Wie Konflikte das Team weiterbringen
Müller aus dem Kundendienst ärgert sich über die flotten Versprechungen aus der Marketingabteilung. Denn jetzt muss er die völlig überzogenen Erwartungen mal wieder mühselig zurechtrücken. Oder der Vertrieb berichtet mit stolzgeschwellter Brust von dem neuen großen Fisch im Netz. Statt in den Jubel mit einzustimmen, schlägt Produktionsleiter Hansen die Hände über dem Kopf zusammen. Er sieht sich schon wie auf einem Verschiebebahnhof Aufträge hin und her planen. Bestandskunden vertrösten. Überstunden fahren. Riesen Mist.
Konflikte sind gut
Konflikte wie diese sind an der Tagesordnung. Jedes Unternehmen erlebt immer wieder, dass verschiedene Interessen die Zusammenarbeit im Team oder auch teamübergreifend erschweren. Auf den ersten Blick unvereinbare Interessen – nichts anderes verbirgt sich hinter einem Konflikt. Und so hat er per se nichts Böses. Im Gegenteil. Ein Konflikt deckt auf, wo es hakt. „Konflikte bergen oft viel Gutes“, ist Patrick Best, Director Affiliation Manager beim Gutscheinanbieter Edenred, überzeugt. „Sie dienen der Auseinandersetzung mit Prozessen, die nicht nur den Unternehmenserfolg, sondern auch das Betriebsklima negativ beeinflussen können.“ Sein Mantra im Umgang mit Konflikten: Ansprache, Aussprache, Einigung. „Spricht man die Störfaktoren offen an und erarbeitet gemeinsam im Team Lösungen, stärkt das den Zusammenhalt enorm“, so Best. Auch Dinge, die sich im Moment nicht ändern ließen, könnten auf diese Weise akzeptiert werden. So könne die Zusammenarbeit nicht nur wieder an Fahrt aufnehmen. Mit dem neu gewonnenen gemeinsamen Verständnis sei sogar eine deutlich bessere Teamperformance drin.
Rauf auf die Agenda
Wenn das so ist, wenn Konflikte wie ein Gewitterregen die Teamstimmung bereinigen; wenn sie Schwachstellen zutage bringen und Prozesse besser machen – warum scheuen wir uns dann so, sie anzusprechen?
Ganz einfach: Wir sind mit dem unbedingten Streben nach Harmonie aufgewachsen. Konflikte sind lästig und machen alles kaputt. Und so schweigt man beharrlich oder spricht maximal hinter vorgehaltener Hand über das, was stört. In einer solchen Atmosphäre der Konfliktvermeidung wird sich selbst der hartgesottenste Verfechter des offenen Wortes dreimal überlegen, bevor er den Mund aufmacht.
Patrick Best geht bewusst einen anderen Weg. Er hat in seinem Unternehmen den Konflikt zum Standard erhoben. „Ich wollte im gesamten Team eine Atmosphäre schaffen, die Konflikte zulässt“, so Best. So hatten die wöchentlichen Abteilungsmeetings nicht nur die aktuellen Projekte auf der Agenda, sondern jedes Teammitglied war gleichzeitig verpflichtet, bis zu drei Situationen anzusprechen, die verbesserungswürdig oder schlecht gelaufen sind. „Diese standardisierte Vorgehensweise nimmt vielen Mitarbeitern die Hemmung, kritische Themen aufs Tapet zu bringen“, ist Best überzeugt. „Konflikte anzusprechen wird zur Routine.“ Der vorgebrachten Kritik würde auf diese Weise das Besondere genommen, es sei schlicht kein Ereignis mehr.
Argumente statt Angriff
Durch die regelmäßige Thematisierung von Kritikpunkten schlägt das Team noch eine weitere Fliege mit der gleichen Klappe: Der Konflikt eskaliert auf diese Weise nie bis zur persönlichen Ebene, sondern bleibt immer auf der Verantwortungsebene der Abteilung. Auf diese Weise lassen sich Unstimmigkeiten auf einer sachlichen Ebene lösen. Informationsaustausch und die Entwicklung einer gemeinsamen Lösung stehen im Vordergrund. Argumente zählen. Befindlichkeiten hingegen weniger. So lassen sich Konflikte im Team lösen, noch bevor sie zu voller emotionaler Größe herangereift sind.
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