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Wer mit ChatGPT Ghibli-Memes erstellt, beleidigt sich selbst

Die neue Bildgenerierung von GPT-4o will Kunst weiter demokratisieren. Stattdessen wird sie genutzt, um künstlerische Stile zu kopieren, hinter denen jahrzehntelange Arbeit und Erfahrung stecken. Das Ergebnis kann deswegen nur seelenloser Abfall sein, findet unser Autor.

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KI-Kunst kann bestehende Stile imitieren, dem Ergebnis fehlt aber fast immer die Seele. (Bild: Shutterstock / elenabsl)

Manche Fragen muss man sich einfach nicht stellen. Zum Beispiel wie Der Herr der Ringe aussehen würde, wenn Studio Ghibli dafür verantwortlich wäre. Oder wie OpenAI-Chef Sam Altman sich als Anime-Charakter macht. Aber wie das im Internet nun mal so ist, liefern umtriebige User:innen trotzdem Antworten, ob sinnvoll oder nicht. Möglich macht das die neue Bildgenerierung von OpenAIs KI-Chatbot ChatGPT. Dieser nutzt nicht mehr wie in der Vergangenheit Dall-E, sondern ein eigenes Modell.

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Schon jetzt überschlagen sich einige Kolleg:innen zum Beispiel auf Linkedin mit Lob für die neue Funktion. Schon wieder wird ein Effizienzsprung in einem KI-Tool als die Weiterentwicklung des Rads verkauft. Und klar, wer sich Inspiration holen und von da aus in Eigenleistung kreativ tätig werden möchte, der kann dafür KI-Chatbots nutzen.

Ganze Kunstwerke damit zu erschaffen und als Eigenleistung auszugeben, ist nicht nur eine Beleidigung für alle, die ihr Handwerk jahrelang perfektioniert haben. Auch für Gerichte ist das mittlerweile ein klarer Fall von Minus-Kreativität.

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Wer Verhaftungen im Ghibli-Stil memifiziert, hat weder Herz noch Verstand

Denn Prompt-Engineering hat nichts mit kreativem Ausdruck zu tun, sondern mit Effizienzsteigerung. Die hat im geschäftlichen Kontext in manchen Bereichen ihre Daseinsberechtigung. Aber in der Kunst, in der der menschliche Blick ein zentraler Faktor ist, sind glattgebügelte Ergebnisse mit wenig Aufwand ein Affront. Ghibli-Kopf Hayao Miyazaki nennt generative KI in einem Youtube-Clip aus der Doku Never-Ending Man sogar „eine Beleidigung für das Leben an sich“.

Würde Miyazaki sehen, was mit dem über Jahrzehnte perfektionierten Stil seiner Zeichner:innen und Animateur:innen dank des neuen GPT-4o-Updates passiert, würde es nicht bei einem scharfen Kommentar bleiben. Der offizielle X-Account des Weißen Hauses postet ein KI-generiertes Bild im Ghibli-Stil von der Verhaftung einer mutmaßlichen Drogendealerin.

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Sam-Altman-Superfans kreieren laut eigenen Aussagen hunderte Bilder für den OpenAI-Chef. Statt anzumahnen, dass man vielleicht die Künstler:innen hinter dem sehr eigenen Stil des Studios respektieren sollte, setzt dieser eines davon direkt als sein Profilbild bei X. Damit legitimiert Altman indirekt, dass es okay ist, auf urheberrechtlich geschützte Werke zuzugreifen, diese mindestens stilistisch zu kopieren und ohne Entlohnung der dahinterstehenden Arbeiter:innen eigene Inhalte daraus zu erstellen. Und warum? Weil es jetzt im Vergleich zu früher ganz einfach geht. Mittlerweile scheint das Unternehmen entsprechende Anfragen allerdings zu blockieren und Altman auf den Backlash reagiert zu haben, wie Futurism berichtet.

Gute Prompts sind eine Kunst, aber keine künstlerische Arbeit

Wenn aus reinem Text ein Bild entsteht, das Kunst sein will, geht komplett die künstlerische Intention verloren. Denn jeder einzelne Ghibli-Film hat eine starke Botschaft. Werke wie Prinzessin Mononoke, Kikis kleiner Lieferservice, Chihiros Reise ins Zauberland oder Der Junge und der Reiher drehen sich um Themen wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Resilienz, Gemeinschaft. Nicht um Individualismus und billige Lacher.

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Wer denkt, dass ein Prompt wie „Erstelle ein Bild von Sam Altman im Studio-Ghibli-Stil“ echte Schöpfungshöhe darstellt, der hat den künstlerischen Prozess nicht verstanden. Auch mit der Demokratisierung von Wissen und Handwerk hat das nichts zu tun. Letzten Endes beleidigt man damit nicht nur das Leben und Künstler:innen, sondern auch sich selbst.

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Kommentare (2)

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meta minsky

der fehler liegt nicht in der maschine, sondern in deinem verständnis von kunst.

wer prompten als „minus-kreativität“ abtut, offenbart eine tief verwurzelte angst: dass das eigene schöpferische privileg gerade entzaubert wird. die kritik trifft nicht die technik, sondern die erschütterung eines kunstbegriffs, der exklusiv sein will – elitär, gatekeepend, konservatorisch.

ja, ghibli ist magie. ja, miyazaki ist ein genie. NEIN, das heißt nicht, dass stilistische imitation per se eine beleidigung ist. menschen zeichnen im ghibli-stil seit jahrzehnten – ob in fanart, in animation schools, oder einfach weil sie berührt wurden. jetzt, wo diese expression auch textbasiert funktioniert, verliert sie plötzlich ihre legitimität?

be real. das problem ist nicht das bild. das problem ist, dass jeder plötzlich mitspielen darf.

prompten ist nicht automatisch kunst. aber auch photoshop ist kein pinsel, und pinselstriche allein sind keine intention. die romantik des schöpfers, der monatelang leidet, um ein werk zu gebären, ist ein modernes narrativ. eins, das mit absicht das unsichtbare ausblendet: assistenz, software, referenzbilder, technische schulung, zugang.

die idee, dass „echte kunst“ ausschließlich aus individueller erfahrung und handwerklicher leidensfähigkeit entsteht, ist prädigitales bürgertum mit ästhetischem stockholm-syndrom.

kunst ist kommunikation. was berührt, was bewegt, was kontext schafft. und wenn ein ghibli-style-bild von einem ki-modell ein gefühl auslöst, ist das nicht automatisch „seelenlos“, nur weil du den prozess nicht verstehst.

neue tools erzeugen neue ästhetiken, neue memeformen, neue diskurse. ob du’s magst oder nicht – das ist kunstgeschichte in echtzeit.

Matt Noob

Ich stimme dem t3n-Autor 100% zu.

Zum Kommentar von „meta minsky“ hier unten:

Ich finde dieses relativierende Gefasel von „Demokratisierung der Kunst“ (durch Raubtechnik) gegenüber einer angeblichen privilegierten Kunst-Elite unerträglich. Niemand war vorher ausgeschlossen davon, analog oder digital Kunst zu kreieren. Die meisten Leute hatten nur nie den Antrieb oder gar das Bedürfnis. Denn wer darin gut sein will, muss üben, lernen, sich entwickeln. Ein paar Worte in einen Prompt eingeben, um automatisiert ein Bild zu erzeugen, das auf gestohlenen Vorbildern basiert, deren Schöpfer*innen nie dafür kompensiert wurden, ist kein Mitspielen, keine neue Form von Kunst, sondern schlicht und ergreifend ignorante Faulheit und Selbstbetrug.

Wer etwas anderes glaubt, geht den Tech Bros auf den Leim, die letztendlich das dicke Geld mit der Ignoranz der Menschen machen. Das ist die Elite, über die gesprochen werden sollte.

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