Kupferrepublik Deutschland: So steht es um das Breitband-Internet

Je dichter ein Land besiedelt ist, desto schneller ist dort auch das Internet. (Grafik: Speedcheck)
Zwei neue Studien zeigen, wie es um den Ausbau des Breitbandinternets in Deutschland wirklich bestellt ist: Die alten Bundesländer im Westen haben die neuen Bundesländer im Osten in Sachen Geschwindigkeit abgehängt. Darüber hinaus haben Großstädte und Stadtstaaten wie Berlin, Hamburg und Bremen deutlich schnelleres Netz als ländliche Gebiete. Das geht aus einer Studie der Seite Speedcheck.org hervor. Die Macher hatten dafür die Datensätze der Geschwindigkeitstests verglichen.
Aber nicht nur um die privaten Internetanschlüsse ist es schlecht bestellt in Deutschland. Auch ungefähr ein Drittel der deutschen Gewerbegebiete hat keinen Anschluss an schnelles Internet. Das schreibt die Neue Osnabrücker Zeitung und beruft sich dabei auf eine Anfrage der FDP im Bundestag. Auch hier trifft es die neuen Bundesländer am härtesten: In Mecklenburg-Vorpommern und Sachen-Anhalt seien 57 Prozent der Gewerbegebiete unterversorgt, so die Zeitung.
Auf den ersten Blick macht Deutschland zwar einen ganz guten Eindruck in Sachen Internet, wenn man die Zahlen des Statistischen Bundesamts mit dem Durchschnitt der anderen reichen OECD-Länder vergleicht: 87 Prozent der Haushalte hätten Breitbandanschluss, so das Statistische Bundesamt in seinem Jahrbuch 2018. Interessanterweise zählt das Statistische Bundesamt aber auch schon mobiles Internet als Breitband. Immerhin, laut den Daten von Speedcheck habe sich die durchschnittliche Internetgeschwindigkeit in Deutschland seit 2013 verdoppelt.
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Ein Problem der Geschwindigkeit ist aber: Sie ist wenig nachhaltig. Statt in großem Stil Glasfaserkabel zu verlegen, haben deutsche Anbieter, allen voran die Telekom, vor allem darauf gesetzt, die alten Kupferleitungen mit Techniken wie Supervectoring maximal auszulasten, so die Untersuchung.
Während die Anzahl der Glasfaseranschlüsse im OECD-Durchschnitt schon auf 25 Prozent gestiegen ist, hinkt Deutschland noch mit einer Glasfaserdurchdringung von 2,6 Prozent der Haushalte hinterher.
Aber auch in Deutschland gibt es erhebliche Unterschiede bei dem Breitbandausbau: Während die Nutzer in Bremen auf durchschnittlich 27 Megabit pro Sekunde bei ihren Downloads kamen, kommt das Flächenland Niedersachen durchschnittlich nur auf 14 Megabit pro Sekunde.
Bei den Bundesländern zeichnen sich in dem Datensatz von Speedcheck zwei entscheidende Kriterien ab: Die wichtigste Rolle spielt die Frage, wie dicht Bundesländer besiedelt sind. Das zweitwichtigste Kriterium scheint zu sein, ob es sich um ein Bundesland im Westen handelt oder im Osten. Die vorderen Ränge der Auswertung werden alle von den alten Bundesländern dominiert. Mecklenburg-Vorpommern schafft es als schnellstes Bundesland im Osten nur auf Platz 9.
Die Macher der Studie erklären sich diese Situation damit, dass Ballungszentren mit ihren vielen Nutzern für die Internetanbieter attraktivere Investitionsstandorte darstellen.
Laut den Machern der Studie ist eine Besserung erstmal auch nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil, Deutschlands digitale Schere öffnet sich: Während die oberen fünf Prozent der Geschwindigkeitshierarchie seit 2013 um circa 200 Prozent zulegten, kamen die unteren fünf Prozent der Anschlüsse nur auf 23 Prozent mehr Geschwindigkeit.
Ein problematischer Effekt: Schnelles Internet wird immer mehr zum Standortvorteil. Wenn Unternehmen und Menschen weiter in Ballungsräume ziehen, lohnt es sich für die Provider, das Breitband dort auszubauen. Ländliche Gebiete drohen dann noch weiter abzufallen – und werden als Standorte immer unattraktiver.
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Ich habe selten einen schlechter (nach)recherchierten Artikel gelesen.
Meine spontanen Anmerkungen:
Die Deutschen Provider sind ob der fehlenden Kapazitäten in der (Tief)Baubranche gar nicht in der Lage, mehr Glasfaser auszubauen. Geld und Motivation dafür ist in Hülle und Fülle vorhanden. Die Bremsen werden an anderer Stelle getreten. Deshalb ersatzweise auf Kupfer zu setzen, ist nur konsequent. Und da spielt es keine Rolle, ob wir von Gewerbegebieten oder Wohngegenden sprechen. Wenngleich die Kapazitäten von Kupferleitungen für gewerbliche Zwecke gering ausfallen, wo Sie doch (derzeit) noch genügend Luft für die privaten Anwendungen haben.
An die energischen Kritiker: besorgt Euch Tiefbauausrüstungen und ruft bei der Telekom an. Wenig später werdet Ihr mit Aufträgen überhäuft.
Diese Ost- / West-Unterscheidung kann wegfallen.
Bevor ich Geld in Vectoring stecke, warte ich lieber noch fünf Jahre und mache es dann richtig. Weil in den Gegenden wo jetzt „schnelles Kupfer“ liegt, 20 Jahre nichts mehr passiert. Mal ganz abgesehen davon dass man schon vor 35 Jahren Glasfaser hätte legen sollen und die Telekom kein Geld für Tiefbauer ausgeben will.
Wohne in NRW, 10 Minuten von der Innenstadt entfernt, bezahle 16.000er Tarif, erhalte 5.000 bis 6.000 von der Telekom. Das ist keine Kleinstadt, kein Dorf oder Land, kein Wald und trotzdem lahmes Internet. Solange solche Orte noch keine vernünftiges Netz haben, ist jede Diskussion über 5G oder angeblich guten Ausbau für mich lächerlich.
Man sollte die deutschen Bundesländer mit Regionen in anderen Ländern vergleichen und nicht nur untereinander.
In Bayern gibt es eine Netzbetreiber-unabhängige Seite, welche den Internetausbau für jedes einzelne Haus analysiert hat. Hier kann man sich selbst mal einen Überblick verschaffen: http://www.bitratenkarte.de