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Ratgeber

Live-Marketing: Die perfekte Keynote

Was kommt dabei raus, wenn ein Topspeaker die Trainingsinhalte eines anderen Topspeakers und Speaker-Trainers als Workbook herausgibt? Ein Leitfaden für die perfekte Keynote … und jede andere Form des Vortrags.

Von Frank Puscher
10 Min.
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(Foto: smolaw / shutterstock)

Frank Asmus ist Speaker-Trainer. Er bringt Führungskräften das Sprechen bei und zwar nicht nur akustisch, sondern auch körperlich, intellektuell, emotional und vor allem emphatisch.

Stephan Fädrich ist Speaker. Und zwar einer der richtig Guten. Legendär ist Günter, sein innerer Schweinehund, den er stellvertretend für sein Publikum Trägheit und Schwerfälligkeit vorleben lässt. Das passt perfekt zu Change-Themen wie etwa der digitalen Transformation.

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Was geschieht, wenn Stephan Fädrich ein Training von Frank Asmus als Workbook herausgibt? Es entsteht eine spannende Mischung aus Mitschrift, Kommentierung und Ergänzung hin zu einem Leitfaden für den eigenen Vortrag. Gelegentlich fällt er etwas zu detailverliebt aus, aber unterm Strich kommt eine sehr praktisch nutzbare Checkliste für den eigenen Vortrag heraus.

Die Story

„Eine gute Keynote ist wie ein Theaterstück“, lautet einer der Kernsätze von Frank Asmus. Er verwendet viele Begriffe aus der Theaterwelt, reduziert sie aber sofort wieder auf den wichtigen Wesensgehalt für die Business-Bühne. Große Gesten sind zwar erlaubt, müssen aber passen – zum Publikum, zur Situation, zum Thema und zum Speaker selbst.

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Stephan Fädrich nennt die Tipps-Sammlung „Die perfekte Keynote“, geht dabei aber gar nicht auf die Unterschiede zu „normalen“ Fachvorträgen ein. Und das tut er zu Recht: Das Framework funktioniert für beides. Die Unterschiede ergeben sich aus der Betrachtung des Ziels eines Vortrags und den Erwartungen des Publikums.

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1. Die Kernbotschaft

Was ist das Ziel des Vortrags? Welche Botschaft willst du als Speaker transportieren und wie passt das zu dem, was das Publikum erwartet? Das muss nicht kongruent sein. Doch wenn man das Publikum überraschen und „verführen“ will, damit es anderen Gedanken folgt, muss man das bei dessen Erwartungen verankern und von dort die Reise beginnen.

2. Die Struktur

Für Frank Asmus ist das der wichtigste Teil der Vorbereitung. Gerade Menschen, die inhaltlich kompetent, aber rednerisch nicht gut ausgebildet sind, verlaufen sich oft in den Tiefen ihres Wissens. Und dann kann das Publikum nur selten folgen. Umgekehrt gilt das auch: Wer ein Top-Performer auf der Bühne ist, sollte unbedingt darauf achten, dass es nicht nur seine „Wirkung“ ist, die bei den Teilnehmern hängen bleibt, sondern auch die konkreten Inhalte oder Botschaften.

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Asmus hält sich an ein bewährtes Konzept, die sogenannten vier Verständlichmacher.

  • Einfachheit: Das Wesentliche wird auf den Punkt gebracht, Unwesentliches konsequent weggelassen. Es gibt nichts im Vortrag, das nicht auf das Ziel hinarbeitet.
  • Gliederung: Welcher Ordnung folgt das Gesagte? Gibt es eine Hierarchie oder sind die wesentlichen Kernaussagen gleichwertig?
  • Prägnanz: Die Kernbotschaften müssen klar im Mittelpunkt stehen. Dazu darf man sie auch wiederholen.
  • Anregung: Das limbische System des Menschen reagiert besser auf visuelle Reize als auf Zahlen, Daten, Fakten. Gebt beiden Seiten Futter, indem ihr einen (statistischen) Trend mit einer Metapher illustriert. Oder ihr bindet das Publikum unmittelbar mit ein und lasst es aktiv teilnehmen.

3. Der Aufbau

Hier kommt die Idee des Theaterstücks zum Tragen. Es gibt drei Akte, zum Beispiel die Hinführung, den Widerstand und die Lösung. Kombiniert man das mit Anfang und Ende des Vortrags, entsteht ein Fünfakter, wobei Anfang und Ende vor allem dazu da sind, mit dem Publikum eine emotionale Beziehung einzugehen. Am Anfang geht es darum, sich selbst als kompetenten Speaker für das Thema ins Spiel zu bringen. Das baut Vertrauen auf. Frank Asmus hat erfahren, dass hier authentische, emotionale Geschichten besser funktionieren, als die spröde Aufzählung früherer Job-Positionen oder das Einblenden der Logos von Referenzkunden.

Außerdem darf der Anfang auch eine Stimmung erzeugen. Geht es energiegeladen und dynamisch in ein Thema oder eher ruhig, nachdenklich?

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Das Ende nimmt diese Stimmung wieder auf. Gleichzeitig folgt hier der Verstärker in Form eines Call-to-Action. Der Speaker übergibt die Verantwortung an die Teilnehmer, in dem er sie auffordert, über etwas nachzudenken, etwas zu kontrollieren, einen Kontakt aufzunehmen oder zum Beispiel zu spenden.

4. Die Headlines

Der dreigliedrige Kernaufbau wird mit drei Headlines umgesetzt. Das sind die Kernaussagen. Asmus geht davon aus, dass sich bei kürzeren Vorträgen die Menschen nicht mehr als drei Essenzen merken können.

Diese Überschriften werden gefüllt mit Unterpunkten, Beweisen, Beispielen, die allesamt auf die Überschrift einzahlen. Hier besteht wie bereits gesagt auch die Möglichkeit, die Kernbotschaften zu wiederholen, wenn man den Bezug zum jeweiligen Beispiel erklärt.

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Die verbindende Klammer bei den Headlines ist der sogenannte Claim. Das ist die zugespitzte Formulierung des Vortragsziels. Asmus nennt als Beispiel die Keynote von Steve Jobs zur Einführung des iPhones.

Der Claim lautet: „Apple erfindet das Smartphone neu“

Die Headlines dazu waren:

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  1.  „Ein iPod mit Touch-Control“
  2. „Ein revolutionäres Telefon“
  3. „Ein mobiler Internet-Communicator“

Der Claim kann auch als Verbinder zwischen den einzelnen Teilen funktionieren, indem man immer wieder auf ihn referenziert.

5. Die Story

Die hohe Kunst des Vortrags ist es, aus allen Einzelteilen eine stimmige Geschichte zu bilden. Es gibt eine Reihe von Story-Konstrukten, die dafür angewendet werden können. Frank Asmus konzentriert sich auf drei:

  1. Golden Circle: Die Beschreibung eines Themas geht von außen nach innen. Als erstes wird das Was beschrieben. Worum geht es? Dann folgt das Wie. Welche Lösung hat man gefunden, wie ging man mit Herausforderungen um? Aber entscheidend für die Story ist, dass man hier noch nicht Schluss macht. Das Innere des Golden Circle ist die Frage nach dem Warum. Das ist der Purpose, der Zweck, das Wertesystem, die Leidenschaft, die hinter einem Projekt steht.
  2. Das Kontrastprinzip: Neues wird gut verständlich, wenn man es von Altem abgrenzt. Frank Asmus wählt die Rede von Martin Luther King als Beispiel, der die (rassistische) Realität in den USA beschreibt und immer wieder eine Utopie dagegenstellt, wie das Leben sein könnte: „I have a Dream.“
  3. Die Heldenreise: Auf den ersten Blick erscheint der Ansatz komplex, aber eigentlich ist jede gute Case-Study so aufgebaut. Es gibt eine Herausforderung, eine Weigerung, sich aus der Komfortzone zu bewegen, ein Schlüsselereignis, jede Menge kleinere Scharmützel mit Rückschlägen und schließlich den finale Kampf gegen den Drachen. Danach kehrt der Held geläutert und klüger zurück und gibt seine Erkenntnis weiter. Wichtig: Aus Sicht des Speakers ist das Publikum der Held oder der Kunde.

Um die Stimmigkeit einer Story zu testen, empfiehlt der erfahrene Speaker-Trainer eine einfache Übung. Man schreibe die inhaltlich gleiche Geschichte zweimal. Einmal, als würde man sie Kindern erzählen, und einmal, als spräche man mit Politikern oder Wissenschaftlern.

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Die Inszenierung

Die Vorbereitung und inhaltliche Ausgestaltung des Vortrags ist nur die halbe Miete. Ebenso wichtig ist die Qualität des Live-Auftritts. Dabei setzt Frank Asmus bewusst ein Grundkonzept in den Mittelpunkt, nämlich die Authentizität. Das Publikum ist sehr geübt darin, übertriebene Inszenierungen und antrainierte Effekte zu erkennen und das schadet der eigentlichen Botschaft des Vortrags massiv.

6. Der Status quo

Deswegen ist es besonders wichtig, sich Gedanken zu machen, wie man auf das Publikum wirkt. Ist man der Spaßvogel oder der bodenständige, seriöse Typ? Beides muss auch vor dem Hintergrund gesehen werden, ob man Teil des Publikums ist, oder eher der Exot, der bewusst geholt wurde, um eine andere Perspektive auf ein Thema beizutragen.

Beides lässt sich nicht trennen. Macht der Exot einen Witz, der nur in seiner angestammten Peergroup funktioniert, entfernt er sich damit vom aktuellen Publikum. Das Gegenteil ist gewünscht. Stellt er dem Publikum aber seine Peergroup vorher vor und amüsiert sich dann zum Beispiel über deren Nerdismus, beinhaltet das Selbstironie – das ist ein ganz starkes Stilmittel, um Nähe zum Publikum aufzubauen.

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7. Das Outfit

Aus genau dieser Verortung der Beziehung zwischen Zuhörer und Speaker leitet sich auch der optische Auftritt ab. Wählt man bewusst einen anderen Stil als die Mehrzahl der erwarteten Zuschauer, dann setzt das ein aktives Zeichen. Man will eine andere Perspektive hereinbringen und outet sich als nicht oder nur teilweise zugehörig zur Gruppe. Das erzeugt einerseits Neugier, aber andererseits auch Skepsis, mit der es zu arbeiten gilt.

Der junge Startup-Gründer, der in Jeans, Hoodie und bunten Socken seine neue Payment-Lösung vor Bankern präsentieren will, kann damit durchkommen, wenn seine Lösung überzeugt. Aber er macht es sich etwas schwerer als nötig, da das seniorige Publikum ihm die tiefere Marktkenntnis absprechen könnte.

Nicht zu vernachlässigen ist auch, wie das Outfit im Raum wirkt. Frank Asmus warnt vor allem davor, sich in der vorherrschenden Farbe der Raumdekoration zu kleiden. Bitte kein grünes Sakko vor grüner Wand.

8. Der Raum

Eine Vorbesichtigung des Vortragsraums ist enorm hilfreich. Der Speaker bewegt sich lockerer, wenn er das Ambiente schon kennt. Und er weiß vorher, wie er sich und seine Hilfsmittel inszeniert.

Das gilt zum Beispiel für Flipcharts. Sind welche da? Gibt der Raum es her, dass man damit arbeitet? Das funktioniert freilich nur, wenn auch die Teilnehmer auf den hinteren Sitzen das Geschriebene oder Gezeichnete noch erkennen können.

Aber so anachronistisch Flipcharts wirken, sie können eine spannende Rolle im Vortrag einnehmen. Erstens entsteht so der Flipchart-Content im Moment des Vortrags und das Publikum nimmt an der Entwicklung teil. Zweitens kann die Visualisierung auch für den Rest des Vortrags stehen bleiben und so einen Rahmen für das Gesagte bilden. Wie wäre es mit zwei Flipcharts, einem für Pro und einem für Contra? Der Speaker kann sich zwischen den beiden Polen bewegen und seinem Vortrag so eine visuelle Unterstützung verleihen.

Besonders wichtig bezüglich des Raums ist die Frage, wie das Beamer-Bild projiziert wird. In kleinen Hotel-Konferenzräumen steht der Beamer meistens auf einem Tisch. Dadurch steht der Speaker unmittelbar im Beamer-Licht, sobald er in der Mitte steht. Das wäre zu vermeiden.

Es gibt zwei Lösungen dafür. Entweder platziert man sich neben der Leinwand und entgeht so dem Beamer-Licht. Oder man schaltet den Beamer an einem bestimmten Punkt des Vortrags ein beziehungsweise aus. Letzteres hat einen interessanten dramaturgischen Effekt: Den Zuschauern wird keine visuelle Ablenkung vom Speaker mehr geboten. Und genau so sollte man das inszenieren.

9. Der Auftritt

Der Speaker ist der Chef im Ring. Er bestimmt, was die nächste halbe Stunde passieren wird. Insofern erwartet das Publikum auch, dass er ein stimmiges Konzept vorbereitet hat. Sehr souveräne Speaker lassen das Publikum Themen wählen oder bestimmte Stichworte in den Raum rufen, um daran den Vortrag auszurichten. Das ist ein tolles Stilmittel, um das Publikum zu involvieren, aber es entbindet nicht von der eingangs beschriebenen klaren Struktur. Der Speaker muss dann spontan (oder gut vorbereitet) die Headlines und die passenden Beispiele dazu finden.

Das wichtigste Stilmittel des guten Sprechers ist die Pause. Sie erzeugt Rhythmus im Gesagten und betont den jeweils letzten oder den jeweils nächsten Satz. Pausen fühlen sich für Speaker immer länger an als für Zuhörer. Der gute Speaker zwingt sich zur Ruhe und zählt stumm bis fünf.

Besonders cool wirkt die Pause gleich am Anfang. Sobald der Speaker die Bühne betreten und sich in der Mitte aufgestellt hat, hält er inne. Das erhöht die Spannung und fesselt die Aufmerksamkeit des Publikums. Es braucht aber auch buchstäblich „Stehvermögen“ beim Speaker. Er kommuniziert: Ich bin mir meiner Sache sicher, ihr hört besser aufmerksam zu.

Frank Asmus stellt auch einen Zusammenhang zwischen der mitteleuropäischen Leserichtung und dem besseren Bühnenauftritt her. Die „Erstbesteigung“ der Bühne erfolgt von links, vom Publikum aus gesehen. Der Abgang erfolgt nach rechts. Und geht man zwischenzeitlich rechts ab und kommt dann wieder, so ist das buchstäblich die Rückkehr in einen früheren Erzählstrang.

Ähnlich wie die Seitwärtsbewegung spielt auch die Bewegung nach vorne und hinten eine zentrale Rolle in der Dramaturgie. Wer sich vorne an den Bühnenrand setzt und leiser spricht, erzeugt eine intime Atmosphäre mit dem Publikum. Wer ganz hinten auf der Bühne steht, lässt den Folien den Vorrang und damit in gewissem Maß der Sachlichkeit. Und in der Mitte steht man, wenn man den Raum ausfüllen will, also vor allem auch am Anfang und am Ende.

Bei der individuellen Performance des Sprechers bevorzugt Asmus die Authentizität. Menschen, die bei sich sind, wirken immer überzeugender als antrainierte Techniken. Das gilt zum Beispiel für Gesten. Gesten sind gezielte Verstärker für einzelne Aussagen, aber es wird eben nicht wild herumgefuchtelt.

Eine Ausnahme von dieser „Entspannungsregel“ bildet die Stimme. Wer Dialekt spricht, weiß, dass er damit eine höhere Nähe zu Gleichsprachigen erzeugt, aber auch eine höhere Distanz zu Menschen aus anderen Regionen. Das kann gewollt sein, aber man sollte sich den Effekt vorher klar bewusst machen. Gleiches gilt für Fachsprache mit Anglizismen oder Abkürzungen.

Aber wenig Raum für Kompromisse lässt die Lautstärke. Sie wirkt prägend für den Vortrag. Entscheidend ist der Wechsel zwischen lauten und leisen Passagen, denn das trägt zu einer weiteren Strukturierung der Inhalte bei. Laut: wichtig. Leise: Übergang, nebensächlich. Dennoch sind die leisen Passagen wichtig, da sie – auch ein Kontrastprinzip – die Bedeutung der lauten Passagen verstärken und dem Zuhörer Raum geben, sich mental kurz zu erholen.

10. Der Abgang

So wichtig wie der erste Eindruck, so wichtig ist auch der letzte. Es ist das letzte Bild, dass der Speaker beim Zuhörer verankern kann. Eine Zusammenfassung des Gesagten oder die Key-Takeaways sind ein gutes Stilmittel kurz vor dem Ende, aber niemals das Ende selbst. Hier kehrt der Speaker zu sich zurück. Zu seiner Mission. Er verankert die Bedeutung des Gesagten mit Hilfe eines höheren Ziels: mehr Umsatz, eine bessere Umwelt, ein harmonischeres Miteinander. So, wie sich der Speaker die neue Welt eben wünscht.

Und dazu passt der bereits erwähnte Call-to-Action. Der Speaker hat alles dafür getan, um die Bedeutung des Themas zu illustrieren und zu untermauern. Nun übergibt er die Verantwortung an das Publikum, wenn es um konkrete Maßnahmen, um das Umsetzen geht. Er zeigt einen Next Step, bevor er nach links (aus Speakersicht) von der Bühne geht.

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