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MIT Technology Review News

OpenCRISPR-1: Generative KI erzeugt künstliche Genscheren

Das US-Unternehmen Profluent hat ein KI-Modell vorgestellt, das neue und präzisere DNA-Werkzeuge ermöglichen soll. Aber sind sie auch leistungsfähig?

Von Veronika Szentpétery-Kessler
3 Min.
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(Foto: Billion Photos / Shutterstock)

Generative künstliche Intelligenzen (KI) können Fotos und Videos erzeugen, Gedichte und Geschichten schreiben und sogar Computerprogramme erstellen. Seit Kurzem gehört auch das Entwerfen von Bauplänen für Genscheren zu ihrem Portfolio. Denn Forscher des US-Unternehmens Profluent haben einen KI-basierten Geneditor namens „OpenCRISPR-1“ entwickelt, der CRISPR-Genscheren entwerfen kann. Er wurde Ende April auf dem Preprint-Server „BioRxiv“ veröffentlicht, hat also den Gutachter-Prozess noch nicht durchlaufen.

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CRISPR-Genscheren haben die Life-Science-Forschung und die Entwicklung von neuen Therapien galvanisiert, denn sie sind außerordentlich präzise. Sie wurden bisher für so vielfältige Ziele eingesetzt wie die Entwicklung von ertragreicheren Nutzpflanzen und neue Therapien für Krankheiten.

So hat etwa Großbritannien Ende letzten Jahres die weltweit erste CRISPR-Gentherapie für Sicherzellanämie und Beta-Thalassämie zugelassen, mit der genetische Fehler in Knochenmarksstammzellen korrigiert werden, damit sie sich zu gesunden Blutzellen entwickeln. In der klinischen Studie hatten 97 Prozent der 28 behandelten Sichellzell-Patienten mindestens ein Jahr lang keine Schmerzattacken mehr, während 93 Prozent der 42 Beta-Thalassämie-Betroffenen ein Jahr lang keine der sonst notwendigen Bluttransfusion benötigte.

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Bakterielles Immunsystem

CRISPR-Genscheren wurden in Bakterien entdeckt, die sie als Immunabwehr nutzen, um eindringende Viren (Bakteriophagen) zu erkennen und sie außer Gefecht zu setzen. Auch gegen andere einzellige Angreifer wie Archaeen ist die Abwehrwaffe erfolgreich. Bisherige CRISPR-Genscheren wurden durch die Abwandlung der bakteriellen Originale erzeugt. Profluents neuer Editor soll nun aber auch gänzlich neu entworfene Genscheren erlauben, die noch wirkungsvollere und präziser sein sollen.

CRISPR-Werkzeuge bestehen vereinfacht gesagt aus einem Leit-RNA-Stück, das als Fahndungsfoto fungiert und ein korrespondierendes DNA-Stück im Zielerbgut erkennt. Die Leit-RNA ist mit dem Schneideenzym Cas9 verbunden, einem Eiweiß, das die erkannte DNA durchtrennt. Deshalb heißt die Genschere etwas präziser auch CRISPR/Cas. 2020 erhielten Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna den Nobelpreis für Chemie für die Entdeckung des RNA-Bausteins und der Möglichkeit, durch maßgeschneiderte RNA-Abschnitte verschiedene Genscheren zu erzeugen.

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Das Zerschneiden der DNA durch CRISPR/Cas DNA kann zum Beispiel Gene ausschalten helfen. Wenn nämlich die Zelle versucht, die von durchtrennten Stränge wieder zu reparieren, passieren oft Fehler und diese Mutationen können das betreffende Gen außer Gefecht setzen – ergo abschalten. Darüber hinaus lassen sich mittels CRISPR/Cas aus Gene einfügen. Dabei werden zusätzlich zu der Genschere auch extern erzeugte DNA-Abschnitte zugegeben, woraufhin diese an der Bruchstelle eingebaut werden.

Generative KI basieren auf sogenannten neuronalen Netzwerken, die große Datenmengen analysieren. Für das Training von Bildgeneratoren etwa werten die Systeme Bilder und ihre Beschreibungen aus, um Verbindungen zwischen Text und Bild zu erlernen. Lautet die Anweisung dann etwa „Erstelle ein Bild mit einer Kuh vor dem Opernhaus von Sydney“, weiß das System sozusagen, was es tun soll.

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DNA als Trainingsmaterial

Bei der Entwicklung von „OpenCRISPR-1“ dienten riesige Mengen von DNA-Sequenzen mit den dazugehörigen und Funktion der kodierten Proteine und genetischen Steuerungselemente als Trainingsmaterial. Profluent schnitt dabei das Trainingsmaterial auf die DNA- und Anleitungen von CRISPR-Cas-Systemen in Mikrobengenomen zu. Mit anderen Worten: Sie ließen ihre KI analysieren, wie natürliche CRISPR-Cas-Systeme sich verhalten – welche DNA-Anleitung lässt sie welches DNA-Stück erkennen und wie schneidet sie dieses dann.

Bisher hat der CRISPR-Editor keine Studien durchlaufen, es ist also noch nicht ganz klar, inwieweit synthetische CRISPR-Systeme die Fähigkeiten von natürlichen Systemen erreichen oder gar übertreffen können. Wie das Unternehmen in ihrem Preprint schreibt, zeigten „mehrere generierte Genscheren eine vergleichbare oder verbesserte Aktivität“ im Vergleich zum CRISPR-System des Bakteriums Streptococcus pyogenes, in dem Charpentier die Leit-RNA entdeckt hat.

Wie der Name schon sagt, ist Profluents CRISPR-Editor für Forscher und Unternehmen frei nutzbar. Während das Vorgehen für Forschungsprojekte nicht ungewöhnlich wäre, ist es unter Biotech- und Pharma-Unternehmen eher die Ausnahme.

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