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6 Monate im Voraus oder: So klappt es mit dem Change-Prozess

Dass schlechte Ernährung krank macht, ist bekannt. Und dennoch pilgern die Menschen nach wie vor zu den Fastfood-Läden dieser Welt. Der Grund ist so einfach wie tragisch: Die gesundheitlichen Schäden treten vermutlich irgendwann in der Zukunft auf. Zu weit weg, um spürbar zu sein. Am fehlenden Andocken kranken auch zahlreiche Change-Projekte. Doch es geht auch anders.

Von Alexandra Vollmer
5 Min. Lesezeit
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Damit Veränderung funktioniert, braucht es greifbare Zustände und ehrliche Gespräche. (Foto: Fizkes/Shutterstock)

„Firmen sterben nicht, weil Budgetgrenzen überschritten werden, sondern weil sie sich zu spät damit auseinandersetzen, was in drei, fünf oder zehn Jahren in ihrem Wettbewerbsumfeld passieren wird“, so Matthias Kolbusa, Buchautor und Experte für High-Performance-Management. „Stellen Sie sich eventuellen Veränderungen oder gar Katastrophen nicht rechtzeitig, um daraus Chancen zu entwickeln, reicht im Ernstfall meist die Zeit nicht mehr, um das Ruder herumzureißen.“ Dabei mangelt es nicht an Zielen und Strategien. Wohlklingend spannen sie den zeitlichen Bogen über durchschnittlich drei bis fünf Jahre. Das Rüstzeug ist also da. Woran liegt es dann, dass keiner aus der Mannschaft mitläuft?

Noch lange hin

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„Weder Logik noch Fakten, sondern nur Emotionen, ob positive oder negative, bringen Menschen zum Handeln“, ist Kolbusa überzeugt. Zustände, die erst in zehn, fünf oder auch in zwei Jahren eintreten, würden bei den meisten Menschen jedoch keinerlei Emotionen auslösen. „Weder Leidenschaft noch Neid oder Angst treiben uns an, geht es um unsere ferne Zukunft.“ Aus dem Privatleben dürften dieses Phänomen viele von uns kennen. So ist den meisten klar, dass zu wenig Bewegung oder zu viel Koffein schlecht für die Gesundheit ist. Doch diese Kenntnis dringt nicht in unser Handeln durch. Der potenzielle gesundheitliche Schaden liegt vermutlich in ferner Zukunft. „Teilt uns ein Arzt jedoch mit, dass wir nur noch wenige Monate zu leben haben, wenn wir uns weiter so verhalten, wird uns diese Botschaft im Mark treffen“, so Kolbusa. Die Angst sei mit einem Schlag da und entfessele ihre Kraft. „Wir beginnen sofort damit, unsere Gewohnheiten zu ändern, sollte es eine realistische Chance aufs Weiterleben geben.“

Der Zeit voraus

Dabei sei das Zusammenspiel von Emotionen, Zielen und Zeit nicht bei allen Menschen gleich ausgeprägt. Es gäbe Menschen, die sich nur auf das Jetzt fokussieren. Drogenabhängige beispielsweise zögen keinerlei Motivation aus Zuständen, die sich erst in einigen Wochen oder sogar Tagen einstellen. Auf der anderen Seite finde man Menschen, die sich bereits von einer Situation, die erst in mehreren Jahren eintreten könnte, zum Handeln anstacheln ließen. Mit großer Begeisterung versuchen sie, ihre Vision an den Mann oder die Frau zu bringen. In der Regel erfolglos. Ihre Zuhörer können ihnen vermutlich gedanklich folgen. Aber es packt sie nicht. Die Geschichte ist noch zu weit weg, als dass sie an das jetzige Erleben andocken kann. Der Visionär ist seiner Zeit voraus.

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Change in Sechsmonatsscheiben

„Über sechs Monate reicht der emotional antizipatorische Zeithorizont der meisten Menschen nicht hinaus“, beobachtet Kolbusa. Das sollten sich Führungskräfte bewusst machen, wenn sie eine hohe Beteiligung für ihr nächstes Change-Projekt generieren wollen. Gerade bei längerfristigen Projekten sei intensiv über die Frage zu diskutieren, was bereits in sechs Monaten anders sein wird. Andreas Lehmann, Leiter Public Relations beim Spirituosenhersteller Jägermeister, schlägt in die gleiche Kerbe. Man könne Mitarbeiter nur mit „klar überschaubaren Vorhaben“ emotional erreichen. Wie groß der Zeithorizont sei, hänge von der Größe des jeweiligen Projektes ab. Im Unternehmen werde beispielsweise das Thema Gesundheitsmanagement großgeschrieben. „Bei einem solchen im Grunde lebenslangen Projekt braucht es verschiedene Zeithorizonte“, so Lehmann. „Die Mitarbeiter müssen nicht nur die gesamtstrategische Ausrichtung durchdringen, sondern auch schnell implementierbare gesundheitsfördernde Maßnahmen anregen und umsetzen helfen.“ Damit sei zum einen ein sehr langer Zeithorizont gegeben und zum anderen mehrere vergleichsweise kurze Projektstrecken.

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Emotion durch Teilhabe

„Es klingt banal, aber damit der Mitarbeiter sich als ein Teil des Projektes versteht, ist es entscheidend, ihm das Gefühl zu geben, dass er tatsächlich ein wichtiger Teil des Projektes ist“, so Lehmann. Dafür sei es unbedingt notwendig, mit den Mitarbeitern rechtzeitig zu sprechen. Und zwar unabhängig davon, ob sie am Projekt aktiv beteiligt seien oder nicht. Aus diesem Grund habe das Unternehmen vor zwei Jahren ein neues Social Intranet eingeführt. „Über dieses Medium können wir unsere Mitarbeiter nicht nur informieren, sondern mit ihnen in den direkten Dialog gehen“, beschreibt Lehmann den Vorteil der Kommunikationsplattform. Auch wenn Kommunikation via Intranet weder neu noch zwingend effektiv ist, bei Jägermeister scheint es zu funktionieren. Das Unternehmen moderiert die Diskussionen nicht und erreicht dadurch einen ungefilterten Dialog auf Augenhöhe. Man arbeite mit erwachsenen und mündigen Menschen zusammen, denen man eine offene und konstruktive Diskussion zutraue. Und wo bleiben die Emotionen? „Auf möglichst direktem Weg auf eine menschliche und ungefilterte Art zu kommunizieren, setzt Gefühle frei“, ist Lehmann überzeugt. „Menschen beginnen damit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, sich eine Meinung zu bilden.“ Dieses miteinander Sprechen sei ein Wert an sich. Es schaffe Relevanz für die Themen im Unternehmen. „Und wenn eine Diskussion vom Vorstand bis zum Kollegen im Nachbarbüro geführt wird, dann entsteht nicht nur das Gefühl der Offenheit, sondern auch die Überzeugung, mit der eigenen Meinung gehört zu werden“, beschreibt Lehmann die Auswirkungen der offenen Kommunikationskultur. Auch wenn am Ende die Entscheidung in eine andere Richtung gehe, fühle man sich im Unternehmen wahr- und ernstgenommen.

Fakten inklusive

„Ziele werden nur erfolgreich erreicht, wenn sie an Emotionen andocken“, betont Managementexperte Matthias Kolbusa. Und für Emotionen brauche es greifbare Zukunftsbilder. „Was konkret ist in einem halben Jahr zu erreichen? Was wird anders sein, und woran werde ich das sehen, spüren, riechen können?“ Nur dann habe man eine gute Chance, dass eine ausreichend kritische Masse anfängt, ebenfalls für das Thema zu brennen. Auch PR-Mann Andreas Lehmann sieht die herausragende Bedeutung der Emotionen für eine erfolgreiche Beteiligung im Unternehmen. Und das nicht nur, weil es Jägermeister als Lifestyle-Marke vergleichsweise leichtfällt, emotional zu agieren. Dennoch würde er den ausschließlichen Fokus nicht unterschreiben. Für ihn kommt es auf eine gesunde Mischung an. „Ohne Emotionen fällt es schwer, Motivation zu wecken und Menschen auch innerlich mitzunehmen“, so Lehmann. „Emotionen wühlen auf und triggern Handlung.“ Fakten seien jedoch wichtig, um im Gespräch überzeugen zu können. Und bei der nächsten Firmendiskussion, wenn es zum Beispiel um die Frage geht, ob im inzwischen international tätigen Unternehmen mehr Englisch gesprochen werden muss, dann werden beide eine Bühne bekommen – Argumente und Emotionen.

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