Licht statt Elektronen: So will dieses deutsche Startup die Energieeffizienz von KI steigern
Dass KI nicht nur Probleme löst, sondern auch handfeste Auswirkungen hat, wird immer mehr Menschen bewusst: Die Analyst:innen von Goldman Sachs etwas weisen darauf hin, dass der Energiebedarf für KI-Datenzentren bis 2030 voraussichtlich um satte 160 Prozent steigen wird. Laut dem Marktforschungsinstitut Gartner könnte das sogar dazu führen, dass bis zu 40 Prozent der existierenden KI-Rechenzentren aufgrund von Stromengpässen in ihrer Betriebsfähigkeit eingeschränkt werden.
Neue Chips rechnen mit Licht statt mit Elektronen
Photonische Chips rechnen mit Licht statt mit Elektronen. Daher entstehen in den Chips keine elektrischen Verluste – und somit auch keine Abwärme. Solche Chips könnten also eine energiesparsame Alternative darstellen. Doch obwohl Startups wie Lightintelligence oder Lighton schon erste photonische Chips anbieten, ist die Technologie noch nicht besonders erfolgreich. Das Stuttgarter Startup Q.ANT will das jetzt ändern. Seine „photonische Native Processing Unit“ (NPU), die sowohl für KI-Anwendungen als auch für komplexe Simulationen entwickelt wurde, sitzt auf einer PCI-Express-Karte und ist damit voll kompatibel zur bestehenden Server-Landschaft. Gleichzeitig hat sie nach Angaben des Unternehmens „eine mindestens 30-mal höhere Energieeffizienz und signifikante Verbesserungen der Rechengeschwindigkeit gegenüber der herkömmlichen CMOS-Technologie.“
Tests und Simulationen zur Bilderkennung zeigen, dass die NPU von Q.ANT zudem Modelle deutlich schneller trainieren kann und mit weniger Parametern bessere Ergebnisse erzielt. Nach Angaben des Unternehmens ermöglicht sie außerdem schnellere Lösungen für partielle Differentialgleichungen in Physiksimulationen, vereinfacht die Zeitreihenanalyse und verbessert die Effizienz bei der Lösung von Problemen der Graphentheorie. Wissenschaftliche Veröffentlichungen, die das belegen, liegen allerdings bisher nicht vor.
Neues Material für die neuen Chips
Im Unterschied zu seinen Wettbewerbern setzt das Unternehmen auf ein anderes Material, einen dünnen Film aus Lithiumniobat. Bisherige Ansätze verwendeten in der Regel Siliziumoxid als optisches Material. Das lässt sich zwar gut in CMOS-Maschinen zu optischen Chips verarbeiten. Die gezielte Manipulation der optischen Eigenschaften von Silizium ist aber vergleichsweise mühsam, die Effekte sind nicht sehr groß – und langsam.
Lithiumniobat ist für die Photonik so interessant, weil sich seine optischen Eigenschaften unter anderem durch Anlegen einer elektrischen Spannung sehr schnell gezielt verändern lassen. Diese Eigenschaft nutzt Q.ANT in seinem Chip, um zu steuern, wie zwei Input-Lichtpulse in den „Interaktionszonen“ des Chips miteinander verknüpft werden. Diese Zonen sind im Prinzip nichts anderes als sogenannte Mach-Zehnder-Interferometer, in denen Licht auf zwei optischen Wegen läuft, das am Ausgang wieder zusammengeführt wird. Über die elektrooptischen Modulatoren lässt sich der Brechungsindex und damit die Geschwindigkeit, mit der sich das Licht entlang der beiden unterschiedlichen Wege ausbreitet, gezielt verändern. So können die Positionen von Wellenbergen und Wellentälern auf den einzelnen Armen gegeneinander verschoben werden. Überlagert man anschließend das Licht beider Arme, interferieren die Strahlen konstruktiv oder destruktiv miteinander. Verknüpft man diese Strukturen miteinander, kann man beispielsweise ein neuronales Netz bilden, wie in dem Q.ANT NPU-Demosystem in der Cloud zu sehen ist.
Q.ANT: „Wir können diese Chips bauen“
„Silizium ist ein cooles Material, wenn es um Transistorenbau geht“, sagt Michael Förtsch, CEO von Q.ANT, „aber für die Optik ist das Grütze. Aus diesem Grund habe ich damals schon das Dünnschicht-Lithiumniobat-Materialsystem postuliert, aber alle haben mir gesagt, das wirst du wirst nie in die Foundries dieser Welt bekommen. Und meine Reaktion darauf war: Dann bauen wir halt die Pilotlines selber. Das haben wir getan und wir haben in Stuttgart unsere erste Pilotlinie zu diesem Thema aufgebaut und haben gezeigt, wir können diese Chips bauen.“ Alle drei Monate, sagt Förtsch, könne das Unternehmen jetzt eine neue Generation der Chips produzieren, weil sie die volle Kontrolle über den Produktionsprozess hätten. „Es ist auch in Deutschland möglich, im Logikbereich mal wieder ein Ausrufezeichen zu setzen“.
Licht erzeugt auch Abwärme, bei der Produktion und der Absorption. Entscheidend ist die Schaltleistung, das Produkt aus Leistung und Verzögerungszeit. Das ist bei modernen Prozessoren deutlich unter 1 Picojoule (z.B. 10 pF*1,8² V)