Mobilitätsbudget und betriebliche Altersvorsorge: Die beliebtesten Benefits zur Nettolohnoptimierung

Essensgutscheine und Homeoffice, Fahrtkostenzuschuss oder betriebliche Altersvorsorge: Wer mit dem Wunsch nach einer Gehaltserhöhung auf Granit beißt, kann mit Benefits oft trotzdem eine finanzielle Verbesserung herausschlagen. Welche Möglichkeiten es gibt und wie ein Ergebnis gelingt, von dem Angestellte und Unternehmen profitieren, erklärt Nikolai Skatchkov, CEO der Softwarefirma Circula, im Interview mit t3n.
Nettolohnoptimierung per Benefit: Diese Benefits sind besonders beliebt
t3n: Nikolai, was sind derzeit denn die beliebtesten Benefits, mit denen Beschäftigte sich den Nettolohn aufstocken lassen?
Nikolai Skatchkov: Der beliebteste Benefit, zumindest nach unseren Erkenntnissen aus einer Studie, die wir letztes Jahr mit Yougov durchgeführt haben, ist das Mobilitätsbudget. Das kann dann für ein Firmenfahrzeug verwendet werden, aber auch zum Beispiel als Zuschuss für den öffentlichen Nahverkehr.
Eine andere sehr beliebte Komponente ist die betriebliche Altersvorsorge, bei der man überlegt: Wie kann man neben der zu erwartenden Rente noch etwas für die Zukunft zur Seite legen?
t3n: Müssen Unternehmen einen Benefit, den jemand beim Eintritt ins Unternehmen oder in einer Gehaltsverhandlung vereinbart, eigentlich auch für alle anderen Mitarbeitenden verfügbar machen?
Nikolai Skatchkov: Nein, Arbeitgebende haben die Möglichkeit, zu differenzieren, und müssen nicht die gleichen Bausteine für die komplette Belegschaft anbieten.
Es gibt ja auch große Gehaltsunterschiede innerhalb von Organisationen und dementsprechend kann man zum Beispiel vielleicht auch darauf achten, dass man gerade in Abteilungen, in denen die Budgets kleiner sind, mit solchen Bausteinen anfängt. Und als Angestellte kann man natürlich auch proaktiv Vorschläge unterbreiten.
t3n: Bleiben wir mal auf der Angestelltenseite: So eine Nettolohnoptimierung kommt ja meist dann ins Spiel, wenn ein Unternehmen keine Erhöhung beim Bruttolohn bieten kann oder will. Wie siehst du das?
Nikolai Skatchkov: Grundsätzlich kann man diese Aussage so stehen lassen. Für Unternehmen geht es bei der sogenannten Total Compensation darum, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu bedienen, gleichzeitig aber auch möglichst wirtschaftlich zu arbeiten. Durch Benefits lassen sich pro Angestellten bis zu 5-stellige Beträge jährlich einsparen – und für Beschäftigte ist die Nettolohnaufstockung immer noch besser als gar keine Gehaltserhöhung.
Natürlich gibt es Unternehmen und Sektoren, in denen Benefits und Compensation gar nicht infrage kommen oder kaum eine Rolle spielen, zum Beispiel weil es Tarifverträge gibt oder es der oder dem Arbeitgebenden wirtschaftlich sehr gut geht. Aber bei vielen anderen glaube ich, dass sich die Überlegung, ob man so etwas einsetzt, für Entscheiderinnen und Entscheider gerade in Zeiten von Inflation und wirtschaftlichen Schwierigkeiten einfach lohnt.
Ab in die Verhandlung: Wie gelingt die Einigung?
t3n: Gehen wir mal in die Verhandlungssituation. An welchem Punkt des Gesprächs wäre es denn taktisch klug, die Frage nach Benefits einzubringen?
Nikolai Skatchkov: Ich glaube, das ist sehr individuell und auch abhängig davon, was für ein Verhältnis man zu seinen Vorgesetzten hat. Natürlich gibt es die Möglichkeit, die Frage nach Benefits hinauszuzögern, bis nichts anderes mehr geht. Ist das Verhältnis gut, kann man durch eine offene Ansprache aber auch zeigen, dass man einen Mittelweg finden will, der die eigene Situation verbessert und gleichzeitig für das Unternehmen eine möglichst geringe Mehrbelastung ist.
Man kann zum Beispiel aufschlüsseln, dass man eine Gehaltserhöhung um Betrag X brutto realisieren will, die netto mit Betrag Y zu Buche schlagen würde. Wenn es dann vielleicht sogar eine Möglichkeit gibt, einen höheren Nettobetrag zu realisieren, der das Unternehmen aber genauso viel oder weniger kostet als die angepeilte Bruttolohnerhöhung, würde ich das von vornherein als Option einbringen und die Vorteile davon aufzeigen.
Gleichzeitig steht natürlich die Frage im Raum, wie realistisch eine Umsetzung ist. In Unternehmen, die sehr groß sind und in denen Gehälter in der Regel über den Betriebsrat oder Gewerkschaften geregelt sind, können individuelle Wünsche schnell zu herausfordernd sein, um alle mitzunehmen. In KMU und inhabergeführten Unternehmen, in denen Entscheidungen schneller gefällt werden, gibt es häufig mehr Möglichkeiten.
Unsere Studie hat übrigens gezeigt, dass Unternehmen doch immer wieder Bedenken haben, dass die Maßnahmen zur Entgeltoptimierung sowohl rechtlich als auch administrativ sehr aufwändig sind – was heute aber nicht mehr der Fall ist. Wenn man als Mitarbeiter:in die Ambitionen hat, Benefits zu verhandeln, kann es also helfen, schon ein paar Informationen zur Umsetzung zu liefern und zu zeigen, an welchen Stellen man dafür ansetzen müsste.
t3n: Wonach wählen Unternehmen denn aus, welche Benefits umgesetzt werden?
Nikolai Skatchkov: Tatsächlich messen nur 46% der Entscheiderinnen und Entscheider, welche Benefits tatsächlich von den Angestellten genutzt oder auch verlangt werden. Hier kann eine Dissonanz entstehen zwischen den Wünschen der Angestellten und dem, wovon der oder die Arbeitgebende oder die Personalabteilung glaubt, dass es der richtige Mix ist.
An der Stelle würde es sich aus Angestelltenperspektive also anbieten, zu sagen, vielleicht macht man mal eine Umfrage, um zu sehen, was eigentlich die Bedürfnisse der Belegschaft sind.
Geht es darum, welche Benefits sowohl aus der Angestelltensicht als auch aus der Arbeitgebersicht attraktiv sein können, ist aus meiner Sicht die betriebliche Altersvorsorge eines der wichtigsten Themen. Sie kann als Gehaltsumwandlung angeboten werden, wird also direkt vom Bruttogehalt in die Rente eingezahlt und nicht erst vom Nettogehalt abgezogen.
Zwei andere Bausteine, die beliebt sind, sind die klassischen Sachbezüge, durch die den Angestellten monatlich 50 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei zur Verfügung gestellt werden können, und der Essenszuschuss, mit dem man das Gehalt monatlich um 108 Euro aufstocken kann.
Wenn man Sachbezüge, Essenszuschuss und Altersvorsorge kombiniert, ist das für Angestellte aufs Jahr gerechnet ein erheblicher Mehrwert, während sich die Zuschüsse für die Arbeitgebenden marginal auswirken.
Arbeitslosenversicherung und Sozialversicherung: Das solltest du wissen
t3n: Aber irgendwann wird es doch einen Punkt geben, an dem kein Weg mehr an der Bruttolohnerhöhung vorbei führt, weil alle möglichen Benefits ausgereizt wurden?
Nikolai Skatchkov: Grundsätzlich ist die Bandbreite, was man alles über Benefits abbilden kann, relativ hoch. Wir haben mit einem Partner mal berechnet, dass man mit verschiedenen Bausteinen bis zu 15.000 Euro Nettolohnaufstockung realisieren kann.
Was natürlich wichtig ist, sind die Lebensumstände. Und wenn zum Beispiel jemand sagt, er will eine Erhöhung vom Bruttogehalt, damit die Zahlungen auch in die Rentenversicherung und die Arbeitslosenversicherung eingehen, muss man eben individuell entscheiden.
t3n: Stichwort Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung: Wie sieht es denn damit aus, wenn ich auf eine Bruttolohnerhöhung verzichte?
Nikolai Skatchkov: Wenn man eine Gehaltserhöhung über Benefit-Bausteine abbildet, bedeutet das ja zunächst mal keine Schlechterstellung im Vergleich zu vorher. Wenn man allerdings eine Gehaltsumwandlung umsetzt, dann muss den Arbeitgebenden und den Arbeitnehmenden bewusst sein, dass in dem Fall weniger in die Sozialversicherungskasse und die Arbeitslosenversicherung eingezahlt wird.
Der Teilbetrag, der dann nicht eingezahlt wird, ist im Vergleich zum Gesamtgehalt marginal, aber er sollte trotzdem offengelegt werden. Und es gibt die Möglichkeit, eine zusätzliche Versicherungspolice abzuschließen, die den Teilbetrag ausgleicht, sodass man letztendlich genauso gut gestellt ist, wie wenn das Gehalt als Brutto eingezahlt worden wäre.
t3n: Last but not least: Der Obstkorb ist ja mittlerweile fast schon verschrien und taucht in einigen Stellenanzeigen nur noch ironischerweise auf. Was sind denn weitere Benefits, mit denen Firmen nicht mehr punkten können?
Nikolai Skatchkov: Tatsächlich haben wir den Obstkorb in unserer Umfrage auch untergebracht – und nur 14 Prozent der Angestellten fanden ihn attraktiv. Was mittlerweile auch zum Standard geworden ist, ist das Thema Homeoffice. Klar gibt es mittlerweile auch Unternehmen, die ihre Angestellten wieder zurück ins Büro bringen wollen, aber hybrides Arbeiten hat sich so durchgesetzt, dass es kein Alleinstellungsmerkmal mehr ist.