Linkhaftung: Das steht hinter dem Beschluss des LG Hamburg
Was ist passiert?
Es war wieder einmal das Landgericht Hamburg, das seit Jahren immer wieder für teils krude anmutende Entscheidungen, gerade in Fragen des Urheberrechts, bekannt und gefürchtet ist. Vor eben diesem Gericht führte die Kanzlei Spirit Legal aus Leipzig das folgende Verfahren in Sachen Linkhaftung.
Ein Websitebetreiber hatte auf eine ihm nicht zuzuordnende Website verlinkt. Auf eben dieser verlinkten Seite befand sich ein Bild, für das der Betreiber der verlinkten Seite keine gültige Lizenz hatte. Der Fotograf des Bildes erkannte den Lizenzverstoß, der darin bestand, dass das ursprünglich frei zu verwendende Foto nachträglich bearbeitet worden war, ohne diese Änderung kenntlich zu machen. Damit war die an sich vorhandene Nutzungslizenz erloschen.
Bei seinen Recherchen stellte der Fotograf als Urheber des Werks fest, dass ein weiterer Link auf die Seite mit dem rechtswidrig verwendeten Bild führte, eben jener bereits erwähnte Link unseres Websitebetreibers. Der Fotograf ließ sich nun anwaltlich durch Spirit Legal vertreten und ging gegen den Linksetzer juristisch vor.
Vor dem Landgericht Hamburg wurde dann ein Beschluss erreicht, der den gesetzten Link tatsächlich als eigenständigen Urheberrechtsverstoß erkennt. Das ist eine Abkehr von bisheriger Rechtsprechung, allerdings auf den ersten Blick eine Fortführung der durch den europäischen Gerichtshof im September 2016 in ähnlicher Weise entschiedenen Fall um eine niederländische Website, die ebenfalls einen einfachen Textlink gesetzt hatte, allerdings auf einen Fileprovider, der dort unveröffentlichte Playboy-Bilder zugänglich machte.
Der EuGH entschied in dem Falle, dass sich der niederländische Seitenbetreiber einer Rechtsverletzung schuldig gemacht hatte, weil er hätte erkennen müssen, dass es sich nur um urheberrechtlich geschütztes Material hätte handeln können. Unterstützt wurde diese Annahme dadurch, dass der Seitenbetreiber nachdem er auf Unterlassung in Anspruch genommen worden war, den Link löschte, aber direkt durch einen anderen ersetzte, der auf ein in gleicher Weise rechtswidriges Angebot zielte.
Das Urteil des EuGH wurde aufgrund der bisher so nicht gekannten Verschärfung der Linkhaftung durchaus kritisch aufgenommen. Die Haltung deutscher Gerichte zu einer solchen Frage war mit Spannung erwartet worden.
Nun scheint das Landgericht Hamburg die verschärfte Haftung nicht nur zu bestätigen, sondern sogar weiter zu verschärfen. Hier allerdings beginnt die Notwendigkeit zu differenzieren.
Linkhaftung: nur auf den ersten Blick identische Sachverhalte
Tatsächlich sind die beiden Sachverhalte nur auf einer ganz oberflächlichen Betrachtungsebene miteinander vergleichbar. In beiden Fällen wurde ein Textlink gesetzt, der zu einer Seite mit urheberrechtswidrigen Inhalten führte.
Im Falle der niederländischen Website war der Verstoß für jedermann klar erkennbar, denn es dürfte undenkbar sein, dass der Playboy seine unveröffentlichten Bilder willentlich und wissentlich auf Filesharing-Diensten veröffentlicht, um sie öffentlich zugänglich zu machen. Der niederländische Seitenbetreiber wollte ganz offensichtlich absichtlich die Haftungsregelungen umgehen, indem er nicht direkt die Inhalte zeigte, sondern lediglich einen rechtlich nicht zu beanstandenden Link setzte.
Diese Vorgehensweise wäre allerdings grob unbillig, hätte das Gericht sie so durchgehen lassen. Urheberrechtsverletzungen dadurch zu umgehen, dass man sie nicht selber begeht, sondern lediglich Dritte verlinkt, die dann das Material bereitstellen, musste schon unter Anwendung des vielbeschworenen gesunden Menschenverstands scheitern.
Im vor dem Landgericht Hamburg anhängigen Falle jedoch sieht die Sache völlig anders aus. Hier ging es dem Linksetzer gerade nicht darum, sich durch Linksetzung der eigenen Haftung zu entziehen. Ebenso wenig konnte dem Linksetzer aufgefallen sein, dass es sich bei dem auf dem Linkziel verwendeten Bild um eines ohne gültige Lizenz handelt.
Während der EuGH Auswüchsen Einhalt gebieten wollte, wie sie sich durch die Verlinkung zu Streamingdiensten mit illegalen Inhalten und ähnlichen Angeboten ergeben können, trat das Landgericht Hamburg in Anwendung der Grundgedanken aus dem europäischen Urteil einem Seitenbetreiber vor das Schienbein, dessen Tatbestand vor dem EuGH sicherlich nicht zu dem Urteil geführt hätte, wie es mit dem Playboy-Fall erreicht wurde.
Die Gelehrten streiten sich
Es ist erstaunlich, mit welcher Kraft sich die Rechtsgelehrten in die Debatte werfen. Nicht wenige behaupten, das Landgericht Hamburg hätte mit dem Beschluss das Internet zerstört. Da wird ernsthaft empfohlen, keine Links mehr zu setzen. Immerhin könne man ja schlechterdings nie wissen, ob nicht doch das eine oder andere unlizenzierte Material auf einer Website hätte Verwendung finden können.
Gleiches gelte für Social-Media-Accounts. Auch von dort sollte man lieber auf Linksetzungen verzichten. Schon automatisch generierte Preview-Bildchen in sozialen Medien könnten eine Gefahr darstellen. Auf der sicheren Seite sei man künftig nur, wenn man das eigentliche Aufrufen des Links dem Benutzer überlasse. Dabei müsse man aber zudem aufpassen, dass man den Link nicht kopierbar gestalte. Vielmehr müsse man entscheidende Teil der URL weglassen, etwa das www, damit der interessierte Besucher selber eine gezielte Handlung vornehmen müsse, um zum Linkziel zu gelangen.
Erschreckend ist, dass die Zahl der so argumentierenden Rechtsgelehrten die Zahl der besonnen argumentierenden Vertreter der Anwaltszunft übersteigt. Das mag man zwar verstehen, wenn man bedenkt, dass Rechtsblogs immer auch eine Form des Kanzleimarketings sind. Da ohne Streitgrund ja keiner zum Anwalt geht, ist es der Zunft generell förderlich, Konfliktpotenziale eher groß als klein zu reden.
Tatsächlich hat das Landgericht Hamburg einen Beschluss in einem Einzelfall gefasst. Der Antragsgegner hat den Beschluss akzeptiert, was er nicht hätte tun müssen. Mitnichten liegt hier ein Musterurteil vor, das sich in der Folge prägend auf die Rechtsprechung auswirken wird. Vielmehr ist es wie immer in zivilrechtlichen Auseinandersetzungen, was man vor Gericht nicht vorträgt, wird nicht gewertet.
Wenig durchdacht muss man in diesem Zusammenhang die Argumentation des Antragsgegners nennen. Dieser hatte nämlich vor Gericht vorgetragen, dass er sich nicht ansatzweise in der Verpflichtung gesehen habe, vor Linksetzung die verlinkte Website auf etwaige Urheberrechtsverletzungen zu prüfen. Damit ging das Gericht davon aus, dass er etwaige Rechtsverletzungen mindestens billigend in Kauf genommen habe, was den getroffenen Beschluss voll rechtfertigt.
Eine bessere Argumentation hätte sicherlich darin bestanden, auszuführen, dass man sich die verlinkte Website sehr wohl angesehen habe, aber eben gerade keinen Hinweis auf etwaige Urheberrechtsverletzungen gefunden habe. Gut möglich, dass der Beschluss dann anders gelautet hätte.
Vielfach wird auch darauf hingewiesen, dass sich das Urheberrecht zu einer Art Supergrundrecht erheben würde, wenn künftig Linksetzungen in dieser restriktiven Form abgeurteilt würden. Was ist dann mit Presse- und Meinungsfreiheit? Gerade die Presse muss in der Lage sein, auch mal auf fragwürdige Quellen zu verlinken, wenn es zur Berichtspflicht gehört.
Unterschiede zwischen privaten und gewerblichen Seiten
Um dem Großteil der Leserschaft insgesamt die Angst zu nehmen, müssen wir darauf hinweisen, dass das ganze Thema ohnehin nur für Linksetzer von Relevanz ist, die von gewerblich betriebenen Seiten oder Profilen aus agieren. Wenn ihr auf euren privaten Blogs oder sozialen Medien aus Seiten verlinkt, trifft euch keinerlei Haftungsrisiko.
Bei gewerblichen Angeboten geht der EuGH hingegen davon aus, dass der Linksetzer von einem etwaigen Rechtsverstoß Kenntnis hat, weil er eine diesbezügliche Prüfungspflicht besitzt. Diese Vermutung der Kenntnis ist allerdings widerleglich. Das bedeutet, dass auch der gewerbliche Linksetzer argumentieren kann und sollte, warum er eine etwaige Rechtsverletzung nicht erkennen konnte. Bei einem Angebot, das die neuesten Hollywood-Blockbuster zum Streamen anbietet, dürfte das Erklären des entsprechenden Links schwerfallen. Im Falle unseres Linksetzers vor dem Landgericht Hamburg wäre es vermutlich leicht gewesen, indes hat er es nicht getan.
So kurz vor dem Schluss des Beitrags sollten wir auch nochmal zur Kenntnis nehmen, dass es sich um einen Beschluss eines Gerichts im Verfahren zur Anordnung einer einstweiligen Verfügung handelt. Das ist weder ein Urteil, noch kann man erfahrungsgemäß aus einem solchen Beschluss auf ein etwaiges Urteil im Hauptverfahren schließen.
Fazit: Das Internet ist nicht kaputt
Es ist wieder einmal die berühmte Sau, die durchs Dorf getrieben wird. Dieser Tage heißt sie Linkhaftung und wird sicherlich die Sprechstunden deutscher Anwälte solide füllen. Natürlich ist sowohl das Urteil des EuGH, wie auch der Beschluss des Landgerichts Hamburg etwas, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Ob man dabei zu apokalyptischen Schlussfolgerungen kommen sollte, ist allerdings deutlich zu bezweifeln.
Auf keinen Fall ist es gerechtfertigt, jetzt reflexhaft Links zu vermeiden, als würde man auf heiße Herdplatten greifen. Schon bisher habt ihr doch nicht einfach irgendwelche Links verbreitet, sondern hoffentlich geschaut, inwieweit die Information und der Informierende seriös ist. Bleibt einfach bei dieser Praxis. Auch bei Gericht arbeiten nicht durchgehend unvernünftige Menschen.
Quellen zum Thema
Wenn ihr euch selber richtig in das Thema vertiefen wollt, dann fangt bei diesen Quellen hier an:
- Das Urteil des EuGH vom 8. September 2016
- Der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 18.11.2016
- Die Stellungnahme der den Antragsteller vertretenden Kanzlei Spirit Legal
- Anwalt Thomas Stadler zum Urteil des EuGH
- Kanzlei Schlun & Elseven zum Beschluss des LG Hamburg
- Stark vereinfachend Dr. Koos & Kollegen
- Dr. Carsten Ulbricht verwendet den Begriff „drohende Paranoia”
- Rechtsanwalt Arno Lampmann plädiert ebenfalls für mehr Gelassenheit
- Golem fasst den Fall sachlich zusammen
- Netzpolitik sieht bisherige Befürchtungen bestätigt
- Adieu freies Internet? – Gerichte verschärfen Haftung für Links, Sharing, Vorschaubilder und Embedding (FAQ) | Dr. Thomas Schwenke
- Rechtsanwältin Nina Diercks glaubt, das LG Hamburg habe das Internet kaputtgemacht
Das Internet ist dennoch kaputt, und jeder kann seine eigenen Konsequenzen ziehen. In unserem Unternehmen werden diese vorgenommen – damit WIR in Zukunft in der Lage sind anderen Leute ans Kreuz nageln zu können. Keine schöne Strategie, aber man muss sehen wo man bleibt.
@caro jawollo! Wie im krieg. Auge um Auge – Zahn um Zahn. Genau so funktioniert das und macht alles besser. Leute, Leute, Leute …
Das LG Hamburg hat sich doch schon einen super Namen gemacht mit der Internet Rechtsprechung. Insbesondere auch in Verbindung mit diversen Abmahn Kanzleien. Das Urteil ist trotzdem völliger Nonses und zeigt wieder deutlich die Inkompetenz und Unfähigkeit der Justiz in punkto „Neuland“. Es wäre natürlich auch möglich gewesen, sich fachlichen Rat an diversen Stellen einzuholen, aber stattdessen, wird ein Urteil gefällt was jedweder Logik widerspricht. Hut ab!
Typisch für Hamburg halt… wird vermutlich – wie bei deren ‚Neuland Urteilen‘ üblich in nächster Instanz kassiert.
„Auch bei Gericht arbeiten nicht durchgehend unvernünftige Menschen.“ – Sicher? :D
Die saloppe Beschwichtigung privater Internet Nutzer im Abschnitt zu den Unterschieden zwischen gewerblichen und privaten Seiten enpfinde ich als höchst unangebracht. Gerade für private Nutzer ist es von höchster Relevanz ob Seiten wie t3n oder andere „Gewerbliche“ Knotenpunkte des Internets durch Staatsmacht Systematisch und Systemisch Ihrer Vernetzung beraubt werden können. Jeder Private Internet Nutzer nutzt Inhalte von geweblichen Seiten sobald er auch nur einen Mausklick ins Internet setzt. Allein was ein socher Gerichtsentscheid bei Suchmaschinenbetreibern und Metasuchmaschinen oder Medienanstalten an Vorsicht und Selbstzensur auslöst. Wenn so eine Filterblase auf jeden von uns zukommt und uns alle einlullt und wenn solche freiheitsbeschneidenden Rechtsauslegungen und Rechtssetzungen salonfähig werden (was sie offensichtlich inzwischen auch sind). Dann gnade uns Gott oder sonst wer, dass die EU nicht korrumpiert wird von der Bevölkerung zuwiederstrebenden Intereressentengruppen.
Auch private Internet Nutzer müssen sich aktiv gegen solch eine Politik und Gesetzgebung einsetzen und entsprechende Rechtsentscheidungen mit entschiedener Verbissenheit anfechten. Auch Richter haben Familien und Kinder die mal in einer Diktatur aufwachsen könnten wenn bei so hochfiligranen Themen die jeden modernen Menschen betreffen die falschen Entscheidungen getroffen werden. Bei einem solchen Thema muss jeder die Entscheidungsträger in die Verantwortung nehmen, dass diese auch wissen welche Gewissensbisse auf Sie zukommen wenn in 20 Jahren Ihre Kinder auf Sie zukommen und fragen Papa? Hast du das gemacht? Hast du uns, die freie Generation wieder in Ketten gelegt?
Die Unterscheidung zwischen privater und gewerblichen Websites liegt darin, ob man versucht, mit der Seite Geld zu machen. Wenn ich mir eine Familienseite aufbaue, um so den entferntesten Verwandten und Namensvettern von meiner Existenz zu verkünden, dann habe ich keine Absicht, damit Geld zu machen. Sollte ich aber eine Seite aufmachen, auf der ich Kaufempfehlungen für Reisetaschen gebe und diese dann auch noch mit Werbung oder Affiliate-Links vollstopfe, dann habe ich sehr wohl die Absicht Einkommen zu erzielen. Bei gewerblicher Nutzung wird dem gewerbetreibenden immer unterstellt, dass er sich im eigenen Interesse um die rechtlichen Rahmenbedingungen seiner Internetpräsenz kümmert. Er hat in manchen Fällen sogar die Pflicht dazu.
mh.
die bewertung dieser sache ueberlasse ich lieber einen spezialisierten anwalt u. der text ist zwar logisch geschrieben, ich gehe auch mit einigen argumenten konform jedoch ist das fazit – nunja – eher basierend auf einer subjektiven einschaetzung
Bei mir verstärkt sich der Eindruck, das spezielle Kanzleien sich verstärkt bestimmter Fällen annehmen und diese vor Gerichten bringt, bei denen die zuständigen Richter keine oder nur sehr wenig Ahnungvon der zur Verhandlung stehenden Sache haben. So entstehen Urteile, die durch windige – sorry, findige Anwälte aufgebauscht werden. So kommt man ja auch an neue Mandaten – Unsicherheit erzeugen und schüren. Dazu eine Prise Panikmache und schon habe ich Weihnachten wieder einen fetten Superluxusbraten auf dem Tisch stehen.
Vielleicht wäre uns ja schon geholfen, wenn Fälle mit Bezug auf das Internet oder Urheberrecht vor einer Fachkammer oder gar einem Fachgericht verhandelt würden, bei denen die Richter auch entsprechend Ahnung und Weitsicht haben.
Dann darf Google also nicht mehr aufgerufen werden?
Hier werden ja auch lediglich Links gesetzt. Zwar dynamisch, aber es sind Links auf Seiten, die ggf. gegen Urheberrecht verstoßen.
Ich halte insbesondere den Abschnitt zu Beschwichtigung privater Blogbetreiber für nahezu fahrlässig.
Viele private Blogs schalten auch Werbung und damit sind diese nach gängiger Rechtauffassung dann auch kommerziell.
Sicher wäre nicht vor jedem Gericht in Deutschland ein solches Urteil möglich gewesen und wird in Zukunft auch nicht möglich sein. Ich gebe aber zu bedenken, dass gerade Betreiber von kleinen Internetseiten häufig nicht in der Lage sind einen solchen Streit vielleicht noch über mehrere Instanzen durchzustehen. Auf Grund der rechtlichen Unsicherheiten nehme ich schon an, dass einige lieber keinen Link mehr setzen werden bzw. sich bei der verlinkten Website versuchen abzusichern. Das Risiko trägt halt jeder Websitebetreiber allein.
Das Urteil wird m.E. auch Auswirkungen auf Webdesigner/Webentwickler/Websiteagenturen /SEOs haben. Der Websitebetreiber wird im Fall der Fälle wohl versuchen die Verantwortung abzuschieben. Aus einem anderen Urteil zur Verletzung von Urheberrechten wissen wir, dass auch das unter bestimmten Umständen funktionieren kann.
Das eigentlich positive Ansinnen gegen echte Urheberrechtsverletzungen vorzugehen verselbständigt sich. Mit rechtlichen Winkelzügen und fragwürdigen Gesetzesauslegungen sind ganze Heerscharen an Anwälten beschäftigt. Das Geschäft sein lukrativ zu sein – für Kläger und Abmahnanwälte.
Als Otto-Normalverbraucher beschleicht mich dann immer mal wieder Gefühl, dass ich mich in einem Minenfeld zu bewegen.
Es handelt sich nicht um ein Urteil, sondern um einen Beschluss im Rahmen eines Antrags auf einstweilige Verfügung. Schon diese Tatsache rechtfertigt keine geradezu panisch anmutenden Befürchtungseskalationen.
Das Problem mit dem Hamburger Landgericht ist, dass es sich sowas wie inoffizielle „Generalanwälte“ hält. Es gibt eine Reihe von Kanzleien, die auf solche Abmahnungen spezialisiert sind und deren Anwälte aufgrund der Vielzahl an Verfahren mit den Richtern schon fast per Du sind. Und die Richter sind auch nicht genervt von denen. Im Gegenteil. Die Richter übernehmen meist dankbar die Rechtsausführungen dieser Anwälte. Wenn man als Gegner dort zum ersten Mal aufläuft, dann fühlt es sich an, wie in einer Bananenrepublik. Habe ich selbst erlebt. Da der Schöpfer des Hamburger Landrechts, der Richter Buske vom LG zum OLG gewechselt hat, kriegt man leider erst vor dem BGH sein Recht.
Das zweite Problem, dass hier völlig verkannt wird, ist der Punkt des fliegenden Gerichtsstandes. Dieser besagt, dass man sich als Kläger das Gericht aussuchen kann, wenn es um bundesweite Publikationen (Medien oder Internet) geht. Während die meisten Instanzgerichte rein willkürrliche Gerichtsstände ablehnen, freuen sich die Hamburger Richter über jeden Fall (was völlig untypisch ist für Richter) und erklären sich in jedem Fall für zuständig. Da nützt es rein gar nichts, wenn 99% der Gelehrten andere Rechtsansichten haben. Denn jeder der will, kann sich die Hamburger Spezialrechtsprechung zu nutze machen, wenn er seinen Streit dort austrägt.
Warum die Politik an diesen skandalösen Auswüchsen nichts ändert, dürfte finanzielle Gründe haben. Die Hamburger Politiker / Justizsenatoren sehen, dass die Pressekammern aufgrund der vielen Eilverfahren, die wenig Arbeit bedeuten, aber viel Gerichtsgebühren einbringen, ein goldenes Kalb sind, dass als eines der wenigen „Gewinn abwirft“. Das ist ein wichtiger Punkt, wenn man die HH Rspr. kritisiert. Die (regierende) Politik fördert dies, indem sie nichts dagegen tut, obwohl es nur ein Federstrich wäre etwas zu ändern.