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Little Language Lessons im Test: So schlägt sich Googles KI-Alternative zu Duolingo

Google Translate ist für viele ein handlicher Helfer für den Urlaub. Lebensnah sind die Übersetzungen nur selten. Die Little Language Lessons sollen diese Lücke mit generativer KI schließen. Wir haben die Mini-Tools ausprobiert.

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KI hilft schon lange bei der Übersetzung von Texten. Generative KI soll das Ergebnis alltagstauglicher machen. (Grafik: Midjourney / t3n)

Mal eben eine Vokabel nachschlagen, im Urlaub nach dem Weg fragen, einen Artikel in einer Fremdsprache lesen: Früher hat man dafür Wörterbücher und Reiseratgeber gebraucht. Jetzt reicht ein Browser auf dem Handy.

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Trotz des Aufkommens neuer Übersetzungs-Tools wie DeepL aus Deutschland dominiert Google Translate den Übersetzungsmarkt für Endnutzer:innen. Schon im März 2021 sei die dazugehörige Android-App laut Firmenangaben eine Milliarde Mal installiert worden.

Dass sich dahinter Marketing verbirgt und nicht klar wird, ob tatsächlich eine Milliarde Menschen die App derzeit auf ihrem Handy haben, trübt das Resultat nur bedingt. Denn auch unterschiedlichen Schätzungen zufolge wird Google Translate im Web monatlich milliardenfach von hunderten Millionen User:innen aufgerufen. Trotzdem haben die Übersetzungen der Tech-Firma ein Problem.

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Denn obwohl diese in der Theorie meist richtig sind, scheitern sie häufiger an der Praxis. Gibt man nur einzelne Wörter mit mehreren Bedeutungen ein, wird selten die richtige gezeigt. Auch bei der korrekten Wiedergabe von im echten Leben gesprochener Sprache stolpert das Tool, die Ergebnisse wirken oft gestelzt und förmlich.

Little Language Lessons ist ein neues Experiment der Google Labs, das mit dem hauseigenen Sprachmodell Gemini an diesen Stellschrauben drehen will. Drei kleine Tools, die Mini-Sprachlektion Tiny Lesson, ein fiktives Gespräch zwischen Muttersprachler:innen in Slang Hang und Objekterkennung und Übersetzung mittels Fotos in Word Cam, sollen natürliche Sprache greifbarer machen. Taugen die experimentellen Mini-Helfer, oder muss Google weiter die Schulbank drücken?

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Tiny Lesson: Vokabeln, Beispielsätze und Stiltipps für den Alltag

Das erste der drei Sprachexperimente bietet, wie der Name schon sagt, eine Mikrolektion zu einem bestimmten Thema. Wir wollen, dass uns Tiny Lesson direkt anwendbare Tipps dazu gibt, wie man auf Deutsch einen Städtetrip plant.

Was direkt auffällt: Bei den ausgewählten Vokabeln wird nicht auf Groß- und Kleinschreibung geachtet. Die Auswahl ist dafür passend. Neben Begriffen wie Bahnhof oder Ausflug finden sich auch Stadtplan, Museum, Sehenswürdigkeit und günstig in der Auflistung.

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In einem zweiten Block präsentiert Tiny Lesson eine Handvoll Phrasen, die als Startpunkt nützlich sein können, manchmal aber etwas hakelig klingen. „Gibt es einen Stadtplan?“ würde man als Muttersprachler:in nicht fragen, „Wie komme ich zum Museum?“ oder „Wann fährt die nächste Bahn?“ schon.

Das Problem ist lediglich, dass die Mini-Lektion keinen weiteren erklärenden Kontext liefert – von der grausigen Text-to-Speech-Funktion mit Robo-Stimmen ganz abgesehen.

Bild von einem Übersetzungstool, das nützliche Phrasen in Fremdsprachen zeigt

Mit Groß- und Kleinschreibung hat Tiny Lesson so seine Probleme … (Screenshot: t3n)

Bild von einem Übersetzungstool, das nützliche Phrasen in Fremdsprachen zeigt

… und zu manchen Themen will das Tool keine Auskunft geben. (Screenshot: t3n)

Den erwähnten Kontext gibt es im dritten Teil der Lektion unter dem Überbegriff Tips. Beispiele hierfür sind der Einsatz von Modalverben oder Präpositionen im Akkusativ. Auch hier stolpert Tiny Lesson manchmal bei der natürlichen Sprache. „Ich gehe in das Museum“ klingt mehr nach Schulbuch als richtigem Gespräch.

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Was allgemein auffällt: Mit einer echten didaktisch aufgebauten Lektion hat Tiny Lesson wenig zu tun. Eher ähnelt es Duolingo. Wir bekommen bestimmte Brocken hingeworfen, die wir zwar auswendig lernen können, uns aber im Alltag kaum helfen dürften. Und das, obwohl das verantwortliche Google-Team laut Hintergrund-Blogpost zu Little Language Lessons Gemini im Prompt als bilinguale:n Tutor:in und Expert:in für Bildungsinhalte auftreten lässt.

Der Versuch, Tiny Lesson für ungewöhnliche Zwecke zu nutzen, scheitert in unserem Fall. Weder will uns das Tool auf Japanisch erklären, wie man einen Angriff meldet, noch auf Deutsch, welche Phrasen man braucht, wenn einem die Geldbörse gestohlen wurde.

Dabei könnte das gerade im Urlaub nützlich sein. Ein genauer Grund für diese Guardrails ist nicht ersichtlich, möglich wäre eine Sperrung bestimmter Schlagworte.

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Slang Hang: Natürliche Sprache auf der großen Leinwand

Wo Tiny Lesson noch mit der gesprochenen Sprache kämpft, soll Slang Hang mit KI-Unterstützung zeigen, wie diese wirklich aussieht. Dazu generiert Gemini in Einzelschritten einen Dialog zwischen zwei Personen und baut Jargon und Umgangssprache ein.

In einem ersten Test baut uns das KI-Tool ein Gespräch zwischen zwei Personen in einer Buchhandlung in Berlin zusammen. Echte Schnitzer leistet sich Slang Hang hier zwar nicht, aber so ganz natürlich will das Gespräch auch nicht wirken.

Wenn Klara Thomas zu einem Kaffee einlädt und dieser mit „Gute Idee! Da sag ich nicht nein“ antwortet, wirkt das eher gestellt. Immerhin sind die Erklärungen beim Mouseover über Begriffe wie „Querbeet“ oder „keine leichte Kost“ schlüssig und einleuchtend.

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Eine Konversation zwischen zwei Menschen, KI-generiert

Die natürlichen Konversationen, die Slang Hang generiert, sind leicht unrund … (Screenshot: t3n)

Eine Konversation zwischen zwei Menschen, KI-generiert

… und führen zu einem Ende, das eher auf die große Leinwand gehört. (Screenshot: t3n)

Ein weiteres Problem: Der KI-Chatbot gibt falsche Informationen aus. Die beiden belesenen Berliner:innen unterhalten sich über Hannah Arendt und ihr Buch Vita activa. Der Begriff der Banalität des Bösen, der laut Klara darin erklärt wird, stammt allerdings aus Eichmann in Jerusalem.

Die falsche Zuordnung ist ein Beispiel dafür, wie generative KI auf statistischen Wahrscheinlichkeiten und nicht auf Logik aufbaut. Immerhin dürfte Arendt in den Trainingsdaten am häufigsten in direkten Zusammenhang mit dem oben genannten Begriff gebracht werden.

Dass das Gespräch mit seinem Verlauf – vom Griff zum gleichen Buch hin zur Einladung zum Kaffee – der Handlung einer romantischen Komödie ähnelt, ist kein Zufall. Denn die Prompt-Vorlage der Google-Ingenieure lässt den KI-Chatbot eine:n Drehbuchautor:in spielen. Wie das mit der Alltagssprache zusammenhängt, wissen wohl nur die Entwickler:innen von Google. Wohlgemerkt: Das ist nur eines von vielen Beispielen, andere mögen alltagsnäher wirken.

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Word Cam: Übersetzung dank Objekterkennung

Der Einsatz der Handykamera ist mittlerweile auch bei Google Translate eines der sinnvollsten und wichtigsten Hilfsmittel in Alltagssituationen. Im Supermarkt oder bei der Bestellung in Restaurants lassen sich fremde Sprachen so in Echtzeit entziffern, auch wenn die App mit nicht-lateinischen Schriftzeichen häufig noch Probleme hat.

Für Word Cam haben die Entwickler:innen einen überschaubareren Einsatzzweck gewählt. Mit einem Klick können wir dem Browser, in dem wir Little Language Lessons ausführen, Zugriff auf unsere Kamera gewähren, Fotos von Gegenständen schießen und diese übersetzen lassen.

Drei Screenshots von einem Handybildschirm mit einer Foto-Übersetzungsapp

Die Beispielsätze in Word Cam sind etwas eigentümlich, die Objekterkennung funktioniert in der Regel gut. (Screenshot: t3n)

Das funktioniert in unserem Testlauf trotz niedriger Bildauflösung erstaunlich gut, auch wenn mehrere Objekte im Bild zu sehen sind. Bei fünf Gegenständen werden vier richtig markiert und übersetzt, lediglich eine Taschentuchpackung erkennt das KI-Tool als Margarine. Tippt man auf einen Gegenstand, beschreibt das Tool ihn mit passenden Adjektiven und Beispielsätzen.

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Manchmal haut das KI-Tool aber auch etwas daneben und bedient sich wie das große Vorbild an eher ungelenker Wörterbuchsprache. Auch wenn Klebebandspender der richtige Begriff sein mag, im echten Leben benutzt diesen wohl niemand.

Der Beispielsatz wirkt in diesem Fall ebenfalls sehr bemüht. „Ist der Klebebandspender wirklich so praktisch, wie alle sagen?“ klingt dann doch sehr nach dem Schulfach Deutsch als Fremdsprache.

Wie schlägt sich Little Language Lessons in Spanisch und Französisch?

Um richtig beurteilen zu können, ob das Google-Tool in anderen europäischen Sprachen ähnlich abschneidet, haben wir am Germersheimer Campus der Uni Mainz nachgefragt. Dort sitzt der Fachbereich für Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft, der seit 1949 zur Uni Mainz gehört und als renommierte Hochschule für Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen gilt.

Laut Aussage von muttersprachlich französisch sprechenden Student:innen und Dozent:innen sei der Beispieldialog, den wir dem Fachbereich zur Verfügung gestellt haben, „sehr natürlich“. Die Phrasen, die das Tool in seiner Tiny Lesson für einen Bar-Besuch vorschlägt, seien hingegen weniger passend. „C’est à votre santé !“ oder „Il lest ouvert, ce bar ?“ klinge den Muttersprachler:innen zufolge zum Beispiel „unüblich beziehungsweise nicht situationsgerecht“.

Der promovierte Spanisch-Übersetzer und -Dolmetscher Rafael Barranco-Droege sieht in der beispielhaften Stichprobe für sein Fachgebiet ebenfalls einige Aspekte, bei denen das KI-Experiment danebenliegt. Eine Stelle sei „grammatikalisch schlichtweg falsch“, eine zu komplex für Anfänger:innen, zwei kommen so eigentlich nur in bestimmten Regionen in Nordwestspanien und Lateinamerika vor. Und das, obwohl uns das Tool eine Tiny Lesson in europäischem Spanisch für eine Date-Situation generieren sollte.

Auch die Lateinamerikanistin, Dozentin für Spanische und Portugiesische Kulturwissenschaft und Übersetzerin Verónica Abrego sieht kleinere Mängel in den Spanisch-Beispielen aus Tiny Lesson und Slang Hang. Abrego beschreibt beispielsweise einen Satzteil als „etwas künstlich“, für einen weiteren im direkten Dialog sieht sie das umgangssprachliche „no te comas el coco“ als sinnvoller als das generierte „no te comas la cabeza“ an.

Little Language Lessons ist ein Experiment mit Potenzial

Stand jetzt dürfte Little Language Lessons Duolingo keine Konkurrenz machen. Dafür sind die Mini-Tools zu unfokussiert. Für regelmäßiges Lernen, bei dem man auch wirklich Fortschritte macht, fehlt zudem der richtige Rahmen. Ob die Entwickler:innen von Google die Little Language Lessons weiter verfolgen, ist unklar.

Aber die zugrundeliegende Idee ist eine gute, gerade, weil viele Sprachkurse und -apps an der Darstellung von Alltagssprache scheitern. Und dass sich aus den Experimenten von Google Labs größere Projekte entwickeln können, zeigen Beispiele wie NotebookLM, das seinen Ursprung auch im Google-Labor hat. Vom Experiment zum richtigen Produkt ist es für Little Language Lessons aber noch ein langer Weg.

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