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Analyse

Scheiß auf Distanz: Warum Kollegen auch gute Freunde werden dürfen

Sollten sich Kollegen anfreunden? Unbedingt! Denn Unternehmen profitieren von Mitarbeitern, die sich gut verstehen. 

Von Lisa Hegemann
5 Min.
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Gute Freunde im Büro verbessern das Betriebsklima. (Foto: Shutterstock / Robert Kneschke)

„Büro ist Krieg.“

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Bernd Stromberg steht so ziemlich für alles, was in deutschen Büros falsch läuft. Wer den Berufsalltag wie der Chef aus der gleichnamigen TV-Serie betrachtet, der sieht überall Feinde lauern: Menschen, die den gleichen Job erledigen; Menschen, die die gleichen Qualifikationen mitbringen; Menschen, die um dieselbe Beförderung konkurrieren. In der Welt des fiktiven Versicherungsvertreters sind diese Menschen keine Kollegen, sondern Konkurrenten.

Das ist das Worst-Case-Szenario. Im besten Fall sehen wir die Menschen, die mit uns arbeiten, aber nicht nur als Kollegen, sondern als Freunde an. Schließlich verbringen wir viel Zeit im Büro. Um dort gerne hinzugehen, müssen wir uns wohlfühlen. Und das tun die meisten von uns vor allem dann, wenn sie sich mit den Menschen an ihrem Arbeitsplatz verstehen – und sie nicht bekämpfen.

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Aber wir profitieren davon nicht nur persönlich. Auch für Unternehmen zahlen sich Freundschaften unter Mitarbeitern aus. Firmen wie Google oder Dropbox fördern gar die Kameradschaft auf der Arbeit. Nur warum? Die folgenden Punkte geben Antworten darauf.

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Der fiktive Versicherungsvertreter Bernd Stromberg, gespielt von Christoph Maria Herbst, kannte keine Freunde im Büro. Ein Fehler, wie Studien zeigen. (Foto: dpa)

Der fiktive Versicherungsvertreter Bernd Stromberg, gespielt von Christoph Maria Herbst, kannte keine Kollegen oder gar Freunde im Büro. Ein Fehler, wie Studien zeigen. (Foto: dpa)

1. Wir sind glücklicher.

Zufriedenheit am Arbeitsplatz hängt für viele Beschäftigte mit netten Kollegen zusammen. In einer Umfrage aus Großbritannien sagen 70 Prozent der Befragten, dass Freunde im Büro den wichtigsten Aspekt für ein glückliches Arbeitsleben darstellen. Das gute Verhältnis zu Kollegen schlägt sogar das Gehalt: Eine Mehrheit der Befragten würde einen besser bezahlten Job ausschlagen, wenn sie dafür weiter mit Freunden zusammenarbeiten kann.

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2. Wir identifizieren sich stärker mit unserem Arbeitgeber.

Nur 16 Prozent der deutschen Beschäftigten spürt eine starke Bindung zum eigenen Arbeitgeber, wie der „Gallup Engagement Index 2015“ zeigt. Durch diese mangelnde Identifikation entgehen der deutschen Wirtschaft jährlich zwischen 76 und 99 Milliarden Euro, schätzt das Analyse-Unternehmen.

Freundschaften am Arbeitsplatz helfen, dieses Defizit zu bekämpfen. Es gehe um mehr als nur darum, Spaß zu haben, schreibt die Psychologin Christine Riordan in einem Gastbeitrag. „Es geht um einen Gemeinschaftsinn und die Mentalität, dass man gemeinsam in einer Sache drinsteckt.“

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Als Beispiel nennt sie Soldaten: Sie entwickeln starke Bindungen zueinander, wenn sie gemeinsam für eine Sache kämpfen, weil sie an den Zweck glauben und sich aufeinander verlassen, wie Studien belegen. „Kameradschaft schürt Gruppenloyalität, die in einem gemeinsamen Engagement für die Sache enden kann.“ Das können sich auch Unternehmen zunutze machen und einen ähnlichen Teamgeist intern fördern.

3. Wir sind engagierter. 

Die bekannteste Studie zu Freundschaften am Arbeitsplatz stammt von Gallup. Sie ist bereits 15 Jahre alt, wird aber selbst heute noch zitiert. Das Unternehmen fand damals heraus, dass beste Freunde im Büro einen positiven Effekt auf die Arbeitsmoral haben. So gab jeder zweite Befragte mit bestem Freund im Unternehmen an, dass er engagiert sei. Bei den Teilnehmern, die keinen guten Freund unter den Kollegen zählten, sagte das nur jeder Zehnte.

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4. Wir holen uns eher Rat.

Um Hilfe zu bitten, ist nicht angenehm. Gerade deswegen fragen wir oft erst unsere Freunde oder Menschen, die wir mögen, um Rat. Denn auf ihre Meinung vertrauen wir. Mehrere Studien zeigen, dass wir empfänglicher für Ratschläge von Freunden und Menschen, die wir mögen, sind.

Für Unternehmen hat das einen positiven Nebeneffekt: Wer beispielsweise an einer kniffligen Aufgabe sitzt und sie mit einem Freund diskutiert, kommt schneller zu einer Lösung. Auch Fehler werden so reduziert.

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5. Wir nehmen Feedback besser an. 

Mit ihren Sprichworten haben es viele Chinesen auf unsere Kalenderblätter geschafft. Auch wenn man sie als kitschig abtun mag, so enthalten die Weisheiten doch oft einen philosophischen Kern. Der Satz „Freunde erkennst du nicht daran, wie sie dich loben, sondern daran, wie sie dich kritisieren“ zählt dazu. Er erinnert daran, dass gute Freunde uns nicht nur unterstützen, sondern uns auch hinterfragen.

Im beruflichen Umfeld kann ein solches Feedback die eigene Entwicklung voranbringen. Ähnlich wie bei der Bitte um Hilfe müssen wir auch bei Kritik unserem Gegenüber vertrauen. Freunde kennen die eigenen Stärken und Schwächen. Sie wissen am besten, wo wir uns noch verbessern können. Sowohl für die Karriere als auch für ein Unternehmen kann das hilfreich sein: Laut einer US-Studie werden wir kreativer, wenn wir Feedback erhalten.

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6. Wir sind empathischer. 

Forscher der Universität von Virginia sind 2013 einer interessanten Frage nachgegangen: Wie empathisch sind wir bei Freunden und wie empathisch bei völlig Fremden? Dafür haben die Wissenschaftler 22 Personen einer funktionellen Magnetresonanztherapie unterzogen. Die Forscher untersuchten, wie die Probanden auf Bedrohungen und Schmerzen reagierten. In den Regionen im Gehirn, die auf Drohungen spezialisiert sind, zeigte sich rege Aktivität.

 „Menschen, die uns nah sind, werden Teil von uns selbst.“

Aber die Teilnehmer reagierten nicht nur auf Bedrohungen gegen sie selbst. Wenn Bekannte oder Freunde in eine bedrohliche Situation gerieten, wurden dieselben Regionen der Teilnehmer aktiv. „Die Untersuchung zeigt, dass das Gehirn die beeindruckende Kapazität besitzt, das eigene Ich auf andere zu übertragen“, sagt Forscher James Coan. „Menschen, die uns nah sind, werden Teil von uns selbst.“ Das gilt aber nur für Bekannte und Freunde. Bei Fremden fehlt die Aktivität besagter Regionen im Gehirn.

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Im Büroalltag kann es deshalb hilfreich sein, wenn wir mit unseren Kollegen befreundet sind: Wir verstehen sie besser. Dadurch gehen wir ganz anders auf die Personen ein. Im Büro sorgt das für eine mitfühlendere Atmosphäre – und das führt wiederum dazu, dass sich die Mitarbeiter besser verstanden fühlen.

7. Wer sich wohl fühlt, der bleibt.

Unternehmen lassen sich viel einfallen, um ihre Mitarbeiter zufriedenzustellen: Sie stellen Kicker und Tischtennisplatten auf, sie richten gemütliche Ecken ein, sie bieten umsonst Getränke oder Essen an, manche stellen sogar einen Feelgood-Manager ein. Das mag alles dabei helfen, die eigenen Beschäftigten zu halten oder neue anzulocken. Das Bundesarbeitsministerium hat aber einen anderen Grund dafür gefunden, warum Mitarbeiter ihren Arbeitgeber wechseln: die Menschen.

Die Behörde hat 2015 untersucht, was sich Beschäftigte von einem Jobwechel versprochen haben. Die, die über einen Wechsel nachdenken, nannten in der Studie Punkte wie Geld oder neue Aufgaben. Die, die tatsächlich wechselten, gaben etwas anderes an: bessere Vorgesetzte und eine faire Behandlung durch Kollegen.

Daraus lässt sich schließen: Wenn wir uns gut mit unseren Kollegen verstehen, kommt ein Arbeitsplatzwechsel eher nicht in Betracht. Der Personalberater Jörg Knoblauch drückt es noch deutlicher aus: „Wenn ein Mitarbeiter seine Freunde im Unternehmen hat, wird er es seltener wieder verlassen.“ Eine gute Atmosphäre entsteht eben nicht durch Geld, Aufgaben oder gemütliche Räume – sondern vor allem durch die Menschen, mit denen wir arbeiten.

Fazit: Kollegen müssen keine Freunde sein – aber sie dürfen

Trotzdem sollten Unternehmen nicht nur Freunde von Mitarbeitern einstellen oder gar verlangen, dass sich alle gut miteinander verstehen. Denn Freundschaften sind kein Blankoscheck für eine gute Zusammenarbeit. Wenn zwei Mitarbeiter befreundet sind, kann das auch zu Grüppchenbildung führen – wie früher in der Schule. Außerdem kann es sein, dass die Beschäftigten ihre Freunde bevorzugen: Sie schlagen sie für Beförderungen vor, obwohl andere Kollegen vielleicht rational besser auf die neue Stelle passen; sie reden möglicherweise Fehler  des jeweils anderen klein oder vertuschen sie sogar im Namen der Freundschaft.

Im schlimmsten Fall hat das Nachteile für das Unternehmen – und macht es zum Schlachtfeld der eigenen Interessen. Im besten Fall ergänzt die Freundschaft das Kollegentum eher: Sie sorgt für eine friedliche Atmosphäre, ohne die eigene Arbeit und die eigene Verantwortung in den Hintergrund geraten zu lassen.

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