Ist Peng Shuai Chinas bislang umfassendster Fall von Zensur?
Am 2. November hat Peng Shuai ein Geheimnis gelüftet, das sie lange mit sich herumtrug, während sie auf dem Tennis-Platz Erfolge gefeiert hat. Zhang Gaoli, einstiges Mitglied der Kommunistischen Partei und ehemaliger Vize-Premierminister von China, habe sie zum Sex genötigt, woraufhin die beiden eine Affäre mit Unterbrechungen begonnen hätten.
Peng Shuai schilderte dies in einem langen Text, den sie auf der Social-Media-Seite Weibo gepostet hat – doch lange blieb dieser dort nicht. Innerhalb weniger Stunden wurde er gelöscht. Was folgte, ist eine Online-Zensur, die in dieser Form noch nicht dagewesen ist. Das sagte Eric Liu gegenüber dem Magazin „Vice”. Dieser weiß, wovon er spricht, denn früher hat er bei Weibo als Zensor gearbeitet, bevor er 2013 die Seiten wechselte und heute von den USA aus chinesische Zensur nachverfolgt.
Peng Shuais Geschichte soll totgeschwiegen werden
Angesichts dessen, wie schockierend die Geschichte von Peng Shuai ist, wie viele Menschen auf Social Media darüber sprechen und der zunehmende Drang der Kommunistischen Partei, die öffentliche Meinung unter Kontrolle zu halten, nennt Liu die Zensur-Kampagne der Regierung „beispiellos”. Ziel sei es, den Fall zu einem Tabu-Thema zu machen und somit zu bewirken, dass sich Menschen irgendwann nicht mehr trauen, darüber zu sprechen oder zu schreiben – weder online noch offline.
So geht Chinas Regierung bei der Zensur vor
Seit Pengs Weibo-Offenbarung online gegangen ist, lässt die Regierung rund um die Uhr daran arbeiten, jegliche Spuren ihres Posts aus dem Internet, den Medien und damit der Geschichte des Landes zu löschen. Indem Social-Media-Unternehmen durch Abstrafungen unter Druck gesetzt werden, erwirkt China bei deren Nutzer:innen eine Selbstzensur. Während der Fall von Peng Shuai international täglich in den Schlagzeilen landet, wird jegliche Erwähnung innerhalb Chinas dadurch im Keim erstickt.
Selbst in privaten WeChat-Gruppen wird es bereits vermieden, die Causa Peng zu erwähnen, da sonst das Konto gesperrt werden könnte. Keywords wie „Peng Shuai” und „Zhang Gaoli” wurden von Suchmaschinen umgehend blockiert – ebenso wie Code-Wörter, die Social-Media-Nutzer:innen sich laufend überlegen.
Wie geht es Peng Shuai wirklich?
Obwohl Liu „Vice” erzählte, dass sich China mit dieser manuellen Form der Zensur schwertun würde, scheint der Plan aufzugehen. Obwohl Peng gelegentlich in sozialen Medien erwähnt wird, wird jegliche echte Diskussion um das Thema im Keim erstickt.
Wie weit die Vertuschung der chinesischen Regierung wirklich geht, zeigt die Tatsache, dass seit geraumer Zeit nicht endgültig klar ist, wo sich die Tennisspielerin befindet. Vor wenigen Tagen machte ein Video-Interview zwischen Peng und dem IOC-Präsidenten Thomas Bach die Runde, das am 21. November stattgefunden haben soll.
Die „China Digital Times”, für die auch Eric Liu arbeitet, sieht dies jedoch als Täuschung und Teil von Chinas Kampagne.