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KI als Lernhelfer: Eyetracking-System erkennt Schüler mit Rechenschwäche

Eine Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen setzt erstmals auf ein neues KI-Lernsystem für den Matheunterricht. Es soll helfen, Schüler:innen mit Rechenschwierigkeiten zu entdecken und gezielt zu fördern. So funktioniert es.

Von Alisa Pankau
4 Min.
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Schülerin arbeitet mit dem Lernsystem KI-ALF und löst eine Aufgabe am Rechenrahmen (Foto: Adam Polczyk | Universität zu Köln)

Matheunterricht ist mit Angst verbunden: Dieser Aussage würden manche Schüler:innen sicher zustimmen. Eine solche Angst kann nicht nur erheblichen Einfluss auf die Schulzeit, sondern auch auf das Erwachsenenleben haben. Daher möchte ein Team der der Universität zu Köln und der TU München Kindern eine ganz besondere Hilfestellung geben: ein KI-basiertes Lernsystem, das vor allem die Blickbewegungen des Kindes analysiert, während es am Bildschirm Aufgaben löst. Das System ist das Ergebnis des Forschungsprojektes KI-ALF. „KI-basierte adaptive Lernunterstützung zur Diagnostik und Förderung der mathematischen Basiskompetenzen im inklusiven Kontext“ lautet die offizielle Projektbeschreibung.

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Hinter dem sperrigen Titel steckt das Ziel, Kinder mit Rechenschwierigkeiten am Übergang zwischen der vierten und fünften Klasse zu identifizieren und individuell zu unterstützen. „Der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe ist für viele Kinder eine Herausforderung. Besonders im Fach Mathematik zeigen sich an Gesamtschulen deutliche Unterschiede in den Fähigkeiten der Schüler:innen“, erklärt die Projektleiterin des KI-ALF, Maike Schindler von der Kölner Universität. Eine erste Gesamtschule in Wulfen in Nordrhein-Westfalen setzt das System jetzt ein, um Schüler:innen der fünften Klasse gezielt fördern zu können. ​​ 

Eyetracking für den Matheunterricht: So soll es funktionieren

Um das System an Schulen zu nutzen, sind ein aktueller Computer, eine gute Grafikkarte und eine Webcam nötig, erläutert Prof. Achim Lilienthal von der TU München, der in KI-ALF für die technische Umsetzung verantwortlich ist. Über die Webcam erfolgt das Eyetracking, dabei werden die Blickbewegungen der Schüler:innen über den Monitor aufgezeichnet. Aus diesen Blickmustern entstehen farbige Heatmaps, aus denen ersichtlich wird, welche Bereiche der Aufgabe sich die Schüler:innen nur kurz oder häufiger anschauen. Eine rote Färbung kennzeichnet die Stellen, wo die Kinder häufig hinschauen, grün ist der Bereich, wo die Augen nur kurz verweilen. Die KI liefert somit die Einschätzung der im Projekttitel erwähnten „mathematischen Basiskompetenzen“.

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Darunter verstehen die Forschenden jene mathematischen Fähigkeiten der Grundschulmathematik, die für das weitere Mathematiklernen zentral sind, insbesondere das Verständnis von Zahlen und von Rechenoperationen. Diese zeigen sich beispielsweise in der Fähigkeit der Schüler:innen, Strukturen zu erfassen. Das sei wesentlich für die mathematische Entwicklung der Kinder. Bei Aufgaben zu Rechenoperationen wie Addition oder Multiplikation lässt sich bei geeigneten Aufgabenstellungen durch Eyetracking also ermitteln, ob die Kinder über mathematische Basiskompetenzen verfügen.

Niko nutzt das Lernsystem an der Gesamtschule Wulfen. Im Hintergrund: Lehrerin Vanessa Trabert (Foto: Adam Polczyk / Universität zu Köln)

Wie solche Aufgaben aussehen können, erklärt Schindler: „Aufgaben an visuell dargestellten digitalen Lernmaterialien eignen sich hierfür besonders“. Etwa die Zahlenerkennung am Rechenrahmen. Ein Rechenrahmen veranschaulicht abstrakte Zahlen in Form von Kugelreihen. In der Aufgabe sind beispielsweise zehn Reihen mit je zehn Kugeln abgebildet – in einigen Reihen fehlen ein paar Kugeln. Die Kinder sollen dann herausfinden, wie viele Kugeln in dem Rechenrahmen abgebildet werden. Wer ein gutes mathematisches Verständnis mitbringt, erfasst die Reihen mit weniger Kugeln auf einen Blick, ohne diese wirklich abzuzählen.  Wer hingegen jede einzelne Kugel mühsam zählt und nicht nur die Reihen erfasst, könnte Unterstützung im mathematischen Grundlagenbereich benötigen.

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An dieser Stelle kommt die Technologie ins Spiel: Wenn sich ein Kind jede Reihe einzeln und vollständig angeschaut hat, ist dies in der Heatmap mit einer Färbung zu sehen. Für das Erkennen und Zuordnen der Muster aus den Heatmaps wurde die KI anhand von Experteneinschätzungen trainiert. Auf dieser Grundlage empfiehlt die Software individuelle Lernvideos und Übungsaufgaben für die Schüler:innen, die sie im Nachgang im selben Computerprogramm bearbeiten können. „Das ist etwas Neues. Das gibt es in der Form noch nicht und wird im KI-ALF Projekt erstmals umgesetzt. Andere Programme unterscheiden bisher nur zwischen richtiger und falscher Antwort“, so Schindler.

Ein zukunftsfähiges Lernsystem? 

Das Forscher-Team hatte außerdem die finanzielle Umsetzbarkeit im Blick. So sind für die Analyse der Blickrichtung keine hochentwickelten Eyetracking-Systeme erforderlich, bei denen jede Gradabweichung entscheidend ist. Die Ausstattung mit einer Webcam sei nach Angaben der Forschenden ausreichend, da die Schüler:innen ihre Blicke hauptsächlich auf die Darstellung der Aufgaben richten. Dadurch würde die Nachjustierung des Webcam-Eyetrackings erleichtert werden. 

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An der Gesamtschule in Wulfen können derweil fünf Schüler:innen der fünften Klasse gleichzeitig individuellen Förderunterricht erhalten. „In einer Stunde kann eine Lehrkraft nun fünf Kinder gleichzeitig individuell fördern. Vor dem Einsatz des Lernsystems hat eine Lehrkraft in einer Stunde nur ein Kind fördern können“, sagt Schindler. Damit bietet das KI-Programm nicht nur Unterstützung für die Schüler:innen, sondern auch für das Lehrpersonal und die Schulen. Aufgrund dieser Bedingungen schätzt Schindler das System als zukunftsfähig ein und ist optimistisch, dass es künftig auch an weiteren Schulen zum Einsatz kommen kann. Perspektivisch sind nach Einschätzung der Forschenden auf Basis der KI-ALF Entwicklungen auch eine KI-basierte individuelle Förderung in anderen mathematischen Bereichen und auch eine Förderung besonders leistungsstarker Kinder möglich.

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