Auf gute Nachbarschaft: Wie Nextdoor die Bundesrepublik erobern will
Facebook reichte nicht. Als Yvonne Killian nach Holzwickede zog, da wollte sie mit Menschen in der näheren Umgebung in Kontakt kommen. Doch die lokalen Gruppen auf dem Netzwerk von Mark Zuckerberg sagten ihr nicht zu. Sie seien einfach zu groß gewesen. „Ich fand es schade, dass man sich vor Ort nicht kennenlernte“, sagt Yvonne. Im Internet suchte sie nach Alternativen, nach kleineren sozialen Gruppen. Und stieß auf Nachbarschaftsnetzwerke.
Die Idee dahinter haben sich Unternehmen von der analogen Welt abgeschaut: Sie wollen Nachbarschaften im Netz abbilden. In Deutschland gehören Startups wie Wirnachbarn oder Nebenan.de zu den Anbietern. Als Ziel haben sie es ausgemacht, den lokalen Austausch zu fördern. Nachbarn, so ihre Agenda, soll man wie früher wieder mit Namen kennen. In der vergangenen Woche gaben die beiden Portale ihren Zusammenschluss bekannt: Künftig wollen sie gemeinsam unter dem Dach von Nebenan.de Nachbarschaften ins Netz bringen.
Konkurrenz bekommen sie ab Dienstag ganz offiziell vom US-amerikanischen Original. Schon seit längerem kursieren Gerüchte, dass Nextdoor in die Bundesrepublik kommt. Nun bestätigt auch das 2011 in San Francisco gestartete Unternehmen, finanziert mit mehr als 200 Millionen US-Dollar: Es will nach den USA, den Niederlanden und Großbritannien nun auch in Deutschland sogenannte Nachbarschaften sammeln. Aktuell kommt das Portal auf 160.000 Nachbarschaften weltweit, in der Bundesrepublik sind es zum Start etwa 200.
Als Nachbarschaft definiert Nextdoor eine Umgebung mit 700 bis 1.500 Haushalten. „Jede Nachbarschaft hat eine Grenze und einen Namen“, erklärt Gründerin Sarah Leary beim Gespräch mit t3n.de in Berlin. Wer mitmachen will, kann auf dem Portal seine Adresse eingeben. Dann wird dem Nutzer angezeigt, ob es schon eine aktive Gruppe seiner Nachbarschaft auf Nextdoor gibt oder nicht.
Nextdoor: Nachbarschaftshilfe im Netz
Wenn die Nachbarschaft noch nicht auf dem Portal verzeichnet ist, kann der User ein sogenanntes Gründungsmitglied werden und selbst dafür sorgen, dass seine Nachbarschaft auf der Plattform aktiv wird. Nextdoor gibt dem Nutzer nach seiner Anmeldung 21 Tage, um mindestens neun weitere Nachbarn zu rekrutieren. Er kann etwa Flyer und Postkarten auf Kosten des Portals an die Adressen in der Nähe schicken. „Es ist wirklich wichtig, einen lokalen Nutzer zu haben, dem das Thema Nachbarschaft am Herzen liegt“, sagt Gründerin Leary. Nur so entstünden aktive Netzwerke.
Yvonne Killian ist eine der ersten deutschen Nutzerinnen der neuen Plattform und Gründungsmitglied in ihrem Bezirk. Als sie bei ihrer Suche auf Nextdoor stieß, hieß es auf der Website, man könne seine E-Mail-Adresse hinterlassen, wenn man das Netzwerk auch in seinem Land haben wolle. „Ich habe dann ein paar Jahre nichts gehört“, sagt die 34-Jährige. Erst als Nextdoor Anfang des Jahres Gründungsmitglieder für eine Betaphase in Deutschland suchte, kontaktierten die US-Amerikaner die studierte Psychologin. Sie hatte sofort Lust, sich zu engagieren. Mittlerweile zählt ihre digitale Nachbarschaft mehr als 200 Personen.
Sie freut sich darüber, endlich ihre Nachbarn zu kennen. „Wenn ich jetzt einkaufe, kenne ich auch Leute aus der Gegend, quatsche mit ihnen“, sagt sie. Erst in der vergangenen Woche hat sie eine Nachbarschaftsparty in einem nahegelegenen Restaurant veranstaltet. Man habe gegessen und sich unterhalten, das sei sehr nett gewesen. Sie schätzt aber auch die klassische Nachbarschaftshilfe an dem Netzwerk. „Mein Fahrrad ist kaputt und ich weiß nicht, wie man das repariert“, sagt sie. Normalerweise rufe sie in solchen Fällen ihren Bruder an. Jetzt fragt sie auf Nextdoor nach Hilfe.
„Bei uns geht es um den täglichen, nachbarschaftlichen Bedarf.“
Für Sarah Leary ist genau das der Unterschied zu Facebook oder Twitter. „Bei uns geht es um den täglichen, nachbarschaftlichen Bedarf“, erklärt die Vizepräsidentin für die Bereiche Marketing und Operations. Die Bilder vom Neugeborenen teile man eher auf Facebook. Wenn etwas Aktuelles passiert, öffne man Twitter. Nextdoor will die Nützlichkeit als Alleinstellungsmerkmal etablieren. Wer Hilfe sucht, dem soll hier auch geholfen werden. Die Klassiker: Kleinanzeigen, Fundbüro, Empfehlungen. Wer kennt den besten Pizzabäcker in der Nähe? Wer will die alte Babykleidung kaufen? Und hat jemand vielleicht das Tuch gefunden, das man neulich verloren hat? Statt Likes wie bei Facebook oder Herzen wie bei Twitter gibt es bei Nextdoor „Dankeschöns“.
Damit die Nachbarschaft auch wirklich unter sich bleibt, hat Nextdoor strikte Auswahlkriterien. Wer sich bei dem Netzwerk anmelden will, der muss seinen richtigen Namen und seine richtige Adresse angeben. Das Unternehmen schickt an die Anschrift dann eine Postkarte mit einem individuellen Code, mit dem sich der Nutzer verifizieren muss. Sich aus Spaß als das Ehepaar von gegenüber auszugeben, wird dadurch schwierig. „Wir sehen nur sehr wenig Betrug“, versichert Leary.
Die Informationen, die auf dem Netzwerk geteilt werden, sind auch nicht suchmaschinenindiziert. Sprich: Es kann nicht jeder auf Google einsehen, was jemand in die Gruppe geschrieben hat. „Wir wollen, dass sich unsere Nutzer in einem privaten Raum bewegen können“, sagt Leary. Die Nachbarschaften sind deshalb auch nur von den jeweiligen Bewohnern einsehbar. Wer in einem anderen Bezirk wohnt, hat keinen Zugriff darauf.
Damit sich auch die beim Datenschutz skeptischen Deutschen auf dem Portal anmelden, hat Nextdoor beim ersten Login ein zusätzliches Element eingefügt. Normalerweise müssen Nutzer die Einstellungen unter Privatsphäre ändern, wenn sie nicht wollen, dass ihre Adresse angezeigt wird. Wer sich bei Nextdoor in Deutschland anmeldet, wird sofort gefragt, ob er will, dass seine volle Adresse angezeigt wird oder nicht.
Geschäftsmodell im Test
Bisher verdient das Unternehmen noch nichts an dem Modell. „Du brauchst erst eine Community, bevor du profitabel werden kannst“, argumentiert Gründerin Leary. Inzwischen testen die US-Amerikaner aber verschiedene Monetarisierungsstrategien. Wie bei Facebook können sich die Gründer etwa gesponserte Posts im Newsfeed vorstellen, aufgeteilt nach nationalen und lokalen Ketten oder Geschäften. Auch einen vertikalen Markt sieht Nextdoor im Bereich des Möglichen. So könnten Immobilienunternehmen etwa Angebote einstellen oder Wohnungsbesichtigungen ankündigen.
Dass sich die Kommunikation auf Nextdoor auf Whatsapp-Gruppen verlegen könnte, sieht Leary nicht. „Klar, einzelne Nachbarn werden sicherlich ihre Telefonnummern austauschen und so kommunizieren“, sagt sie. Aber wenn man einen Schreibtisch verkaufen wolle oder seine Katze suche, dann sei es immer noch wichtiger, möglichst viele Menschen zu erreichen und nicht nur diejenigen, die man möge.
Auch den schon vorhandenen Wettbewerb von Nebenan.de fürchtet Leary nicht. „Wir machen das seit sechs Jahren“, sagt sie. „Wir haben einen großen Wissensvorsprung.“ Es sei sehr schwer, ein Geschäftsmodell mit der Idee aufzubauen. Dazu brauche es viel Einsatz. Trotzdem: Auch wenn Nextdoor ein Vielfaches der Finanzierung erhalten hat, die Nebenan.de vorweisen kann, können sich die US-Amerikaner des Siegeszuges nicht allzu sicher sein. Schließlich hat das deutsche Portal hierzulande einen kleinen zeitlichen Vorsprung.
„Irgendwann werden die Kopien einfach überrollt.“
Yvonne Killian glaubt, dass sich das US-amerikanische Original auf Dauer durchsetzen wird. Sie verweist auf StudiVZ und Facebook: „Irgendwann werden die Kopien einfach überrollt.“ Trotzdem hat sie noch Verbesserungsvorschläge für Nextdoor. So wünscht sie sich etwa einen besseren Überblick über Ressourcen in ihrer Nachbarschaft. Eine eigene Kategorie würde es einfacher machen, über die Plattform nach bestimmten Angeboten zu suchen – etwa nach Nachhilfe für die Kinder, einer Bohrmaschine oder einem Juristen. Bisher muss der Nutzer jeden Nachbarn einzeln anklicken, um seine Expertisen zu sehen. Verbesserungsbedarf ist also durchaus noch vorhanden.
Ich finde es doof, dass man der Gründer der digitalen Nachbarschaft sein muss, wenn für die eigene Adresse noch keine besteht und man diese dann moderieren und bewerben soll. Das will ich aber nicht.
Das Programm gibts von nationalen Entwicklern in der Landessprache, mit den gleichen Inhalten wie der Amerikaner. Ein amerikanischer anbieter der unsere Daten und Geld abgreifen will.
Ganz ehrlich, dieser text ist Schleichwerbung für nextdoor. Die bereits funktionierenden nationalen Projekte wie nebenan.de bieten sicherheit, sind gut ausgereift und sind sicher.
Im Bericht finden sich sehr viele Form- und Grammatik fehler, sowie fehlende Wörter.
Das thema wurde angenehm detailiert und gründlich dargestellt. Danke.
Es reicht einfach mal mit den amerikanischen Plattformen! Nebenan.de ist etabliert, sicher und schon gut ausgereift. Wir brauchen nicht noch eine USA-Firma, die unsere Daten abgreift, das Geschäft alleine macht und hierzulande keine Steuern zahlt.
Es gibt außer nebenan.de auch noch http://www.nicer2gether.com ein deutscher Verein und kein amerikanisches Unternehmen. Wir sind ebenfalls gut etabliert.