Live-Debatte: Dieser US-Politiker will gegen ein KI-Double antreten, weil Gegner sich weigert
Softwareentwickler Bentley Hensel ist sauer. Denn weniger als einen Monat vor dem Wahltag ist der Wahlkampf für den 8. Kongresswahlbezirk von Virginia nahezu entschieden. Der amtierende Kongressabgeordnete in diesem stark demokratisch geprägten Bezirk, Don Beyer, gewann 2022 mit fast drei Vierteln der Stimmen. Schlimm genug, findet Hensel.
DonBot wird an offiziellen Kandidatenaussagen trainiert
Was Hensel aber regelrecht auf die Palme treibt, ist die Weigerung des amtierenden Kongressabgeordneten Beyer, sich keiner weiteren öffentlichen Debatte mit Hensel und anderen Bewerbern zu stellen. Das will Hensel so nicht hinnehmen.
Deshalb hat er DonBot entwickelt. DonBot ist ein KI-Bot auf der Basis von OpenAIs ChatGPT, den er auf Beyers offiziellen Websites, Pressemitteilungen und Daten der Federal Election Commission trainiert hat. Der Bot solle niemanden irreführen, beteuert Hensel.
Im Gegenteil sei er darauf trainiert, korrekte Antworten zu geben. Hensel ist überzeugt: „Don Beyer weiß, dass die beste Strategie darin besteht, öffentliche Auftritte zu vermeiden, aber die Wähler dieses Distrikts haben es verdient, von ihm und allen Kandidaten zu den Themen zu hören.“
Debatte dürfte technisch interessant werden
Bei der Debatte, die am 17. Oktober online übertragen werden soll, treten Hensel und David Kennedy, ein weiterer Unabhängiger, gegen DonBot an. Beyers Sprecherin gibt sich gelassen, aber nicht ohne Seitenhieb. Sie sagt, Beyer sei „weiterhin eine führende Stimme im Kongress, wenn es darum geht, die Regulierung der künstlichen Intelligenz zu verbessern, einschließlich der Gesetzgebung, um schändliche Akteure daran zu hindern, KI zur Verbreitung von Wahlfehlinformationen zu nutzen“.
Aus technischer Sicht dürfte die Veranstaltung interessant werden, denn der DonBot muss sich aktiv am Gespräch beteiligen. Das ist ein Feature, das OpenAI erst vor Kurzem in einer Demo vorgestellt hatte. Ob das in Echtzeit und einer möglicherweise hitzig geführten Debatte funktioniert, muss sich noch zeigen.
Reuters testet DonBot: Antworten nicht abwegig
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte bereits die Gelegenheit, eine exklusive Vorschau auf DonBot, auch bekannt als CandidateGPT, zu erhalten. Der Dienst berichtet, dass der KI-Bot im Allgemeinen direkte Antworten auf politische Fragen gab und dabei oft Beyers Website als Quelle anführte.
Auf die Frage von Reuters nach verschärften Waffengesetzen antwortete DonBot: „Wir haben in Amerika den Krisenpunkt in Bezug auf Waffen überschritten“ und dass „die Eindämmung der Waffengewalt ein Schwerpunkt meiner Arbeit war“. Auf eine andere Frage antwortete der Bot: „Ich unterstütze nachdrücklich das Recht einer Frau auf Abtreibung“. Laut Reuters stimmten die Antworten erwartbar mit Beyers sonstiger politischer Haltung überein. Auch „alternative Fakten“ habe der Bot nicht geäußert.
Interessanterweise bewerten Rechtsanwälte Beyers Chancen darauf, die Übertragung der KI-Debatte zu verhindern, als gering. „Sie müssen sehr deutlich machen, dass es sich um eine KI handelt und sie auf den eigenen Worten des Kandidaten basiert“, sagte Danielle Citron, Rechtsprofessorin an der University of Virginia. Dann sei die Debatte zulässig, zumal es ein Verbot von Deepfakes in Virginia nur für sexuelle Inhalte gebe.
„Ich bin nicht naiv, was die Ereignisse im November angeht“, räumt Hensel ein und erkennt Beyers beträchtlichen Vorsprung in den Umfragen an: „Aber ich glaube fest an mehr Transparenz.“