Das Label „künstliche Intelligenz“ hat in deiner Werbung nichts verloren

„Arbeitet mit Künstlicher Intelligenz“ - Wie spannend. (Grafik: Daniela Barreto/ Shutterstock)
Sie ist einfach überall: Gefühlt jede zweite digitale Lösung, die neu auf den Markt kommt, wird auch damit beworben, dass sie mit künstlicher Intelligenz arbeitet. KI sagt dir, welcher Klamottenstil zu dir passt, übersetzt deine Weihnachtsgrüße an die polnische Schwiegermutter, kreiert Bilder von fiktiven Katzen und nennt dir die optimale Zeit, um das Kleine ins Bett zu bringen. Dass man dem Produkt damit nicht unbedingt den besten Dienst erweist, ist aber nur wenigen Marketingabteilungen bewusst.
Keine Frage: Künstliche Intelligenz ist eine der bedeutendsten Zukunftstechnologien. Ihr Einsatz wird immer wichtiger, ihre Auswirkungen tief greifender. Vergleichbar ist das nur mit großen technologischen Disruptionen wie der Etablierung der Nutzung von Elektrizität vor 120 Jahren. Allein vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Startups, App-Entwickler und Unternehmen ihren Einsatz von KI-Technologien betonen, wo sie nur können. Schlussendlich hat auch die Politik in den vergangen zwei, drei Jahren erkannt, dass künstliche Intelligenz eine ordentlich große Sache ist und entsprechend haben Staaten milliardenschwere Forschungs- und Fördersäckel geschnürt.
Künstliche Intelligenz beworben, wo gar keine ist
Das Label ist beliebt: Startups aus dem KI-Bereich erhalten zwischen 15 und 50 Prozent mehr Risikokapital als andere Technologie-Startups. Es ist so attraktiv, dass auf den KI-Zug auch die aufspringen wollen, die gar keine Fahrkarte haben. Eine Untersuchung des Risikokapitalunternehmens MMC Ventures hat ergeben, dass von rund 2.830 Jungunternehmen, die sich als KI-Startups bezeichnen, nur 1.580 diesen Titel verdienen. Die übrigen setzen KI gar nicht oder nur in geringem Umfang ein.
Wenn aber ständig das Wort künstliche Intelligenz in den Mund genommen wird, nutzt es sich ab. Es verliert das, was Werbung auszeichnet: das Besondere, Herausragende. Wenn alles irgendwie KI ist, dann ist KI etwas Gewöhnliches. Kein Grund, es gesondert hervorzuheben, insbesondere bei Produkten, bei denen man den KI-Einsatz mittlerweile ohnehin schon erwartet. Oder würde man bei Handys, Lampen, Toastern anpreisen, dass sie „mit Elektrizität“ laufen?
Der Kunde will keine KI, sondern dass die Dinge funktionieren
Marketing mit dem Label der künstlichen Intelligenz kann sogar schädlich sein. Für die meisten Konsumenten ist KI nur irgendeine Technik, die unsichtbar im Hintergrund werkelt und von der man gar nicht so genau weiß, was sie eigentlich tut. Irgendwie unheimlich. Prägend in Erinnerung bleibt sie nur, wenn Medien darüber berichten, dass KI angeblich Arbeitsplätze zerstört oder KI-gesteuerte Autos Menschen überfahren.
Künstlicher Intelligenz wird oft mit Misstrauen begegnet. Laut einer Studie des US-amerikanischen Software-Anbieters Pegasystems fühlen sich lediglich 30 Prozent der Kunden wohl, wenn sie mit einer KI interagieren. „Unsere Studie ergab, dass nur 25 Prozent der Konsumenten der Entscheidung eines KI-Systems über ihre Kreditwürdigkeit eher vertrauen als einer von Menschen getroffenen Entscheidung“, sagt Rob Walker, Vizepräsident bei Pegasystems. „Die Verbraucher bevorzugen es wahrscheinlich, mit Menschen zu sprechen, weil sie ein größeres Maß an Vertrauen in sie haben. Und weil sie glauben, dass es möglich ist, die Entscheidung zu beeinflussen.“ Geht es um eine Frage über Leben und Tod, steigt bei den Befragten die Ablehnung einer Entscheidung durch KI auf 86 Prozent. Und so etwas soll man anpreisen?
Das Buzzword „künstliche Intelligenz“ braucht man für Werbezwecke nicht. Es gibt sowieso nur zwei Sorten von Kunden: Der Anwender interessiert sich nur dafür, dass etwas zuverlässiger, schneller, präziser, effizienter funktioniert. Wie du das bewerkstelligst – ob mit Handbetrieb, künstlicher Intelligenz oder Fotosynthese – ist ihm ziemlich egal. Ihm brauchst du mit dem Schlagwort KI nicht kommen, es interessiert ihn nicht. Der Analytiker hingegen will es ganz genau wissen. Welche Tools, Algorithmen und Systeme sind für welchen Effekt verantwortlich? Ihm brauchst du mit dem KI-Label ebenfalls nicht kommen. Der Begriff ist ihm bestenfalls zu schwammig, wenn nicht sogar eine störende Verschleierung.
Transparenz schafft Vertrauen
Also raus damit aus dem Marketing-Vokabular. Dass du den KI-Begriff aus der Werbung streichst, heißt aber nicht, dass du ihn verheimlichen sollst. Er ist ein Fall für die Produktbeschreibung, die Details für die Specs. Wer wissen will, ob etwas „mit KI läuft“, soll die Antwort ganz transparent vorfinden. Das ist gerade dort wichtig, wo ein Kommunikationspartner oder Entscheider möglicherweise ein Mensch, möglicherweise aber auch eine KI ist. So wie bei Chatbots. Schlimmer als die latente Ablehnung gegenüber einer KI ist das Gefühl, mit einer KI abgespeist zu werden, wo man eigentlich einen Menschen erwartet hat.
Ich stimme dir zu, dass der Begriff „KI“ inflationär und oft eher zur Verschleierung als zur Aufklärung verwendet wird.
Hinzufügen möchte ich noch, dass KI heute (von wissenschaftlichen Experimenten im Labor abgesehen) fast ausschließlich das Anwenden von Algorithmen beschreibt. Und zwar nach simplem „Wenn-dann“-Schema mit wenigen, oftmals nur einer Variable. Wenn also der Wind stark weht und die Jalousie einfährt, ist das KEINE Intelligenz. Stattdessen hat ein Sensor einen über dem Grenzwert liegendes Signal erfasst, woraufhin die Steuerung den Motoren das Einfahren befiehlt.
Und der Staubsaugerroboter ist NICHT intelligent, weil er ein Zimmer systematisch abfährt, ohne die Vase umzuwerfen. Vielmehr kartiert er mithilfe der Scanner den Raum und fährt dann eine zuvor einprogrammierten Route ab. Die Abstandssensoren helfen ihm, dabei nichts zu beschädigen.
All das ist nicht einfach zu entwickeln/programmieren. Aber trotzdem unendlich weit von Intelligenz im engeren Sinne entfernt.
„Intelligenz“ ist nämlich die Fähigkeit, bekanntes Wissen über Eigenschaften, Prozesse und Zusammenhänge auf einen unbekannten Fall sinnvoll, also zielführend, anzuwenden. Genau das schafft kein einziges mir bekanntes System, das mit KI wirbt.
Das stimmt nicht ganz, denn künstliche Intelligenz ist nur ein Oberbegriff für eine Maschine die SCHEINBAR intelligente Handlungen ausführt und das kann sehr wohl nur durch simple Algorithmen passieren. In diesem Fall würde ich schon sagen, dass ein Staubsaugerroboter in diese Kategorie eingeordnet werden kann. Allerdings hat dir KI eine Unterkategorie, nämlich das maschinelle Lernen. Beim maschinellen Lernen ist es tatsächlich so, dass darunter nur Software fällt, die es der Maschine ermöglicht, zuerst aus vorhandenen Datensätzen zu lernen und das gesammelte Wissen dann auf einen unbekannten Fall anzuwenden. Hierfür wären wenn-dann Algorithmen zu wenig