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Kolumne

Künstliche Intelligenz und Design. Meine neue Beziehungskrise.

Braucht es in Zeiten von automatisch gestalteten Logos, Websites und Nutella-Gläsern überhaupt noch Designer? Na unbedingt. Nur anders. Ein Gastbeitrag von Andreas Läufer.

Von Andreas Läufer
4 Min.
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(Foto: dpa)

Voilà. Fertig ist die neue Website. Nur wenige Clicks und auch noch gratis dank Wix, dem Homepage-Baukasten mit künstlicher Design-Intelligenz. Jetzt noch das neue Logo aus dem Onlinegenerator eingefügt und los geht’s mit dem Internetauftritt. Der Nutzer ist stolz und hat Geld und Zeit gespart, während Designer sich von der digitalen Revolution überollt und zunehmend nutzlos fühlen. Und Alexa im Hintergrund scheint zu grinsen. Die Hysterie und zunehmende Angst vor künstlicher Intelligenz steigt. Zu Recht. Erst Anfang März erfuhren die Marketing-Mitarbeiter von Zalando, dass ihr Arbeitgeber verstärkt auf KI setzen möchte und daher 250 Marketing-Stellen streicht. Man muss in diesen Tagen schon sehr genau den Wert seiner Arbeit kennen, um angesichts der neuesten Schlagzeilen nicht ins Grübeln zu geraten.

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Die Aufregung innerhalb der Branche ist nicht neu. Überhaupt liegt es in der Natur der Menschen, technischen Innovationen gegenüber skeptisch zu sein und ihnen einen negativen Einfluss auf unsere Gesellschaft nachzusagen. Doch seit der Kreation „intelligenter“ Maschinen haben Sorgen und Ängste eine neue Dimension erreicht. Während Stephen Hawking bereits 2014 prophezeite, die Entwicklung vollständiger künstlicher Intelligenz könne das Ende der Menschheit bedeuten, sorgt sich der kleine Mann erst einmal um seinen Brotverdienst. Ein in den Unternehmensfarben gestaltetes Penis-Graffiti im Zalando-Fahrstuhl symbolisiert die Empörung der Belegschaft. Und auch die spontane Umformulierung eines aktuellen Zalando-Kampagnenposters durch unbekannte Mitarbeiter von „Me. Unlimited.“ in „Me. Unemployed.“ wirkt fast stellvertretend für die umgehende Angst in vielen Wirtschaftszweigen.

Ich habe Angst vor Dir.

In der Kreativbranche kompensieren Designer diese Angst, indem sie verzweifelt versuchen, als multidisziplinäre Gestaltungstechniker mit der künstlichen Intelligenz Schritt zu halten. Doch wer sich kontinuierlich nur damit beschäftigt, die eigene Daseinsberechtigung durch das Beherrschen aller auf dem Markt vorhandener Werkzeuge, Techniken, Software zu unterstreichen, wird am Ende das Nachsehen haben. Denn machen wir uns doch nichts vor – all das wird künstliche Intelligenz immer besser und schneller machen. Ironischerweise ist es genau diese allgegenwärtige Angst im Nacken, die uns davon abhält, das zu tun, was uns von künstlicher Intelligenz unterscheidet. Kreativ sein, Neues schaffen, Emotionen auslösen! Laut dem Neurobiologen Gerald Hüther greift unser Hirn auf automatische Muster zurück, wenn wir ängstlich sind. Es kann also wirklich nur der kreativ sein, der in der Lage ist, sich frei zu machen und auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. Warum also tun wir Designer nicht genau das und freuen uns über die Zeit, die wir dank Programmen wie IBMs Watson oder der 3D-Software Dreamcatcher gewinnen? Macht es am Ende nicht sowieso viel mehr Spaß, Konzepte zu entwickeln, die Emotionen auslösen, statt 50 verschiedene Schriftarten durchzuprobieren?

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Du berührst mich nicht.

Das Schöne an Design ist, dass du kein Designer sein musst, um es zu erleben, gar davon emotional berührt zu werden. Wir teilen seit Hunderten von Jahren eine visuelle Kultur und fühlen Design, bevor wir es verstehen. Die Aufgabe der Designer ist es also, zuallerst Emotionen auszulösen und erst dann Informationen zu gliedern. Wenn also Algorithmen sieben Millionen Nutella-Gläser gestalten, jedes ein Unikat, geht mir dann das Herz auf? Lässt sich Emotion automatisieren? Nein. Auch der Logo-Maker von Tailor Brands wird es niemals schaffen, Logo-Lösungen anzubieten, die eine Haltung präsentieren, Werte und Geschichten kommunizieren oder gar emotionalisieren.

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Mehr Zeit für mich.

Künstliche Intelligenz führt zu einer Explosion an kreativen Möglichkeiten, die Design-Prozesse künftig drastisch beeinflussen und vereinfachen werden. Die Rolle des Designers definiert sich dann eher im richtigen Selektieren und „Fine-tunen“ als im „Selbermachen“. Letztlich wird unsere Kunst darin bestehen, die von Maschinen vorgeschlagenen Lösungen richtig zu selektieren und in relevante Bahnen zu lenken. Die Designer sind dabei Dirigenten und keine Musiker mehr.

Dreamcatcher beispielsweise ist in der in der Lage, sehr komplexe Design-Briefings eigenständig zu gestalten, zu verifizieren und zu produzieren.

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Allein durch Angabe von Zielen und Einschränkungen erhält der Designer eine Bandbreite von Ergebnissen, die er nie hätte selbst kreieren können. Dabei behält er aber während des gesamten Prozesses die Autorenrolle und kann somit auch emotional gebundene Lösungen umsetzen. Was will man mehr.

Verführt von Dir.

Design funktioniert auf einer grundlegenden Ebene als eine Art Benutzeroberfläche. Wir organisieren Informationen visuell, damit die Menschen durch die Welt navigieren und sie verstehen können. Als Designer kanalisieren wir Interaktionen durch einen primär visuellen Trichter und entfernen alles, was nicht im Medium untergebracht werden kann. Aber da Sensoren, Verarbeitungsleistung und Maschinenintelligenz immer übertragbarer, allgegenwärtiger und immer mehr Teil des Designer-Lexikons werden, werden wir eines Tages feststellen, dass unsere Benutzeroberflächen nicht mehr primär visuell, sondern akustisch, haptisch und multisensorisch sind. Damit steht uns eine neue Palette an Outputs und kreativen Möglichkeiten zur Verfügung.

Dies und unsere neue Partnerschaft zwischen Mensch und Maschine, Designer und Digits führt zu fantastischen neuen Möglichkeiten, die nicht nur unsere Rolle neu beschreibt, sondern immensen Einfluss auf unsere Kultur und Umwelt haben wird. Indem wir Designer unsere Denkweise stärker auf Problemlösungen anwenden, verfügen wir über Fähigkeiten, die uns in die Lage versetzen, den Einsatz und die Entwicklung dieser neuen künstlichen Intelligenz im Design mitzugestalten, neue Werkzeuge, neue Schnittstellen und neue Interaktionen zu entwickeln, die zukünftige Welten auf unvorstellbar tiefgreifende Weise gestalten.
Alexa. Ich liebe Dich.

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TS UX

Boaaah, so ein Blödsinn habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Ich arbeite seit über 10 Jahren als UX Designer und kann nur feststellen: Genau das Gegenteil ist der Fall!

Design ist einer der wenigen Diziplinen, die bezüglich Verdrängung aufgrund Technologisierung keine Angst haben muss. Noch nie wurden so viele UX Designer gesucht wie jetzt – und Experten sagen voraus, das in Zukunft noch wesentlich mehr benötigt werden. Ein gute User Experience, richtig verstanden, kann von keiner KI erschaffen werden und so wird es wohl auch noch eine lange Weile bleiben.

Ich kann da nur auf den gut recherierten Artikel „Nutzerzentrierte künstliche Intelligenz“ https://www.usabilityblog.de/nutzerzentrierte-kuenstliche-intelligenz/ verweisen. Da wird ersichtlich, wieviel Arbeit uns Designer in Zukunft noch erwartet.

Und überhaupt, was sollen denn andere Berufssparten sagen, die tatsächlich leicht ersetzt werden können aufgrund von Robotik und automatiiserten Prozessen – da brauchen wir keine KI an den Haaren herbeiziehen. KI macht uns erst Mal mehr Arbeit als sie uns erspart.

Was wir aber in Zukunft benötigen, ist ein anderes Verständnis von Arbeit und Produktivität, aber darauf einzugehen, würde hier den Rahmen sprengen.

Antworten
Schall Rauch

Eine KI wird sehr wohl gut selektieren können, wenn genügend Parameter vorhanden und eingestellt sind. Ein Designer tut dies ja grundsätzlich auch, indem er selektiert, welche Kontroversen oder Potenziale und Synergien etc. er ansprechen möchte. War ein Designer / Künstler nicht früher einer, der wesentliches gesehen und durch Kreativität ausgedrückt hat, wozu andere nicht in der Lage waren oder nicht gesehen haben? Wenn eine KI dank Datenzufuhr genügend Informationen hat, wird die das sehr wohl auch ableiten können.

Aber ob wir arbeitslos werden? Vielleicht, aber wenn sich niemand mehr davon was kaufen kann, interessiert solche Technik letztlich auch keinen mehr.

Antworten
Fought

Natürlich, bis ein professioneller Designer niemand ersetzen kann, aber Sie verstehen, dass dies eine Frage der Zeit ist. Aber wie in dem Artikel erwähnt, brauchen Sie keinen Designer mehr, wenn Sie ein Logo auf Ihrer Visitenkarte erstellen und keine Zeit verlieren wollen. Und eine Menge von Ressourcen, die es ermöglicht, zum Beispiel das gleiche Logaster https://www.logaster.de/logo/, wo Sie die Möglichkeit haben, aus einer Vielzahl von coolen Vorlagen zu wählen.

Antworten
Schall Rauch

Also versteht sich KI in etwa gleich den Ramsch-Logo Contests, die es ja eh schon auf bestimmten Onlineplattformen gibt wo Logos zu 15€ das Stück zusammengetackert werden…

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TS UX

Würde sagen, Logaster ist ein hervorragendes Beispiel für KD (künstliche Dummheit), die sicherlich stark zunehmen wird. Gottseidank gibt es Menschen, die noch einen Unterschied sehen und solange wird es wohl noch Designer geben :-)

Antworten

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