Mit Kind und Kegel? Und Hund? Digital Nomad – das ist doch nur was für junge Menschen, oder?
Flashback: 1968. Mein älterer Bruder war gerade in Deutschland geboren, da beschloss mein Vater, mal mit dem Auto von Frankfurt nach Kapstadt zu fahren. Das war damals ein echtes Abenteuer – heute kann man mit einem Twingo über Autobahnen diese Strecke hinlegen. Aber damals … Egal. In Namibia angekommen, hat es ihm dann so gut gefallen, dass er meine Mutter fragte, ob sie nicht den Kleinen einpacken und mit nach Namibia bringen wolle – auswandern. Es war 1968 … Meine Mutter wollte und tat dies. Alles aufgegeben, verkauft und ab ins Flugzeug. Sehr zum Entsetzen ihrer Familie und Freunde. Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Seuchen – kaum ein Argument, das ihr nicht entgegenschlug. Und dann noch der Säugling! Wie kann man nur? In Afrika gibt es doch keine Ärzte, da gibt es nur Krieg! Ja, wie kann man nur?
Man kann …
Nun ja, drei Jahre später bin ich auf die Welt gekommen – in Windhuk, Namibia. In diesen drei Jahren hatte sich allerdings einiges verändert und meine Eltern entschlossen sich, erst mal wieder nach Deutschland zu gehen, etwas mehr Geld verdienen. Meine Mutter flog mit mir – ich war etwa drei Wochen alt –, mein Vater schnappte sich meinen Bruder (dreieinhalb Jahre alt) und fuhr mit dem Auto nach Deutschland. Das dauerte drei Monate. Das war 1971. Eine Zeit, in der man Telefongespräche ins Ausland vier Wochen vorher anmelden musste und ein Brief gerne mal sechs Wochen brauchte (mit Luftpost!). Das ging. Und danach ging es jedes Jahr um die Welt – als Familie mit zwei kleinen Kindern.
… auch heute
Okay, das war vor langer Zeit. Aber schon damals ging das. Vor wenigen Jahren sind Freunde von mir mit ihrem Neugeborenen, ein paar Wochen alt, für sechs Monate durch Australien und Neuseeland gefahren. Auch sie haben das erlebt, was meine Eltern durchgemacht hatten: Entsetzen, Zweifel, Vorwürfe der Familie und Freunde. Und am Ende? Alle drei kamen wohlbehalten zurück und alles war fein. Was ich damit sagen will: Digital Nomads, das ist neu, nur aber das „Digital“. Das haben Menschen schon viel früher gemacht. Seit Jahrhunderten, wenn nicht sogar länger. Ein Freund von mir ist Zimmermann – und war, wie es die Tradition verlangt, auf der Walz. Weltweit. Auch ein Nomade, nur eben nicht digital, sondern mit Holz, Hammer und Nägeln.
Ihr glaubt’s nicht?
Googelt mal ein wenig. Ihr werdet viele, viele Blogs von Menschen finden, die mit Kindern oder mit ihrem Hund um die Welt reisen und arbeiten. Geile Geschichten und Beispiele. Einen Transporter umgebaut, sodass er als Zuhause und Büro funktioniert, und ab um die Welt. Die Kinder sind bestens versorgt (meistens besser als in Deutschland). Sie erleben in jungen Jahren die Welt, lernen und haben die beste Beziehung zu ihren Eltern. Es ist einfach anders, so aufzuwachsen. In meinen Augen: besser. Die, die am wenigsten damit Probleme haben, sind eben die Kinder. Und ich habe mittlerweile einige kennengelernt …
Wuff!
Das gilt auch für Leute, die beispielsweise mit ihrem Hund reisen. Zugegeben, das ist manchmal etwas komplizierter bei der Immigration, aber machbar. Mit den entsprechenden Papieren und Recherche vorab – kein Problem.
Die größte Hürde bei der Entscheidung zumDasein als digitaler Nomade ist man wohl selber. Selbstzweifel: Kann ich das? Will ich das? Gerne werden dann eben Kinder oder Tiere als Grund herangezogen, um die Entscheidung dagegen zu rechtfertigen. „Ich würde ja gerne, aber …“. Leute, das muss nicht sein! Dann liegt das Problem eher woanders. Denn mit Kindern und Tieren um die Welt zu reisen, das ist echt kein Problem.
Digital Nomads sind nicht nur hippe 25-Jährige ohne Verantwortung und Verpflichtung. Das sind auch Familien in den 40ern. Und die machen es vor. Es bedarf einfach nur anderer Vorbereitungen und Rahmenbedingungen. Mehr nicht. Das gilt auch für ältere Menschen. Ich schramme knapp an den 50 Jahren rum – und? Ich schaue mir jüngere digitale Nomaden an und sage mir, „Mensch, warum hast du wieder so lange gewartet, um raus in die Welt zu gehen, warum nicht schon früher?“.
Gründe gibt es immer
Bei mir waren es mal Jobs („Sowas wird dir nie wieder angeboten, bleib hier!“), Beziehungen („Nee mein Freund, wenn du weg willst, dann bin ich weg!“), mal schnöde Karriere („Warte mal ab, wir wollen dich nächstes Jahr befördern!“). Kinder und Tiere waren bei mir nie ein Thema. Ich habe keine Kinder. Ich hatte Katzen, okay, aber nachdem meine Katze im zarten Alter von 20 Jahren starb – was hielt mich dann noch? Ich mich selbst wegen Selbstzweifel, und Zweifel, der von Freunden geschürt wurde (Neid … die wären selber gerne weg, konnten aber aus diversen Gründen nicht oder trauten sich nicht – und bevor es jemand anderes macht, dann es dem besser ausreden).
Es ist eine Entscheidung mit großer Tragweite, keine Frage. Aber Kinder oder Tiere sollten echt nicht die Gründe sein, etwas aufzuschieben oder nicht zu machen. Traut euch.
Denn es geht.
Cheers, Rob
Du hast Lust, mehr über das Leben als digitaler Nomade zu erfahren? Kein Problem, bei Rob’n’Roll around the World liest du mehr!