Lidl führt digitalen Pfandbon ein – warum du trotzdem zweimal überlegen solltest

Wer kennt’s nicht – man hat beim Einkaufen Pfandflaschen zurückgegeben, aber beim Bezahlen vergessen, den Pfandbon auch einzulösen. Der Discounter Lidl rollt jetzt eine volldigitale Lösung aus, von der die Kund:innen profitieren – die gleichzeitig aber auch dem Discounter nützlich ist.
Die Kund:innen können ab 4. August flächendeckend in allen deutschen Filialen (über ein Pilotprojekt berichtete Anfang des Jahres zuerst Supermarktblog) Pfandbons digital einlesen und sich mithilfe der Lidl-App gutschreiben lassen – das Anstehen an der Kasse entfällt dann. Wahlweise wird das Pfandgeld auch gleich gutgeschrieben und dann beim Bezahlen automatisch verrechnet. All das funktioniert auch an den Lidl-SB-Kassen, wo es natürlich noch praktischer ist, nicht mit Zetteln zu arbeiten. Lidl betont zudem, dass die Papiervariante auch weiterhin dauerhaft erhalten bleiben wird.
Hierfür wählen die Kund:innen in der App die Funktion „Ich möchte Leergut zurückgeben“, scannen dann einen QR-Code am Pfandautomaten und erhalten so eine Gutschrift innerhalb der App. Ähnlich wie beim Erstellen eines physischen Bons beendet die Maschine nach einigen Sekunden, wenn keine weiteren Flaschen eingelegt werden, den Vorgang und generiert den entsprechenden Bon – in diesem Fall digital. Wer hier zu lange wartet, kann aber den Vorgang erneut starten.
Bon an der Kasse vergessen, ist ausgeschlossen
Praktisch ist, dass das Guthaben in der Regel gleich beim nächsten Kassiervorgang automatisch mit verrechnet wird – es sei denn, der Kunde oder die Kundin will das Guthaben explizit auf dem Konto belassen. Allerdings gibt es eine Einschränkung, die wohl buchhalterische Gründe hat: Der Bon wird jeweils laut den AGB nur in der Filiale eingelöst, in der auch das Leergut angenommen wurde. Einzelne Nutzer:innen schildern aber hier auch anderslautendes – es könnte somit sein, dass der Discounter hier noch experimentiert oder bestimmte Vorkehrungen noch nicht greifen.
Dabei ist das Guthaben – wie gesetzlich bei Gutscheinen üblich – drei Jahre ab dem Ablauf des Kalenderjahres gültig. Das dürfte allerdings eher theoretischer Natur sein, bei derartigen Beträgen. Verfallen kann solches Guthaben auch, wenn man als Kund:in das Nutzerkonto bei Lidl Plus löscht.
Eine weitere Einschränkung betrifft das Einlösen im Sinne einer Auszahlung: Pro QR-Code lassen sich bis zu zehn Pfandbons einlösen. Ein nerdig-spannende Detail hat Supermarktblog dazu noch recherchiert: Auch wenn man bereits den Rückgabeprozess angestoßen und einige Flaschen in den Automaten eingeworfen hat, kann man den digitalen Prozess noch anstoßen, muss dann aber zügig den Code einlesen, damit nicht doch noch ein Bon aus Papier erstellt wird.
Auch wenn Lidl noch nicht offiziell über die flächendeckende Einführung des digitalen Pfandbons berichtet, zeigt der Case, wohin die Reise im Hinblick auf Supermarkt-Apps gehen wird: Immer mehr Prozesse, die in der Vergangenheit umständlich analog umgesetzt wurden, können so digitalisiert werden.
Noch mehr Touchpoints aufgezeichnet für das Unternehmen
Problematisch ist das allerdings für Kund:innen, die solche Einkaufs-Apps entweder nicht nutzen können, weil sie nicht über ein geeignetes Smartphone oder die nötigen Skills verfügen oder aber etwa als ausländischer Gelegenheitskäufer:in nicht wollen. Klar ist aber auch, dass die Unternehmen hier nach immer mehr Anlässen suchen, für die sich das Aktivieren oder Benutzen der App lohnt. Denn Supermarkt-Apps sind vor allem zweierlei: ein Marketinginstrument, das die Kund:innen auf entsprechende Angebote und Kaufanlässe aufmerksam machen will und Marktforschungsinstrumente, die umso mehr bringen, je mehr Touchpoints, Kaufvorgänge, Interessensbekundungen (im Sinne von „Produkt angesehen“) aufzeichnen.
Dass Kund:innen dadurch gläserner werden, ist gerade bei den digitalen Pfandbons allerdings nicht zu erwarten. Denn die Information der jeweiligen Rückgabestation unterscheiden zwar nach den einzelnen Pfandflaschengattungen, nicht aber nach dem darin befindlichen Produkt (welche Marke, mit oder ohne Alkohol). Dennoch sollten im Sinne der eigenen Datenhoheit und des Datenschutzes Kund:innen beim Kauf von Produkten überlegen, ob sie wirklich auf die App zurückgreifen wollen. Allerdings setzt auch Lidl bei immer mehr Produkten auf unterschiedliche Preise für App-Käufer und App-Verweigerer – keine positive Entwicklung im Sinne der Souveränität über die eigenen Daten.