automatisiert und beschleunigt, hat sich bisher noch nicht wirklich erfüllt. Eine echte Entlastung durch eine selbständige Automatisierung gibt es nicht. Weder Qualitätssicherung noch Eigeninitiative funktionieren. Die generative KI (aka „die Maschine“) wickelt nichts von alleine ab. Humans are still in the loop. Das wirft die Frage auf, in welchem Evolutionsschritt wir uns derzeit eigentlich befinden?

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Von einer Automatisierung von Prozessen durch künstliche Intelligenz – zumal im kreativen Bereich – sind wir jedenfalls noch weit entfernt. Die laufende Debatte hinterlässt bei den meisten allerdings einen ganz anderen Eindruck. Ohne glasklar zu differenzieren aber fällt es (zumindest mir) schwer, eine echte Diskussion darüber zu führen, in welchem Ausmaß KI tatsächlich Einzug in unser Leben und Arbeiten hält. Dass viele Teilnehmer:innen an der grundsätzlichen Debatte über KI dann meist auch nicht zwischen Machine oder Deep Learning unterscheiden können und spätestens bei neuronalen Netzen ins Straucheln geraten, ist für mich persönlich ein Riesenärgernis.

Egal, ob Politiker:innen, Journalist:innen, Keynote-Speaker:innen oder Podiumsteilnehmer:innen – macht bitte endlich eure Hausaufgaben, wenn ihr euch an der Debatte beteiligen wollt! Sonst verkommt diese Debatte zu einer oberflächlichen Auseinandersetzung, wie wir sie von der Corona-Pandemie oder dem Ausscheiden der Fußballnationalmannschaft zur Genüge kennen. Und dann ist es wirklich besser, künftig einen großen Bogen um Veranstaltungen oder neue Haßlochs wie das OMR-Festival zu machen.

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Malte malte.schroeder@me.com

Die meisten Speaker haben mehr Zeit in Personal Branding als in tatsächliches Fachwissen investiert – für meinen Geschmack zu viel Augenwischerei. Aber es funktioniert. Die Leute stehen halt auf Stories, und machen sich vor, auf der OMR wichtige Insides zu lernen. Ich hab mir ein paar Sachen online angeschaut. Bester Geheimtipp zur Content Strategie eines Speakers auf der OMR, ich zitiere: „YouTube machst du was längeres, TikTok was kurzes.“

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Jon Travos

Leider ist der Artikel das, was der Autor selbst kritisiert: Dampfplauderei. Keinerlei Fachwissen. (Was nicht bedeutet, dass der Autor kein Fachwissen hat. Nur leider zeigt sich das hier nicht.) Zudem verliert sich der Artikel im Aspekt „Automatisierung != KI“ und vergisst dabei seine Intention: „Tipps geben, wie sich echte Expert:innen identifizieren lassen“. Clickbait gibt es doch schon genug!

Antworten
Julia

Alleine schon beim Versuch alle, die auf die OMR gehen, als Fanboys/-Girls darzustellen hat es mir eigentlich schon gereicht. Kommentar = persönliche Meinung – ja klar, aber was genau hat das mit dem Erkennen von Expert:innen zu tun? Im übrigen weiß ich immer noch nicht wie ich die nun erkennen soll. Also hat der Artikel mir genauso wenig insides gegeben wie ein Podiumsvortrag. Von denen ich im Regelfall aber wenigstens Impulse mitnehme. Ich glaube niemand geht zu so einer Veranstaltung und meint danach absolutes Insiderwissen zu haben. Die Menschen, die ich kenne auf jeden Fall nicht ‍♀️

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